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Erfolg für Opposition

Im ukrainischen Machtkampf ist Regierungschef Nikolai Asarow zurückgetreten. Das teilte der Pressedienst der Regierung in Kiew am Dienstag mit. Er wolle mit seinem freiwilligen Abgang helfen, einen Ausweg aus der Krise des Landes zu finden, sagte der 66-Jährige.

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Mit Asarow trat die gesamte Regierung zurück. Laut Artikel 115 der ukrainischen Verfassung zieht die Demission des Ministerpräsidenten den Rücktritt der gesamten Regierung in Kiew nach sich. Asarows Rücktritt gehört zu den Minimalforderungen der proeuropäischen Opposition. „Ich habe die persönliche Entscheidung getroffen, den Präsidenten der Ukraine zu bitten, meinen Rücktritt vom Amt des Regierungschefs der Ukraine anzunehmen“, sagte Asarow nach Angaben des Pressedienstes.

Präsident Viktor Janukowitsch nahm das Rücktrittsgesuch an. Auch den Rücktritt des Rests der Regierung habe der Staatschef akzeptiert, teilte das Präsidialamt in Kiew am Dienstag auf seiner Website mit. Das Kabinett werde aber geschäftsführend im Amt bleiben, bis eine neue Regierung gebildet sei. Ein Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten wurde zunächst nicht genannt.

Umstrittene Gesetze wieder abgeschafft

Das Parlament schuf unterdessen mit großer Mehrheit mehrere international umstrittene Gesetze zur Einschränkung demokratischer Freiheiten, darunter auch das Demonstrationsverbot, wieder ab. 361 Abgeordneten stimmten bei einer Sondersitzung in Kiew wie von Janukowitsch zugesagt für die Abschaffung der entsprechenden Gesetze, wie in einer Fernsehübertragung zu sehen war.

Die Gesetze, die teils drastische Strafen für Vergehen wie das Tragen von Masken und Helmen und das unerlaubte Errichten von Bühnen und Zelten vorsahen, waren vor zwei Wochen im Schnellverfahren verabschiedet worden und hatten zu gewaltsamen Protesten geführt. Regierungsgegner warfen Janukowitsch vor, die Ex-Sowjetrepublik mit Gesetzen zur Einschränkung etwa der Presse- und Versammlungsfreiheit wieder in eine Diktatur zu führen. Auch aus dem Ausland, etwa der EU und den USA, kam Kritik an den Vorschriften, die als unzulässige Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gewertet wurden.

Klitschko: Schritt zum Sieg

Asarow kam mit seiner Ankündigung der Parlamentssitzung zuvor, bei der die Abgeordneten über einen Misstrauensantrag gegen die Regierung entscheiden sollten. Oppositionsführer Witali Klitschko bezeichnete den Rücktritt als „einen Schritt zum Sieg“. „Seit mehreren Monaten haben wir gesagt, dass die Ereignisse auf den Straßen auch das Ergebnis der Politik der aktuellen Regierung sind. Das ist nicht ein Sieg, sondern ein Schritt zum Sieg“, sagte der Vorsitzende der UDAR-Partei. „Wir müssen nicht nur die Regierung auswechseln, sondern auch die Spielregeln“, so Klitschko.

Annäherung bei Krisentreffen

Janukowitsch und die Opposition hatten zuvor nach Angaben der Präsidentschaft bei ihren Krisengesprächen in mehreren Punkten Einigkeit erzielt. Beide Seiten hätten sich unter anderem darauf verständigt, die neuen umstrittenen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit wieder abzuschaffen, hieß es in einer am Montagabend in Kiew veröffentlichten Erklärung.

Außerdem sei eine Amnestie für festgenommene Regierungsgegner vereinbart worden - allerdings unter der Bedingung, dass die von Aktivisten besetzten Regierungsgebäude und die Barrikaden in den Straßen geräumt würden. Nach mehr als vierstündigen Verhandlungen teilte Justizministerin Jelena Lukasch am Montagabend in Kiew mit, dass das Parlament auch die Verantwortung der Regierung für die Gewalt gegen Demonstranten erörtern solle.

Janukowitsch bot Machtteilung an

Oppositionsführer Arseni Jazenjuk habe jedoch zugleich formell das Angebot abgelehnt, das ihm von Janukowitsch angetragene Amt des Regierungschefs zu übernehmen, hieß es in der Erklärung. Janukowitsch war am Abend erneut mit der Opposition zu Verhandlungen zusammengekommen. An dem Krisengespräch nahmen der frühere Boxer Witali Klitschko, Jazenjuk von der Vaterlandspartei sowie Oleg Tjagnibok, der Chef der rechtsextremen Freiheitspartei, teil.

Die seit Wochen demonstrierenden Regierungsgegner fordern den Rücktritt Janukowitschs und vorgezogene Neuwahlen. Mehrere Gesprächsrunden zwischen dem Staatschef und der Opposition hatten zunächst keine Annäherung gebracht. Am Samstag bot Janukowitsch überraschend eine Änderung der Verfassung und eine Machtteilung an: Jazenjuk von der Vaterlandspartei sollte demnach das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen und Klitschko dessen Stellvertreter werden.

Demonstranten in Kiew

APA/EPA/Sergey Dolzhenko

Die Proteste hatten vor zwei Monaten begonnen, nachdem Janukowitsch auf Druck aus Moskau eine Annäherung der Ukraine an die EU auf Eis gelegt hatte

Timoschenko: Keine Regierungsämter annehmen

Die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko warnte die Opposition mit Nachdruck vor allzu großen Zugeständnissen. Die Protestführer um Klitschko dürften keinesfalls Regierungsämter unter Präsident Janukowitsch annehmen. „Das Volk der Ukraine ist nicht für Posten für die Oppositionsführer auf die Straßen gegangen“, erklärte die 53-Jährige. „Ausweg aus der Krise kann nur die Erfüllung aller Forderungen des Volkes sein.“

Bei den jüngsten Krawallen in der Ukraine waren mindestens vier Menschen ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt. Radikale Regierungsgegner hatten Verhandlungen mit Janukowitsch komplett abgelehnt.

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