Heikler Poker mit Insolvenz beabsichtigt?
Die noch zu erwartenden Kosten für die Republik Österreich im Zuge der am Montag angekündigten Hypo-„Bad Bank“ sind für den zuständigen Standard-&-Poor’s-Analysten Alois Strasser derzeit „schwer zu beziffern“. Er hält die genannte Summe von 19 Mrd. Euro an Risiken und Altlasten allerdings nicht für unrealistisch - und schätzt, dass die Hypo-Abbaugesellschaft wohl zehn Jahre oder auch länger aktiv sein werde.
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In der nun angestrebten „Anstaltslösung“ sieht Strasser auch Vorteile: Sie würde im Gegensatz zu einer sofortigen Fälligstellung aller Hypo-Kredite auch zu einer Stabilisierung der Märkte in Südosteuropa führen und damit auch den dortigen Hypo-Töchtern nützen, sagte er gegenüber der APA. Wie viel das den Steuerzahler kosten wird, sei aufgrund der „nicht ersichtlichen“ Zusammensetzung des Hypo-Kreditportfolios ungewiss. Es hänge davon ab, wie viele der vergebenen Kredite einbringlich und wie viele davon besichert sind.
Insolvenz mit noch mehr „Unwägbarkeiten“
Anhaltspunkte für die mögliche Belastung gibt es nur wenige: In der Halbjahresbilanz 2013 der Hypo gebe es Risikovorsorgen in der Höhe von 3,5 Mrd. Euro, so der Analyst. Er unterstrich zudem, dass eine Insolvenz der Bank - ebenso wie für die Nationalbank und Finanzmarktaufsicht - aufgrund der „vielen Unwägbarkeiten“ kein Thema sei. Es sei schwer einzuschätzen, wie der Markt reagieren würde. Auch negative Auswirkungen auf den heimischen Bankensektor und Staatsschuldenaufnahme seien nicht auszuschließen.
Das S&P-Rating der Republik Österreich („AA+“, Ausblick stabil) sieht der Analyst aktuell nicht gefährdet, weil bereits ein Puffer für die Hypo im letzten Rating einberechnet war und man von der Größenordnung der „Bad Bank“ „nicht überrascht“ sei, wie er am Mittwoch gegenüber dem Ö1-Morgenjournal bestätigte - mehr dazu in oe1.ORF.at. Unverständnis äußerte der S&P-Analyst allerdings, warum es seit der Hypo-Notverstaatlichung im Dezember 2009 bis zur jetzigen „Bad Bank“-Entscheidung so lange gedauert hatte.
Pleite als Jokerkarte weiter in der Hinterhand?
Eine Insolvenz der Bank ist aus Sicht des Finanzministeriums allerdings immer noch nicht vom Tisch - zumindest aus taktischen Gründen, wie es in einem Bericht des „Standard“ (Mittwoch-Ausgabe) heißt. Mit dem Insolvenzszenario soll Druck auf die Bayerische Landesbank (BayernLB) ausgeübt werden: Der einstmalige Käufer der Hypo hat die marode Bank zwar an die Republik Österreich abgetreten, hat aber noch offene Forderungen im Ausmaß von etwa zwei Milliarden Euro.
Laut dem „Standard“-Bericht soll der BayernLB die Insolvenzrute ins Fenster gestellt werden, unterfüttert offenbar von einer weiteren Expertise der Beratungsfirma Oliver Wyman, die das Finanzministerium schon seit Herbst durch die Hypo-Malaise gelotst hatte. Ebenso als Berater beauftragt wurde demnach Dirk Notheis, längjähriger Chef der Investmentbank Morgan Stanley Deutschland und in Deutschland bestens politisch vernetzter Berater beim Verkauf der BAWAG.
Ein bisschen oder vielleicht gar nichts
Der von der Regierung beabsichtigte Poker soll die BayernLB offenbar vor eine „Ein bisschen oder vielleicht gar nichts“-Alternative stellen: Verzicht auf einen Teil der offenen Forderungen im Fall der „Anstaltslösung“ oder die volle Haftung für unbekannte Risiken im Fall einer Hypo-Insolvenz. Allerdings dürfte auch der BayernLB klar sein, dass eine Hypo-Pleite für Österreich ebensolche Risiken bedeuten würde. Weder das Finanzministerium noch das Bundeskanzleramt wollten den Zeitungsbericht vorerst kommentieren.
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