Aufstieg aus Arbeiterschicht
Der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker ist einer der wichtigsten Europapolitiker der vergangenen beiden Jahrzehnte. Doch auch Luxemburg prägte er in den letzten 18 Jahren als Finanzminister und Ministerpräsident entscheidend, bis seine Christlich-Soziale Volkspartei (CVS) im vergangenen Oktober die Regierungsmehrheit verlor.
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Geboren am 9. Dezember 1954 im luxemburgischen Redingen, wuchs Juncker in eher bescheidenen Verhältnissen als Sohn eines christlich geprägten Stahlarbeiters auf. Sein Vater wurde im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht zwangseingezogen, erzog seinen Sohn aber „ausgesprochen deutschfreundlich“, wie dieser selbst berichtete. Für das Jusstudium zog es den fließend Deutsch, Französisch, Englisch und natürlich Letzeburgisch sprechenden Juncker nach Straßburg.
Nachfolger von Jacques Santer
Im Anschluss legte er eine Blitzkarriere hin, wurde mit nicht einmal 30 Jahren Minister für Arbeit und Haushalt für seine christlich-soziale Partei CSV. Als Jacques Santer als Kommissionspräsident nach Brüssel wechselte, rückte Juncker Anfang 1995 an die Spitze der luxemburgischen Regierung.
Er war es, der als Finanzminister den Vertrag von Maastricht mit entwarf und durchsetzte. Unter seiner Verhandlungsführung als Euro-Gruppe-Chef wurden die Hilfspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien geschnürt, der dauerhafte Euro-Rettungsfonds (ESM) aus der Taufe gehoben sowie zahlreiche Konflikte der Euro-Länder um den richtigen Krisenkurs ausgetragen.
Auf Konfrontationskurs mit Berlin
Als „Mister Euro“ hatte sich Juncker bis an die Grenzen der körperlichen und psychischen Belastbarkeit für die Einheitswährung und die Solidarität mit den Krisenländern eingesetzt. Und er scheute dabei auch nicht die Konfrontation mit Berlin. Der deutschen Regierung warf er vor, mit der Euro-Krise andauernd Innenpolitik zu machen. Die deutsche Debatte über einen Austritt Griechenlands kritisierte er als „Geschwätz“. Ein EU-Politiker sagte einmal: „Juncker hat zwei katastrophale Fehler: Er hat einen Standpunkt, und er vertritt diesen auch.“ Auch nach seinem Rücktritt von der Euro-Gruppe hob Juncker weiterhin mahnend die Stimme.
„Wem es in der Küche zu heiß ist ...“
Es habe Momente gegeben, in denen er sich gesehnt habe, etwa anderes als Politik zu machen, sagte Juncker im Dezember 2012: „Die waren aber nie langanhaltend.“ Über die Politik sagte er selbst mehr als einmal, Enttäuschungen und Verärgerungen gehörten zum Geschäft: „Wem es in der Küche zu heiß ist, der soll sich um andere Hobbys als um Freizeitkochen bemühen.“
Dass er nach einer obskuren Geheimdienstaffäre im Großherzogtum und folgenden Neuwahlen voriges Jahr vom knapp 20 Jahre jüngeren Liberalen Xavier Bettel abgelöst wurde, warf für Juncker, das politische Urgestein des Großherzogtums und der CSV, die Frage nach der politischen und privaten Zukunft auf. „Europäische Politik wird zuerst in den Hauptstädten gemacht“, war einst sein Credo. Da war er noch Regierungschef. Mittlerweile findet er auch Gefallen an Amt und Würden des EU-Kommissionspräsidenten. „Ich will der Präsident der nächsten Kommission werden“, sagte er selbstbewusst vor seiner Nominierung zum EVP-Spitzenkandidaten.
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