Schätzungen zu Schuldenlast wuchern
Seit über vier Jahren hat die notverstaatlichte Hypo Alpe-Adria einer staatlichen Lösung geharrt - aber erst drei Tage, nachdem die Regierung nun den Weg in Richtung einer staatlichen „Bad Bank“ eingeschlagen hatte, diskutierten die Parteien am Mittwoch intensiv die Schuldfrage bei der Malaise, die den Steuerzahler um die 19 Milliarden Euro kosten wird.
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Klar ging aus einer Flut von Aussendungen am Mittwoch nur hervor: Niemand will an dem Debakel schuld sein. Die SPÖ wehrte sich etwa gegen Vorwürfe zur „Anstaltslösung“ („Bad Bank“) gerade aus der Ecke der FPÖ: Diejenigen anzuschütten, die das blaue Schlamassel ausbaden und lösen müssen, sei eine „bodenlose politische Frechheit“, so SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos in Richtung von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache - aber auch in Richtung der Grünen, die mit Kritik an der Regierung von der FPÖ-Verantwortung ablenken würden.
SPÖ und ÖVP in Attacke auf FPÖ und Grüne geeint
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim bezichtigte zudem die Finanzmarktaufsicht (FMA) der Inkompetenz: Die Behörde hätte rechnen, warnen und Alternativen vorlegen müssen, habe das aber lange Zeit unterlassen, so Jarolim gegenüber der APA. Stattdessen habe die FMA ihre Unabhängigkeit vor allem dazu genutzt, „um einen Waldviertler Schuster mit Akribie zu verfolgen“, so Jarolim in Anspielung auf das FMA-Vorgehen gegen den Unternehmer Heinrich Staudinger wegen dessen rechtlich wackeligen Finanzmodells.
Die ÖVP findet es wie die SPÖ „unglaublich, dass sich die Grünen tatsächlich von den Blauen dazu einspannen lassen, vom FPÖ-Versagen in der Causa Hypo abzulenken“. Die Bundesregierung versuche „gemeinsam mit Experten, das blaue Hypo-Desaster möglichst budget- und steuerschonend abzuwickeln“, so ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel. Strache sei deshalb „ins Stammbuch geschrieben: Die FPÖ hat das Hypo-Desaster verschuldet. Die FPÖ hat uns eingebrockt, wofür die Republik geradestehen muss.“
FPÖ lobt Haider für Hypo-Verkauf
Strache will „vor allem die Rolle von OeNB-Gouverneur (Ewald, Anm.) Nowotny und des Chefs der Hypo-Taskforce, Klaus Liebscher, hinterfragen“. Diese hätten „ihre Aufsichtspflicht schwer verletzt“. Auf die Vorwürfe zur FPÖ-Verantwortung an der Causa ging Strache nicht ein. Vielmehr sah er im derzeitigen Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser den „letzten noch aktiven Politiker“, der „seinerzeit“ für die Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo gestimmt habe.
Auch die Kärntner Freiheitlichen sahen die Verantwortung bei Kaiser, während „die Freiheitlichen mit Jörg Haider“ den Fehler der Landeshaftung „korrigiert haben, indem sie gegen den Widerstand der SPÖ den Verkauf der Bank an die BayernLB forciert haben“. Die Kärntner ÖVP sprang auf den Zug auf und betonte in einer Aussendung, zur maßgeblichen Zeit seien SPÖ und Freiheitliche in Kärnten gemeinsam in der Regierung gesessen. Das wies die SPÖ wiederum als „unbeholfenes“ Manöver zurück.
Für Schieder „großer finanzieller Misthaufen“
FPÖ-Budgetsprecher Elmar Podgorschek attackierte wiederum SPÖ-Klubchef Andreas Schieder für dessen „äußerst kläglichen und nur noch peinlichen Versuch, das gesamte Ausmaß des Hypo-Alpe-Adria-Debakels nun auf den verstorbenen Landeshauptmann von Kärnten abzuwälzen“. Schieder hatte zuvor im Ö1-Mittagsjournal die Haider-Hinterlassenschaft eines „großen finanziellen Misthaufens“ beklagt, Rufe nach einem U-Ausschuss jedoch abgewiesen - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Stattfinden wird jedoch die von der Opposition geforderte Sondersitzung des Nationalrats. Das gab die Parlamentsdirektion am Mittwoch bekannt. Eingebracht wird der Antrag auf Abhaltung formal von den Grünen, unterstützt von den Freiheitlichen. NEOS-Obmann Matthias Strolz erhofft sich von der Sitzung, dass sie „Licht ins Dunkel“ bringt. Das Team Stronach (TS) will seinerseits aufklären, warum es zur Verstaatlichung kam und warum die Hypo „jetzt nicht einfach in Konkurs geschickt wird“.
Horizont von „Jahrzehnten“?
Wie groß die Anstalt wird und wie viel sie kosten wird, wurde auch am Mittwoch nicht gesagt. Im Finanzministerium hieß es zur APA, man wolle bis Ende des Monats neue Zahlen von der Taskforce. Zudem gibt es noch zahlreiche gänzlich unbehandelte Fragen - etwa, was mit der quasi auslaufenden Italien-Tochter der Hypo geschehen soll. Offen ist auch, was die Ex-Eigentümerin BayernLB macht. Die Bayern haben bei allen groben Umstrukturierungen der Hypo das letzte Wort.
Der Bund muss sich vor der Gründung der „Bad Bank“ für die Hypo auch gleich überlegen, bis wann er den Abbau erledigt haben will. Von einer Mindestlaufzeit von zehn Jahren ist die Rede, vermutlich wird es aber viel länger dauern. Sobald der Betrieb einer „Anstalt“ die möglichen Einnahmen nicht mehr rechtfertigt, würde auch bei der Hypo ein Schlussstrich gezogen - und der Schaden würde aktiviert. Das könne „Jahrzehnte dauern“, zitierte die APA am Mittwoch nicht näher genannte „informierte“ Quellen.
Heuriger Budgetrahmen jedenfalls unhaltbar
Wie viele Staatsmilliarden die „Anstalt“ allein heuer braucht, steht ebenfalls noch nicht fest. Es hängt davon ab, mit welchen Abschlägen die Vermögenswerte in die Abwicklungsgesellschaft transferiert werden. In jedem Fall würde der bisherige voraussichtliche Budgetrahmen deutlich gesprengt. Die „Presse“ (Mittwoch-Ausgabe) schrieb ohne Quellenangaben, dass allein die Gründung der „Bad Bank“ nach Expertenmeinung heuer zwischen 3,2 und 6,4 Mrd. Euro kosten könnte, damit könnte das Budget 2014 mit zusätzlichen 2,2 bis 5,4 Mrd. Euro belastet werden.
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