Themenüberblick

Auch Fanzurufe heitern Hoeneß nicht auf

Uli Hoeneß schweigt. Kein Wort kommt über seine Lippen, als er den Gerichtssaal verlässt. Mit versteinerter Miene hatte er ein paar Minuten vorher das Urteil von Richter Rupert Heindl aufgenommen. Dreieinhalb Jahre muss der 62-Jährige ins Gefängnis.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Vorerst bleibt Hoeneß zwar frei - wie ein Damoklesschwert hängt nun aber über ihm die Frage, ob der Bundesgerichtshof seine Revision zulässt oder ob er doch inhaftiert wird. Der Prozess drehte sich vom ersten Verhandlungstag bis zu den Plädoyers um die Frage, ob die von Hoeneß am 17. Jänner 2013 eingereichte Selbstanzeige gültig und damit strafbefreiend ist.

Das ist sie nicht, wie Richter Heindl unmissverständlich sagte. Und sie hat nach seinen Worten auch nicht nur einen kleinen Formfehler, wie Hoeneß’ Verteidiger Hanns W. Feigen in seinem Plädoyer gesagt hatte. „Es ist keine missglückte Selbstanzeige, es ist eine zum Zeitpunkt der Erstattung unwirksame Selbstanzeige“, stellte Heindl fest. Die darin notierten Zahlen seien schlicht unbrauchbar gewesen.

Finstere Miene

Für Hoeneß aber scheint die Verurteilung zu einer Haftstrafe trotz seiner massiven Steuerhinterziehung von fast 28,5 Millionen Euro - das Landgericht München II erhöhte die Summe nach einer Neuberechnung im Urteil nochmals leicht - überraschend gekommen zu sein. Anders lässt sich nicht erklären, warum er mit so verfinsterter Miene der Urteilsbegründung folgte.

Daran änderten auch die Anfeuerungsrufe von Bayern-Fans vor dem Gerichtsgebäude nichts, die nach dem Urteil so laut für ihren Präsidenten riefen, dass es durch die Scheiben des Verhandlungssaals im ersten Stock zu hören war.

Ankläger sieht „kriminelle Energie“

Dabei ist Hoeneß im Vergleich zur Forderung der Staatsanwaltschaft noch gut weggekommen: Diese wollte ihn für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis stecken. Staatsanwalt Achim von Engel beschrieb die „kriminelle Energie“ des Angeklagten. Wäre das Gericht seiner Forderung gefolgt, wäre Hoeneß wohl noch im Gerichtssaal festgenommen und ins Gefängnis gebracht worden.

Der vor dem Prozess noch als harter Richter bezeichnete Heindl suchte und fand aber einen Mittelweg zwischen Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, die höchstens eine Bewährungsstrafe gefordert hatte. Er erklärte zwar zulasten von Hoeneß die Selbstanzeige für unwirksam - doch zu seinen Gunsten urteilte er auf einfache und nicht wie von der Staatsanwaltschaft gefordert schwere Steuerhinterziehung.

„Von Angst vor Endeckung getrieben“

Heindl ging aber trotz dieses Entgegenkommens mit Hoeneß hart ins Gericht. „Das bloße Berufen, die Bank habe alles alleine gemacht, nehmen wir Ihnen nicht ab“, sagte der Richter. Auch seine Selbstanzeige sei - anders als er weismachen wollte - nicht aus freien Stücken erfolgt. „Sie waren getrieben von der Angst vor Entdeckung“, sagte Heindl; der „Stern“ war seinem Konto bei der Schweizer Bank Vontobel auf die Spur gekommen.

Doch es sprach auch etwas für Hoeneß: Die von ihm erst kurz vor dem Prozess getroffene Entscheidung, auszupacken und das komplette Ausmaß seiner Devisenzockereien offenzulegen. „Weil Sie, Herr Hoeneß, sich selbst ans Messer geliefert haben“, habe das Gericht von dem eigentlich greifenden Regelfall einer schweren Steuerhinterziehung absehen können.

Wink des Gerichts

Hoeneß hatte ja vor seinem Prozess gesagt, er wolle keinen Prominentenbonus, aber auch keinen Prominentenmalus. Hier scheint ihm das Gericht aber tatsächlich eher gewogen gewesen zu sein. Denn der Hinweis, dass er wohl besser vollständig auspacken solle, kam um den Jahreswechsel vom Gericht. Hoeneß’ erfahrene Verteidigertruppe wusste den Wink umzusetzen.

Ob das Urteil Bestand haben wird, liegt nun in Karlsruhe. Verteidiger Feigen will dort eine Grundsatzentscheidung zur Frage der Wirksamkeit einer Selbstanzeige erzwingen - denn ein Fall wie der Fall Hoeneß ist bislang ein Novum. Falls Feigen Erfolg hat, muss das ganze Verfahren neu aufgerollt werden. Falls aber Richter Heindl ein revisionsfestes Urteil schreibt, kommt Hoeneß ins Gefängnis - erfahrungsgemäß dauert die Karlsruher Entscheidung gut ein Jahr.

Links: