Das Problem mit den Landeshaftungen
Zur Lösung des Debakels rund um die notverstaatlichte Kärntner Hypo Alpe-Adria kommen immer mehr die Bundesländer ins Spiel. Denn neben Kärnten sind die anderen Länder durch ihre zum Teil ebenfalls sehr hohen Haftungen für ihre Hypo-Banken mitgefangen. Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems sieht darin ein bisher noch verdecktes Problem.
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Seit 2007 sind Landeshaftungen für Banken aus Wettbewerbsgründen nicht mehr erlaubt, 2017 müssen bestehende Haftungen auslaufen. Aber noch ist das Volumen gigantisch, wie Haber gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal betonte. Der Abbau ist voll im Gange. Noch Ende 2009 meldeten die Landesregierungen Bankenhaftungen von mehr als 64 Mrd. Euro. Ein APA-Rundruf am Mittwoch ergab dagegen „nur“ noch Haftungen von 44,8 Mrd. Euro. In Relation zu 300 Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt seien das gewisse Risiken, so Haber.
Im Fall der Hypo geht es dabei um insgesamt 1,2 Milliarden Euro, die die Kärntner über die sogenannte Pfandbriefstelle der Länder aufgenommen haben - diesen Betrag würden im Konkursfall alle acht Hypos - Wien ist eine Ausnahme - mit je 150 Millionen Euro Anteil übernehmen.
Haber: Immer das gleiche Muster
Die Risiken der Haftung der Länder sind nicht nur im Fall Kärnten schlagend geworden. Letztes Negativbeispiel war die Hypo Tirol, die mit Kreditausfällen in Italien ins Trudeln geraten war und mit 230 Millionen Euro vom Land - nicht zum ersten Mal - aufgefangen werden musste. Für Haber ist das Muster gleich. Landeshaftungen hätten die Bonität der entsprechenden Bank erhöht, weil die Kreditwürdigkeit des Landes dahinter gestanden sei. Das habe Expansionen auch im Ausland leichter gemacht und habe Zinskosten gespart, weil sich die Banken leichter refinanzieren konnten.
Teufelskreis mit Auswirkungen auf die Republik
Würde die Hypo Alpe-Adria sofort in die Insolvenz geschickt werden, hätte das laut Haber nicht nur direkte Bonitätsauswirkungen auf die anderen Bundesländer und die Republik Österreich, sondern würde auch indirekt über die bestehenden Landeshaftungen zu Problemen bei den entsprechenden Banken, aber auch bei den Bonitäten führen - ein Teufelskreis. Zusammengefasst heißt das, gäbe es die Landeshaftungen nicht, dann könnte die Politik bei den Hypo-Aufräumarbeiten das Konkursszenario offener ins Spiel bringen - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Hohe Haftungssummen in Ländern
Gemessen an der Finanzkraft des Landes sind die Haftungen nach wie vor in Kärnten am höchsten: Für die Hypo Alpe-Adria sowie die mittlerweile abgespaltene und verkaufte Hypo Österreich haftet das Land mit 12,7 Mrd. Euro - das ist das Sechsfache des Landesbudgets. In Vorarlberg machen die Haftungen für die Hypo und die Pfandbriefstelle des Hypo-Sektors fast das Dreifache des heurigen Budgets aus, Tirol haftet mit dem Doppelten des Landesbudgets für die Tiroler Hypo. In Niederösterreich, Wien und Oberösterreich machen die Bankenhaftungen zwei Drittel des Budgets aus, in der Steiermark die Hälfte und in Salzburg etwa 40 Prozent.
Die Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo Alpe-Adria betrugen am Höhepunkt 2006 24,7 Mrd. Euro. Als sie gewährt wurden, waren die Zahlen allerdings noch so etwas wie ein Staatsgeheimnis, sie fanden sich auch nicht in den Budgetvoranschlägen, die dem Landtag übermittelt wurden - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Schieder: Investoren beteiligen
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder plädiert unterdessen für eine Beteiligung von Investoren, Land Kärnten und Bayern LB an den Abwicklungskosten der Hypo Alpe-Adria. Das Finanzministerium solle alle Möglichkeiten ausschöpfen und „das härteste Vorgehen“ an den Tag legen, so Schieder bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die „Bad Bank“ sollte aus seiner Sicht ausschließlich mit ausländischen Experten besetzt werden.
Die Kärntner Landtagsparteien haben es zuletzt abgelehnt, den aus Hypo-Erlösen gespeisten „Zukunftsfonds“ des Landes für die Abwicklung der Problembank zu öffnen. Schieder verwies am Mittwoch zwar darauf, dass Kärnten bereits 200 Mio. Euro in die Bank investiert habe. Gleichzeitig forderte er aber Bank und Finanzministerium auf, gegenüber Kärnten, dem früheren Hypo-Eigentümer Bayern LB und gegenüber Hypo-Anlegern alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Keine Festlegung auf Länderbeteiligung
Zurückhaltend zeigte sich Schieder auf die Frage, ob auch andere Bundesländer für die Hypo-Rettung zahlen sollen. Schieder wollte sich auf eine allfällige Beteiligung der anderen Länder an den Abwicklungskosten nicht festlegen. Er bedauerte aber, dass ein Teil der Bankenabgabe - die ja zur Bedeckung der Ausgaben des Bundes für die Bankenrettung eingeführt wurde - auch an die Länder fließt.
Die Frage der Haftung für Anleihen sieht auch der burgenländische Landeshauptmann und derzeitige Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz Hans Niessl als wichtig an. „Wenn es einen Konkurs der Hypo Alpe-Adria gibt, das Land Kärnten in Konkurs geht, dann ist die Pfandbriefstelle der Länder gefordert und muss einspringen“, so Niessl im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch.
Salzburg und Kärnten gegen Beteiligung
Die Vorarlberger Landesregierung drängt den Bund zu einer Entscheidung über die Hypo-Abwicklung. Eine allfällige Einbindung der Regionalbanken könne erst in weiterer Folge geklärt werden, hieß es auf APA-Anfrage. Abgesehen davon stelle sich die Frage, wie es dazu kommen könne, dass eine solide wirtschaftende Bank wie die Hypo Vorarlberg für ein unverantwortliches Verhalten einiger weniger in Kärnten geradestehen soll.
Der Salzburger Finanzreferent Christian Stöckl (ÖVP) ist klar gegen eine Beteiligung der Länder an den Hypo-Kosten. Die Länder hätten bei der Verstaatlichung kein Mitspracherecht gehabt, „daher ist es jetzt auch nicht angebracht, die Länder zur Kasse zu bitten“, so Stöckl. Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) sagte dazu, die Hypo NÖ habe keine Staatshilfe in Anspruch genommen, zahle Jahr für Jahr Bankensteuer und sei „kerngesund“.
Niessl: Rasch vorgehen
Dieses Konstrukt mit altertümlichem Namen wird weiter im Verborgenen blühen, wenn die Regierung ihren Weg der Konkursvermeidung weitergeht, wie das Ö1-Morgenjournal weiter berichtete. Sollten die Länder da nicht dankbar sein und sich freiwillig an den Hypo-Kosten beteiligen? „Das wäre ja der dritte Schritt vor dem ersten“, so Niessl. Man müsse rasch vorgehen, den Schaden eingrenzen und den Schaden für den Steuerzahler gering halten, die politische Verantwortung klären - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Fiedler sieht gute Gründe für Länderbeteiligung
Die anderen Bundesländer sollten sich an der Bewältigung des Hypo-Alpe-Adria-Desasters beteiligen, hatte zuvor der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch gefordert. Auch andere Bundesländer hätten hohe Haftungen, so Fiedler, der dringenden Handlungsbedarf sieht.
Durch eine Länderbeteiligung am Hypo-Debakel verringere sich die Belastung der Steuerzahler nicht, aber sie teile sich unter den Gebietskörperschaften auf, und die könnten damit aufzeigen, dass sie eine Solidargemeinschaft mit Bund und Kärnten bilden, so Fiedler - mehr dazu in oe1.ORF.at.
TV-Hinweis
ORF2 zeigt das Wirtschaftsmagazin „Eco“ über die Folgen einer möglichen Hypo-Insolvenz am Donnerstag um 22.30 Uhr - mehr dazu in tv.ORF.at.
Rasinger: Privatanleger bereits geschoren
Für eine rasche Lösung bei der Hypo Alpe-Adria plädierte auch der Präsident des Interessenverbands für Anleger (IVA), Wilhelm Rasinger. Es werde beurteilt, wie der Finanzplatz Österreich in der Lage sei, solche Probleme zu lösen.
Man solle bezüglich möglicher Auswirkungen einer Insolvenz auf die Refinanzierung der Länder und des Staates nicht zu ängstlich sein. Viel schlimmer sei es, die Dinge nicht rasch anzugehen. Privatanleger, die an der Hypo beteiligt waren, seien schon geschoren worden. Entsprechende Finanzinstrumente seien bereits mit Abschlägen von mehr als 50 Prozent zurückgekauft worden.
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