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Kampfansage an Netflix und Google

Im US-amerikanischen Fernsehmarkt bahnt sich eine Megaübernahme an. Der größte Kabelfernsehanbieter Comcast will die Nummer zwei Time Warner Cable in einem 45 Mrd. Dollar (33,15 Mrd. Euro) schweren Geschäft schlucken. Das neue Unternehmen käme landesweit auf rund 30 Mio. Kunden - das ist ein Marktanteil von etwa einem Drittel.

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Darüber hinaus würde es aber vor allem auch zu einem ernsthaften Konkurrenten für IT-Giganten wie Google und den höchst erfolgreichen Streaminganbieter Netflix. Kabel- und Satellitenanbieter spielten jahrzehntelang eine Schlüsselrolle, weil sie den Zugang zu Fernsehkanälen kontrollierten. Das klassische Geschäft steht aber unter Druck, weil viele Kunden auf Onlinevideotheken wie Netflix und Hulu umschwenken. Auch YouTube ist beliebt.

Größter Breitbandanbieter

Zudem bietet der US-Telekommunikationsgigant Verizon über sein Fios-Glasfasernetz auch Fernsehprogramme an. Die Kabelkonzerne wiederum stellen über ihre Leitungen Internetzugänge bereit. Comcast wird - die Genehmigung durch die US-Kartellbehörden vorausgesetzt - mit der Übernahme laut „Wall Street Journal“ („WSJ“) zu dem mit Abstand größten Breitbandanbieter des Landes.

Das bisherige Nebengeschäft könnte damit künftig zu einem Hauptstandbein für Comcast werden, umso mehr als die Zahl der Kabelkunden stark rückläufig ist. Comcast könnte damit auch in direkte Konkurrenz zum Onlinevideodienst Netflix treten. Der Kabelbetreiber hat mit Streampix bereits einen Onlinedienst, der sich dann in absoluten Abonnentenzahlen laut „WSJ“ mit denen von Netflix messen wird können.

Enormer Widerstand gegen Deal

Gegen die geplante Milliarden-Fusion regt sich in den USA jedoch erheblicher Widerstand. Verbraucherschützer und Politiker warnten vor Nachteilen für Kunden und Konkurrenten, sollte der Zusammenschluss der beiden Branchenführer genehmigt werden. Demokraten und Republikaner im Kongress kündigten Anhörungen zu dem Comcast-Deal an. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten zeigten sich angesichts der Kritik zu den Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss des 45-Milliarden-Dollar-Geschäfts gespalten.

Senator Al Franken äußerte sich in einem Brief an die US-Aufsicht FCC und führende Kartellwächter skeptisch. Der amerikanische Kabelmarkt werde bereits jetzt von wenigen Konzernen beherrscht, die dem Verbraucher „keine andere Wahl lassen, als hohe Summen für ein oft unzureichendes Angebot zu zahlen“. Die Übernahme könnte diesen Zustand noch verschlimmern.

„Mit Zähnen und Klauen“ bekämpfen

Die Verbraucherschutz-Gruppe Consumer Watchdog sprach von einem Monopol, das die Preise erhöhen werde und keinen Grund hätte, die Breitband-Versorgung auszubauen. Das American Antitrust Institute rief dazu auf, die Fusion „mit Zähnen und Klauen“ zu bekämpfen. Dass wegen fehlender Gesetze zum Schutz der Netzneutralität ein derartiger Riesenkonzern geschaffen werde, sei für die Demokratie gefährlich, sagte der Vorsitzende Bert Foer.

Experten weisen darauf hin, dass das fusionierte Unternehmen mit 30 Millionen Kunden - rechnerisch etwa zehn Prozent der US-Bevölkerung - eine enorm starke Verhandlungsposition gegenüber Medienkonzernen wie Walt Disney, CBS oder Fox erhalten würde. Comcast kontrolliere mit NBC dabei sogar einen direkten Konkurrenten, erklärte der Analyst Moffett Nathanson von Craig Moffett.

„Versprechen nicht, dass Preise sinken“

Comcast hat sich bereiterklärt, einige Geschäftsbereiche mit rund drei Millionen Abonnenten abzustoßen. Zusammen würden Comcast und Time Warner Cable dann nicht mehr als 30 Prozent des Pay-TV und Video-Marktes kontrollieren. Vizepräsident David Cohen verteidigte die Übernahme als „im Sinne des Kunden, im Sinne des Wettbewerbs und zulassungsfähig“. Allerdings sagte er weiter: „Wir versprechen mit Sicherheit nicht, dass die Preise für den Verbraucher sinken oder auch nur weniger schnell steigen.“

Auch NBC und Universal Pictures

Der Megadeal soll in Form von Aktien gezahlt werden. Comcast lockt mit einem Aufschlag von annähernd 18 Prozent auf den Schlusskurs vom Vortag. Am Ende sollen die jetzigen Aktionäre von Time Warner 23 Prozent an dem fusionierten Konzern halten. Neben dem Kabelfernsehgeschäft gehören zu Comcast auch die landesweite TV-Senderkette NBC, das Hollywood-Studio Universal Pictures und Vergnügungsparks.

Time Warner Cable ist eine Abspaltung des US-Medienkonzerns Time Warner. Der Anbieter hat elf Millionen Kunden unter anderem in New York City, Südkalifornien und Texas. Comcast aus Philadelphia kommt auf 22 Mio. Kunden. Um die Bedenken der Wettbewerbshüter vor einer allzu großen Marktmacht zu zerstreuen, kündigte Comcast allerdings an, drei Mio. abzugeben.

Antwort auf Kabelmogul Malone

Comcast würde durch die Übernahme seine Spitzenposition im Markt zementieren und den Frontalangriff des einstigen Kabelmoguls John Malone abwehren. Malone hatte sich vor rund einem Jahr mit der aktuellen Nummer vier Charter Communications verbündet, um Time Warner Cable zu übernehmen. Damit wäre er zu einem starken Rivalen für Comcast geworden. Time Warner Cable habe selbst den Deal mit Comcast gesucht, um einer Übernahme durch Charter zu entgehen, schrieb das „Wall Street Journal“.

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