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Wichtige Fragen ausgeklammert

Nachdem der Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe-Adria von beiden Regierungsparteien am Montagnachmittag abgelehnt worden ist, scheint damit auch der von der ÖVP geforderte „nationale Schulterschluss“ im Vorgehen bei der Problembank vom Tisch zu sein. Aufklärung rund um die notverstaatlichte Hypo wurde als Bedingung zum gemeinsamen Vorgehen genannt.

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Kurz zusammengefasst, brachte der grüne Abgeordnete Werner Kogler die Forderung seiner Partei auf den Punkt: „Ohne Untersuchungsausschuss kein Schulterschluss.“ Bereit für einen „nationalen Schulterschluss“ zeigte sich hingegen NEOS. Voraussetzung dafür sei aber, dass alle Fakten auf den Tisch kommen und offen über alle möglichen Varianten diskutiert werde, unterstrichen die Abgeordneten Rainer Hable und Beate Meinl-Reisinger im Vorfeld.

Alle Oppositionsparteien forderten wie in den Tagen zuvor die Einsetzung eines eigenen U-Ausschusses zur Klärung der Verantwortung in der Causa Hypo. Nachdem ÖVP und SPÖ den U-Ausschuss ablehnten, kündigte Grünen-Chefin Eva Glawischnig an, eine Reihe von Sondersitzungen einzuberufen.

Verantwortung an FPÖ verwiesen

Vor der Abstimmung wies Kanzler Werner Faymann (SPÖ) nach einer Woche Schweigen die Verantwortung für das Hypo-Debakel der FPÖ zu. Die Regierung versuche nun, die Kosten für die Bürger so gering wie möglich zu halten. Faymann verwies in seiner 15-minütigen Erklärung mehrmals auf die Verantwortung der damals FPÖ-geführten Kärntner Landesregierung für die Situation der Hypo Alpe-Adria. Die Bilanzsumme sei von 2002 bis 2008 auf 40 Mrd. Euro vervierfacht worden - ein „riskanter Expansionskurs“ mit Hilfe einer „unverantwortlichen Landesgarantie“.

Zwischenrufe, Wortduelle

Faymann erneuerte auch nach dem Scheitern einer Bankenlösung seine Forderung in Richtung Bankensektor, einen Beitrag zur Beseitigung des milliardenschweren Schuldenbergs zu leisten - gemeint war damit die Bankenabgabe, die laut Faymann in den nächsten zehn Jahren sieben Milliarden Euro einbringen werde.

Dass diese Nationalratsdebatte besonders lebhaft werden würde, war bereits im Vorfeld klar - erste Zwischenrufe und Wortduelle schon zu Beginn von Faymanns Erklärung bestätigten das. Die Sondersitzung war von der Opposition einberufen worden - die Regierungsparteien hatten diese für nicht nötig befunden.

Matthias Strolz (NEOS) hält Plakat

APA/EXPA/Michael Gruber

Mit einem „Kuckuck“ für Finanzminister Spindelegger kommentierte NEOS-Chef Matthias Strolz die Schuldenlast durch die Hypo - Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) entfernte diesen dann umgehend wieder

Spindelegger: „Habe Problem nicht verursacht“

Auch Vizekanzler Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) wies zuerst auf die Schuld der FPÖ hin. Einmal mehr betonte er, dass er das Problem nicht verursacht habe, es aber nun bestmöglich zu lösen versuche. Die Forderung der FPÖ, Ex-Finanzminister Josef Pröll und seine ehemalige Amtskollegin Maria Fekter (beide ÖVP) strafrechtlich zu verfolgen, nannte Spindelegger ein billiges Ablenkungsmanöver. Das Problem sei entstanden durch „wahnwitzige Haftungen“, die die Kärntner Politik damals eingegangen sei. Das Land Kärnten habe Verantwortung und „wird sich auch nicht völlig abputzen können“, forderte Spindelegger eine Beteiligung an den Kosten.

Wichtige Fragen ausgespart

Unmittelbar nach den Erklärungen von Kanzler und Vizekanzler zum Hypo-Desaster und einer anschließenden Debatte darüber, hat der Nationalrat das Thema gleich mit einer Dringlichen Anfrage der Grünen vertieft. Die Grünen hatten Spindelegger mit einer umfangreichen, 73 Punkte umfassenden Anfrage konfrontiert - und der Finanzminister machte gleich eingangs klar, nicht „stundenlang“ aus Akten zitieren zu wollen.

Maria Fekter (ÖVP)

ORF

Ex-Finanzministerin Fekter hörte sich die Vorwürfe der Opposition - u. a. Insolvenzverschleppung - von der Abgeordnetenbank aus an

Im Gegenteil: Einen umfangreichen Fragenblock zur Notverstaatlichung der Bank im Jahr 2009 übersprang er mit Verweis auf frühere Anfragebeantwortungen. Und einen weiteren Block zu den Aufsichtsrechten des Ministeriums verweigerte er mit Verweis auf die seit 2002 bestehende Unabhängigkeit der Finanzmarktaufsicht.

„Irrtumsanfechtung“ nicht ausgeschlossen

Bei den übrigen Anfragebeantwortungen hielten sich die Neuigkeiten in Grenzen. Durchblicken ließ Spindelegger aber, dass die Hypo-Abwicklung mehr kosten könnte als die von der EU-Kommission bis 2017 genehmigten 5,4 Mrd. Euro. „Sollte davon abgegangen werden müssen, und das kann passieren, wird die Europäische Kommission um eine Genehmigung zu ersuchen sein“, so der Finanzminister.

Außerdem hält der Finanzminister eine mögliche „Irrtumsanfechtung“ der Notverstaatlichung zumindest nicht für von vornherein aussichtslos. Es gebe im Ministerium Hinweise darauf, „dass so etwas erfolgreich sein kann“, so Spindelegger. Eingebracht werden müsste eine derartige Klage gegen die Bayerische Landesbank jedenfalls bis Jahresende, denn dann läuft ein mit den Bayern vereinbarter Verjährungsverzicht aus.

Kogler-Vorwurf zurückgewiesen

Zurückgewiesen wurde von Spindelegger der Vorwurf der Grünen, das Ministerium habe 2008 Druck auf die Nationalbank gemacht, um grünes Licht für 900 Mio. Euro Staatshilfe zu erhalten. Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler hatte diesbezüglich aus E-Mails von Nationalbank-Mitarbeitern zitiert, in denen bereits vor der Zahlungsunfähigkeit der Bank und vor einem möglichen Untersuchungsausschuss gewarnt wurde. Auch die Nationalbank wies die Vorwürfe zurück. „Die OeNB hält weiters fest, dass es weder in dem erwähnten E-Mail-Verkehr noch sonst Druck zu einer besseren Bewertung der HGAA (Hypo Group Alpe Adria, Anm.) gegeben hat.“

„Bad Bank“ die teuerste Lösung

Die jetzt geplante Lösung sei die teuerste, belaste die Bürger voll und schone Investmentfonds, Banken, Spekulanten und Alteigentümer, sind die Grünen überzeugt. Die Hypo werde das Staatsbudget auf Jahre belasten und Spielräume für wichtige Zukunftsinvestitionen zunichtemachen. „Vieles wäre vermeidbar gewesen, vieles kann aber noch vermieden werden.“

Der grüne Finanzsprecher Kogler hatte bereits zuvor den „Wortbruch“ der Regierung beim Minderheitenrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen beklagt. Er kritisierte, dass die Hypo-Abwicklung nun jeder österreichischen Familie 5.500 Euro Schulden beschere und forderte die Regierung auf, den Weg für eine Untersuchung freizumachen. „Wie wollen Sie das aushalten? Sie sind in drei Monaten rücktrittsreif. Machen Sie jetzt sauberen Tisch“, so Kogler.

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