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Hahn will in Brüssel bleiben

Spätestens seit der nächtlichen Krisensitzung der ÖVP-Führungsriege Mitte Jänner - Parteichef Vizekanzler Michael Spindelegger dementierte im Anschluss Gerüchte, er habe die Vertrauensfrage gestellt - kursierte in der Wiener Politszene folgendes Szenario: Spindelegger sei vor allem des internen Widerstands in der Partei überdrüssig, der angesichts wenig berauschender Umfragewerte auch nicht kleiner werden dürfte.

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Dazu kam, dass ausgerechnet parteiintern - vom Wirtschaftsbund - der heftigste Widerstand gegen das Steuerpaket kam. Spindelegger werde daher im Gefolge der EU-Parlamentswahl im Mai von Wien nach Brüssel wechseln und dort künftig der österreichische Kommissar in der EU-Exekutive sein. Das Szenario hielt sich umso hartnäckiger, als es weder von der ÖVP noch von Spindelegger selbst jemals dementiert wurde - bis zu diesem Wochenende.

Gegenüber dem „Kurier“ (Sonntag-Ausgabe) nahm Spindelegger erstmals zu dem Thema Stellung. Er dementierte eindeutig: „Meine Agenda sind die Schaffung solider Finanzen für Österreich und eine rasche Hypo-Lösung. Ich bleibe Finanzminister und somit in Wien“, so Spindelegger gegenüber dem „Kurier“.

Druck von Landeschefs

Der „Kurier“ analysierte unter der Überschrift „Schwarzer Drei-Fronten-Krieger“ Spindeleggers Spagat zwischen Hypo-Debakel, explodierendem Schuldenberg und vor allem dem ÖVP-internen Gegenwind. Dazu komme, dass jene ÖVP-Länderchefs, die heuer Wahlen zu schlagen haben - in Vorarlberg Markus Wallner (Landtagswahl) und in Salzburg Wilfried Haslauer (Gemeinderatswahlen) - besonders nervös seien. Mit dem Brüssel-Szenario hätte Spindelegger gesichtswahrend einer drohenden parteiinternen Demontage entgehen können.

Spindeleggers Frau wieder in Luxemburg

Unklar ist, warum Spindelegger sich jetzt erstmals zu den Gerüchten äußerte. Möglicherweise aber, um dem Gerücht zusätzlichen Wind aus den Segeln zu nehmen: Das Nachrichtenmagazin „profil“ berichtet nämlich in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf EU-Insider, dass Spindeleggers Frau Margit an den Europäischen Rechnungshof in Luxemburg zurückkehrt. Die Beamtin des EU-Rechnungshofs hatte sich 2008 nach Wien versetzen lassen, wo sie beim heimischen Rechnungshof tätig war.

Laut dem Bericht wird Margit Spindelegger Kabinettschefin von Oskar Herics, dem neuen Vertreter Österreichs am Rechnungshof in Luxemburg. Beide treten demnach ihr Amt schon am Montag und damit einen Monat früher als geplant an. Frau Spindelegger müsste laut „profil“ als Kabinettschefin von Herics bei Prüfungen des österreichischen Finanzministeriums durch den EU-Rechnungshof ihren eigenen Gatten kontrollieren.

EU-Kommissar Johannes Hahn

ORF

Hahn möchte Kommissar bleiben und lobt ÖVP-Chef Spindelegger

Hahn: Hat er mir schon oft gesagt

EU-Kommissar Johannes Hahn machte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag klar, dass er selbst nach Auslaufen des Mandats der EU-Kommission im Oktober seinen Job weitermachen möchte. Er verwies auch auf Spindeleggers Dementi vom Sonntag. Darin sage der ÖVP-Chef, „was er mir schon oft gesagt hat, nämlich, dass er nicht daran denkt, nach Brüssel zu gehen“.

Hahn lobte zugleich Spindelegger und verteidigte ihn gegen parteiinterne Kritiker. Spindelegger habe im jüngsten internen Gerangel über die Besetzung der ÖVP-Listenplätze für die EU-Wahl „extrem klug“ gehandelt, indem er darüber in einer geheimen Abstimmung befinden habe lassen. Das sei eine demokratische Mehrheitsfindung gewesen. Spindelegger habe durch die öffentliche Debatte aus seiner Sicht „keinen Schaden genommen“.

Entscheidung nach 25. Mai

Hahn verwies darauf, dass er für seine Arbeit als EU-Regionalkommissar internationale Anerkennung in ganz Europa geerntet habe. Es sei ihm gelungen die Regionalförderung zu einer Wirtschaftsförderung für ganz Europa auszubauen. Dass er von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mehr Unterstützung bekomme als von seinem Parteichef Spindelegger, stellte Hahn in Abrede.

Hahn geht davon aus, dass die Entscheidung über den EU-Kommissar nach der EU-Wahl am 25. Mai fallen wird. Offen zeigte er sich bezüglich eines möglichen Wechsels in das Wettbewerbsressort, wenn er in Brüssel bleiben sollte. Das werde dann aber vom künftigen Kommissionschef abhängen.

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