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Kennzeichnungen fehlen häufig

Ein Pferdefleischskandal hat vor einem Jahr in ganz Europa für Aufregung gesorgt, als Lebensmittelkontrolleure in zahlreichen Produkten, deren Zutaten als Rindfleisch deklariert waren, Pferdefleisch entdeckten. Wer weitreichende politische Konsequenzen erwartete, wurde jedoch enttäuscht. In Österreich wurden zwar die Strafen verschärft, bei der Kennzeichnung fehlt es aber nach wie vor an Transparenz.

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Es sei heute absolut notwendig zu wissen, woher Fleischprodukte kommen, sagte Franz Floss vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Ö1-„Mittagsjournal“. „Wir wollen eine Kennzeichnung, wo ein Tier geboren, gemästet und geschlachtet wurde. Das verhindert auch solche Fälschungen und Betrügereien wie mit Pferdefleisch und anderen Sachen“, forderte Floss - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Für Gastronomie nicht „tragbar“?

Einen blinden Fleck in der Kennzeichnung ortet Floss vor allem in der Gastronomie, wo fast 50 Prozent des Fleisches ohne für den Konsumenten nachvollziehbare Herkunftsbezeichnung verkauft werden. „Hier erfahren Sie nicht, woher das Fleisch kommt“, so Floss. Dass es diesen blinden Fleck gibt, bestätigt auch Carolin Krejci, Leiterin der Abteilung Lebensmittelsicherheit im Gesundheitsministerium. Doch das sei derzeit nicht vorgesehen, „weil es einen Aufwand bedeuten würde, der derzeit nicht tragbar ist. Das kann keiner bezahlen.“

EU-Parlament fordert EU-weite Regelung

Auch auf europäischer Ebene ist seit dem Ausbruch des Skandals bisher nur wenig geschehen. Zwar sprachen sich viele europäische Politiker und Verbraucherschützer für neue EU-Kennzeichnungspflichten, schärfere Kontrollen und härtere Strafen aus, doch die Umsetzung solcher Projekte lässt auf sich warten.

Am Donnerstag forderte das EU-Parlament eine EU-weite verbindliche Herkunftskennzeichnung für Fleisch. Nach dem Willen des Parlaments soll der Verbraucher beim Fleischkauf genaue Angaben über den Geburtsort, den Ort der Aufzucht und den Ort der Schlachtung des Tiers erhalten. Das soll für alle Tierarten gelten statt wie bisher nur für Rindfleisch. Die Kommission schlägt bisher lediglich eine verpflichtende Angabe dazu vor, in welchem Land Schweine, Schafe, Ziegen und Geflügel aufgezogen und geschlachtet wurden.

Betrügern drohen Gefängnisstrafen

In Österreich gilt für die falsche Kennzeichnungen von Lebensmitteln seit vergangenem Herbst ein höherer Strafrahmen, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro. Außerdem können Betrüger auch zu Freiheitsstrafen von bis zu sechs Monaten verurteilt werden – vor dem Pferdefleischskandal waren nur Geldstrafen möglich. Gegen den Kärntner Fleischer, der seiner Wurst importiertes falsch deklariertes Pferdefleisch beigemengt hatte, ermittelt nach wie vor die Staatsanwaltschaft.

Höhere Strafen können zwar nicht verhindern, dass internationale Konzerne weiterhin bei der Kennzeichnung ihrer Produkte schummeln, sie führten jedoch in heimischen Supermärkten zu einem regelrechten Kontrollboom. Die Gesundheitspolizei, die Agentur für Ernährungssicherheit, prüft seit einem Jahr auf Hochtouren, wie das ORF-Wirtschafsmagazin „Eco“ berichtet. Analysiert wurden laut Aussagen des Mikrobiologen Rupert Hochegger 700 Proben: "Zehn Prozent der Proben waren zu beanstanden. Seit März sind allerdings keine positiven Proben mehr aufgetaucht.“

Glücklich is(s)t, wer vergisst

Beim Konsumenten selbst scheint der Skandal längst vergessen. In Deutschland, wo vor allem der Fund von Pferdefleisch in Tiefkühllasagne hohe Wellen schlug, hat sich das Kaufverhalten seither nicht grundlegend verändert, wie eine Umfrage des deutsche Marktforschungsunternehmens GfK am Donnerstag belegte. Zwar brach der Absatz von Tiefkühlfertigprodukten in den Wochen nach dem Bekanntwerden der Betrugsfälle stark ein. „Bereits nach einigen Monaten sind viele Verbraucher aber wieder zu ihren ursprünglichen Kauf- und Konsumgewohnheiten zurückgekehrt“, sagte GfK-Expertin Ilona Beuth der dpa. Lediglich bei Tiefkühllasagne sei auch im zweiten Halbjahr 2013 noch eine deutliche Zurückhaltung zu spüren gewesen.

Und auch hierzulande spielt die Lebensmittelsicherheit bei den Konsumenten nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegenteil: Dank der medialen Aufregung konnten die österreichischen Pferdefleischer sogar eine neue Kundenschicht für sich gewinnen. Margarete Gumprecht, Pferdefleischerin in Wien, erklärte gegenüber dem Magazin „Eco“, dass es nach Auffliegen des Etikettenschwindels einen Umsatzzuwachs beim Pferdefleisch um 20 Prozent gegeben habe, und auch heute noch liege der Umsatz um fünf bis zehn Prozent über den Werten vor dem Skandal.

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