Wahlerfolge und personelles Chaos
Das politische Projekt des Austrokanadiers Frank Stronach, das Team Stronach (TS), ist in seiner knapp dreijährigen Geschichte oft mit Tohuwabohu aufgefallen. Zwar schaffte man auf Anhieb den Einzug in drei Landtage und das Parlament, doch nach der Nationalratswahl 2013 ging es in der Partei so richtig rund. Eine Chronologie:
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August 2012: Milliardär Stronach gibt nach monatelangen Gerüchten bekannt, eine eigene Partei zu gründen - er will bei der Nationalratswahl 20 bis 30 Prozent der Stimmen. Der Kärntner Nationalratsabgeordnete Gerhard Köfer tritt aus der SPÖ aus, um zu Stronach zu wechseln. Es folgen die „wilden“ Abgeordneten Erich Tadler und Robert Lugar, vormals BZÖ, sowie die BZÖ-Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger. Vorwürfe des Stimmenkaufs werden zurückgewiesen.
25. September: Das „Team Stronach für Österreich“ wird mit der Hinterlegung der Satzungen im Innenministerium offiziell angemeldet.
Oktober: Die BZÖ-Abgeordneten Christoph Hagen und Stefan Markowitz wechseln zu Stronach.
8. November: Der Klubstatus im Nationalrat, der unter anderem Geld bringt, wird anerkannt. Lugar wird Klubobmann.
Februar 2013: Das Team Stronach ist in allen Bundesländern mit Ablegern vertreten. Mit der Tiroler Mannschaft gibt es Probleme, fünf Mitstreiter, darunter der „Teamkoordinator“, treten zurück.
3. März: Die Partei tritt zum ersten Mal bei Wahlen an. Bei der Landtagswahl in Kärnten erreicht Spitzenkandidat Köfer 11,18 Prozent und wird dank Proporzsystem Landesrat. In Niederösterreich kommt Stronach selbst als Spitzenkandidat auf 9,84 Prozent, sein Mandat im Landtag nimmt er nicht an. Den Proporzlandesrat übernimmt Kaufmann-Bruckberger, die Landespartei ist in den folgenden Monaten geprägt von Streitereien und Postenwechseln.
April: Innerparteiliche Grabenkämpfe führen dazu, dass gleich mehrere Listen des Teams Stronach für die Landtagswahl in Tirol eingebracht werden - die Landeswahlbehörde entscheidet, nur jene des zuletzt abgesetzten Landesgeschäftsführers Hans-Peter Mayr zuzulassen. Stronach macht letztlich doch Mayr zu seinem Zugpferd. Wegen der Ereignisse zieht sich Westbahn-Gründer Stefan Wehinger, zuletzt „General Manager“ in der Partei, zurück.
28. April: Mit 3,36 Prozent verpasst das Team Stronach den Einzug in den Tiroler Landtag, womit auch Mayrs Führungsposition wieder dahin ist.
5. Mai: Der Salzburger Spitzenkandidat Hans Mayr holt bei der Landtagswahl 8,34 Prozent und wird später Landesrat in einer frei gebildeten Dreierkoalition.
August: Auf der Bundesliste für die Nationalratswahl kandidiert hinter Stronach und seiner Vertrauten Kathrin Nachbaur die frühere ORF-Generaldirektorin Monika Lindner. Drei Tage später zieht sich Lindner wieder zurück.
29. September: Das Team Stronach erreicht bei der Nationalratswahl 5,7 Prozent.
1. Oktober: Stronach ersetzt in Niederösterreich Kaufmann-Bruckberger als Landesparteichefin durch Renate Heiser-Fischer, eine Angestellte der Stronach-Group. Außerdem trennt man sich von Wahlkampfleiter Tillmann Fuchs. Nachbaur bestätigt, dass sie wie erwartet Lugar als Klubobmann ablösen wird. Der Salzburger Landesrat und Parteichef Hans Mayr kritisiert die Personalrochaden.
2. Oktober: Lugar soll Generalsekretär werden, wird es dann aber doch nicht, stattdessen wird er aus dem Vorstand geworfen und ist nicht mehr stellvertretender Parteichef. Auch die steirische Obfrau Waltraud Dietrich wird aus dem Vorstand entfernt. Das Gremium besteht nunmehr aus Stronach, seiner Mitarbeiterin Denise Pucher und Nachbaur, die auch stellvertretende Parteichefin wird. Von Oberwaltersdorf aus setzt Stronach weiters den Kärntner Köfer und den Salzburger Mayr als Landesparteichefs ab. Als Nachfolger werden die Landtagsabgeordneten Siegfried Schalli und Helmut Naderer eingesetzt.
3. Oktober: Es wird bekannt, dass der Umbau in den Ländern darin begründet sein soll, dass Stronach investiertes Geld zurückhaben will. Es geht um zehn Mio. Euro von der Bundespartei, diese will wiederum 3,5 Mio. aus Niederösterreich und rund eine Mio. aus Kärnten.
4. Oktober: Nachbaur kündigt die Schaffung eines neuen „Bundesdirektoriums“ an, in dem die Nationalratsabgeordneten, die Landesräte und die neu installierten Landesobleute vertreten sein sollen.
7. Oktober: Es gibt Kündigungen in Vorarlberg. In Kärnten findet eine Krisensitzung statt, im Raum steht eine Abspaltung. Die Gruppe um Köfer stellt Forderungen u. a. nach mehr Autonomie an die Bundespartei, die Stronach umgehend zurückweist.
9. Oktober: In Oberwaltersdorf tritt erstmals das „Bundesdirektorium“ zusammen. Am Abend, nach einer Sitzung in der Landespartei treten zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute - und damit der gesamte Vorstand bis auf Landesgruppenobmann Christoph Hagen - geschlossen von ihren Funktionen zurück und aus der Partei aus. Das Landesbüro in Dornbirn wird geschlossen.
10. Oktober: Nachbaur gibt bekannt, dass sich Frank Stronach langsam aus der Partei zurückziehen will. Sein Nationalratsmandat werde Stronach aber wie angekündigt annehmen „und ins Parlament einziehen“.
13. Oktober: Der Kärntner Parteiobmann Schalli erklärt nach einem Telefongespräch mit Stronach, dass ihm dieser den Rücken gestärkt habe. Der Parteigründer goutiere die Position Köfers dafür gar nicht.
14. Oktober: Lindner gibt bekannt, dass sie mit dem TS-Mandat als „freie Abgeordnete“ in den Nationalrat einziehen will. Die stellvertretende Bundesparteichefin Kathrin Nachbaur erklärte dazu knapp, sie nehme das „zur Kenntnis“. Sie nehme aber an, dass Lindner „bei unseren Anträgen mitstimmt“, da diese ja den Ehrenkodex der Partei unterschrieben habe. Parteigründer Frank Stronach sagte, er sei „nicht verärgert“, sondern „höchstens enttäuscht“.
Das Bundesdirektorium wählt einstimmig Andrea Krainer als neue Landesparteiobfrau für Kärnten. Sowohl Landesrat Köfer als auch Schalli hätten dieser Entscheidung zugestimmt, hieß es.
23. Oktober: Nach seiner ersten Bundesdirektoriumssitzung mit Parteigründer Frank Stronach zeigt sich das TS betont geschlossen und zuversichtlich. Es habe „gewisse Unruhen“ gegeben, räumte Stronach ein, die seien aber „jetzt beseitigt“.
24. Oktober: Fritz Piffl, bisheriger Organisationsreferent im TS Salzburg, wird „per sofort“ Landesgeschäftsführer und löst damit Karin Prokop ab. Die scheidende Landesgeschäftsführerin fungiert nun hauptberuflich als Büroleiterin von Landesrat Hans Mayr.
25. Oktober: Die Landesgruppe des Teams Stronach in Niederösterreich fordert in einem E-Mail an Stronach und das Bundesdirektorium Antworten über die Zukunft der Partei: In drei zentralen Fragestellungen gehe es u. a. um die Verankerung der demokratischen Strukturen in den Statuten und die Finanzierung, so Kaufmann-Bruckberger. Als Deadline zur Beantwortung setzt man den vierten November.
28. Oktober: Nachbaur wird bei einer Klubsitzung im niederösterreichischen Oberwaltersdorf „einstimmig“ zur Klubobfrau gewählt. Waltraud Dietrich wird „zumindest für eine gewisse Zeit“ als geschäftsführende Klubobfrau bestellt.
30. Oktober: Der Kärntner Landtagsabgeordnete Schalli beruft eine überraschende Pressekonferenz ein, um seinen Austritt aus dem TS bekanntzugeben. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen Landesrat Köfer, die einerseits berufliche Verleumdung beinhalten, andererseits private Details. Der Landesrat habe eine Affäre mit seiner Frau. Die Partei verkündet in einer Aussendung postwendend, man habe Schalli ausgeschlossen. Köfer und Schallis Frau dementieren ein sexuelles Verhältnis. Am Nachmittag verkündet Schalli seinen Wechsel zur Kärntner FPÖ. Das TS verliert in Kärnten den Klubstatus.
2. November: Marcus Franz, Primararzt am Wiener Hartmann-Spital und TS-Abgeordneter, erklärt in einem „Profil“-Interview, Homosexualität und freiwillige Kinderlosigkeit seien „amoralisch“.
4. November: Nach heftiger Kritik an den Aussagen von Franz kommt es auch zu parteiinternen Verwerfungen. Die niederösterreichische TS-Landesobfrau Renate Heiser-Fischer geht per Aussendung auf Distanz und verweist auf die „liberalen Werte“ der Partei.
5. November: Die Kärntner Landespartei zeigt sich nach einer „gelungenen“ Parteisitzung „intern und extern in vollster Geschlossenheit“.
6. November: Schallis Ehefrau Cornelia nimmt im Magazin „News“ erstmals zur Affäre Stellung: „Ich hatte nie eine sexuelle Beziehung zu Köfer.“ Die E-Mails bezeichnet sie als „reines Phantasiespiel und reines Kopfkino“. Und: „Herr Köfer ist mir mit viel Charme begegnet, das hat mir gutgetan.“ Wie die Erotik-Mails zwischen ihr und Köfer an die Öffentlichkeit gelangten, kann sich Cornelia Schalli nicht erklären. „Ich weiß nur, dass sie mein Mann verwendete, um mich als billiges Politikerflittchen darzustellen.“
7. November: Nachbaur würdigte bei einer Pressekonferenz die „gute Sacharbeit“ des frühere SPÖ-Politikers Köfer und wirbt dafür, Privates nicht in der Öffentlichkeit auszutragen.
14. November: Der Medienberater Rudolf Fußi klagt - aus seiner Sicht - offene Honorare in Höhe von 48.000 Euro vom Team Stronach ein. Laut Fußis Darstellung bezahlte die Partei seiner Agentur beispielsweise Honorare für Beratungsleistungen, Fotorechte, Videoproduktion und Inserate nicht. Vergleichsgespräche scheitern, das Verfahren soll im Februar 2014 fortgesetzt werden.
20. November: Die Tiroler Landespartei unter der Führung von Landesobmann Walter Jenewein gibt die Abspaltung von der Bundespartei bekannt. Die geschäftsführende Klubobfrau Dietrich dementiert umgehend die Abspaltung und verkündet gleichzeitig die Schließung des Tiroler Büros seitens der Bundespartei.
27. November: Lindner legt ihr Mandat zurück, Ex-Miss-World Ulla Weigerstorfer folgt und sorgt für einen Kopf mehr im Parlamentsklub.
29. November: Der Bundesparteivorstand schließt Kaufmann-Bruckberger und Gabmann wegen parteischädigenden Verhaltens aus.
3. Dezember: Der niederösterreichische Landtagsklub des TS ist Geschichte: Klubobmann Gabmann und Landesrätin Kaufmann-Bruckberger geben bekannt, dass sie ab sofort unter dem Namen Team NÖ auftreten werden.
6. Dezember: Das Salzburger TS unterzieht sich nach parteiinternen Querelen einem „Name Lifting“ und will bei den Gemeinderatswahlen im März 2014 unter dem Namen Team Salzburg antreten. Nachbaur kündigt am nächsten Tag an, dass sich die Partei „in naher Zukunft“ demokratische Strukturen geben und sich die Bundespartei nicht mehr in die Angelegenheiten der Landesparteien einmischen werde.
19. Dezember: Die „interimistische“ Landesparteiobfrau in Kärnten, Andrea Krainer, legt ihr Amt zurück. Als Grund gibt sie Differenzen an.
28. Jänner 2014: Stronach kündigt seinen Rückzug aus der Tagespolitik an. Parteiobmann will er vorerst bleiben, das TS soll seinen Namen behalten.
29. Jänner: Stronach verabschiedet sich mit einer dritten und letzten Rede aus dem Parlament. Sein Abgeordnetenmandat geht an den Pressesprecher und burgenländischen Landesparteiobmann Rouven Ertlschweiger.
9. März: Die Gemeinderatswahlen in Salzburg bringen ein verheerendes Ergebnis für das TS.
12. März: Die Grazer Teilorganisation gibt ihre Auflösung bekannt.
8. April: Das TS gibt bekannt, auf eine Kandidatur bei der EU-Wahl am 25. Mai zu verzichten. Tags darauf wird auch der Verzicht auf eine Teilnahme an der Vorarlberger Landtagswahl im selben Jahr öffentlich.
25. April: Marcus Franz wird neuer Generalsekretär.
18. Juli: Der Abgeordnete Georg Vetter fordert den Rückzug von Parteigründer Stronach von der Parteispitze.
26. Juli: Die Wiener Landesparteichefin Jessi Lintl legt ihre Funktion zurück, bleibt aber im Nationalrat.
25. August: Das TS zieht sich von der Social-Media-Plattform Twitter zurück. Begründung: Das Niveau sei dort zu niedrig.
25. September: Franz legt seine Funktion als Generalsekretär zurück.
18. November: Klubchefin Nachbaur geht mit ihrer Schwangerschaft an die Öffentlichkeit. Wie ein paar Tage später bekanntwird, richtet sie am selben Tag ein Schreiben an den Vorstand, dass sie die Partei verlässt.
6. Februar 2015: Der Steirer Wolfgang Auer wird als Nachfolger Nachbaurs als Vizechef der Partei präsentiert. Er soll auch - vorerst - Spitzenkandidat für die Landtagswahl in seiner Heimat werden. Die Agenden der Klubchefin übernimmt Waltraud Dietrich.
16. April: Kaufmann-Bruckberger - nunmehr dem Team NÖ zugehörig - tritt als Landesrätin in Niederösterreich zurück. Sie hat zugegeben, bei einem Immobiliendeal zwischen Kärnten und dem ÖGB bzw. der BAWAG über 700.000 Euro bekommen und an das damalige BZÖ weitergeleitet zu haben.
21. April: Vizeparteichef Auer erfährt erst in einer Aussendung von seiner Demontage als steirischer Spitzenkandidat. Zuvor hat es Zerwürfnisse mit Bundesgeschäftsführer Ronald Bauer gegeben. Dieser verkündete nun Josef Kaltenegger als neuen Spitzenkandidaten.
31. Mai: Bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland scheiterte die Partei klar am Einzug in die Landtage.
3. Juni: Die Nationalratsabgeordneten Franz und Vetter wechseln in den Klub der ÖVP. Vetter hat zuvor Stronach kritisiert, dieser ihm daraufhin den Rücktritt nahegelegt.