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Preisanstiege bis zu 80 Prozent

Was bei anderen Zentralbanken in Europa bereits Usus ist, hält nun auch bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Einzug - ein eigener Indikator für Immobilienpreise. Seit 2007, dem Jahr vor der Krise, hat Österreich bis Mitte 2013 mit einem Plus von 39 Prozent im Euro-Raum-Vergleich die stärksten Preisanstiege verzeichnet. In Wien lag das Plus bei 80 Prozent, geht aus dem Fundamentalpreisindikator hervor.

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„Wenn man die Inflation abzieht, ergibt sich für Wien ein realer Immobilienpreisanstieg von unter 60 Prozent“, präzisierte der Leiter der Abteilung für Volkswirtschaftliche Analysen, Ernest Gnam, am Montag vor Journalisten. Der Indikator gibt an, wie groß die Abweichung vom fundamental gerechtfertigten Preis tatsächlich ist.

Im Schnitt 2.223 Euro pro Quadratmeter

2012 waren in Österreich im Schnitt 2.223 Euro pro Quadratmeter zu bezahlen, bezog sich die OeNB auf Erhebungen zu den Angebotspreisen des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Noch höher waren die Wohnimmobilienpreise in Frankreich (3.883 Euro), Großbritannien (3.800 Euro) und Italien (2.690 Euro).

Am stärksten gestiegen sind die Preise von gebrauchten Eigentumswohnungen. Die Nachfrage nach Immobilien zu Wohnzwecken habe das Angebot überstiegen, erklärte die Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft, Doris Ritzberger-Grünwald. Neben der demografischen Entwicklung spielen auch die niedrigen Kreditzinsen eine Rolle. Zudem wurden Immobilien in den vergangenen Jahren vermehrt als Geldanlage angeschafft, da Finanzprodukte nur geringe Renditen abwerfen.

Wien als Preistreiber

Bis zum vierten Quartal 2013 ergebe der Immobilienblasenindikator für Gesamtösterreich aber immer noch eine Unterbewertung gegenüber dem langfristigen Trend von rund acht Prozent, erklärte der Experte. Für Wien zeichnet sich jedoch ein ganz anderes Bild. Die Immobilien in der Bundeshauptstadt seien um rund 21 Prozent überbewertet, also deutlich zu teuer. Der Markt in der Bundeshauptstadt umfasst etwa ein Fünftel der Bevölkerung.

Sieben Indikatoren

Der Fundamentalpreisindikator setzt sich aus sieben Teilindikatoren zusammen: zwei aus der Haushalts-, zwei aus der Investorenperspektive und drei Indikatoren, die die Zusammenhänge zwischen dem Immobilienmarkt und der Makroökonomie abbilden. Der Gesamtindikator gibt die prozentuelle Abweichung der Immobilienpreise von ihrem Fundamentalpreis an.

„Diese Blase gerade in Wien geht auf sehr spezielle Ursachen zurück und ist nicht unbedingt kreditfinanziert“, erklärt Ritzberger-Grünwald. „Das ist das Luxussegment, das in Wien so deutlich durchschlägt.“ Nachfrage und Angebot bewegten sich da in ganz anderen Dimensionen, verwies sie etwa auf die Preisschübe in der Innenstadt. Die Preisexplosion bereite der Nationalbank „keine Sorge, aber sie hat unsere Aufmerksamkeit erregt“.

AK-Forderung nach bezahlbarem Wohnen

Nicht nur die OeNB ist hellhörig geworden, auch die Arbeiterkammer (AK) kämpft schon länger für bezahlbares Wohnen. Wenn bei Zinshäusern die Preise in zehn Jahren um 150 Prozent steigen, dann könne man durchaus von einer Spekulationsblase sprechen, wie AK- Wohnrechtsexperte Walter Rosifka gegenüber ORF.at erklärt. Diese Preissteigerungen ließen sich nicht über Investitionen erklären, so Rosifka. „Hier werden Spekulationen über Mietpreiserhöhungen finanziert.“

Zudem teilt die AK teilt die Einschätzung der Nationalbank, dass die Steigerung der Immobilienpreise auch auf ein zu geringes Angebot im Wohnungsmarkt zurückzuführen ist. AK-Präsident Rudolf Kaske mahnt daher erneut die Länder zu einer Steigerung der Wohnbauleistung, „die Wohnbauförderung muss für den Wohnbau eingesetzt werden.“ Eine AK-Studie zeigt, dass die Mietpreissteigerungen der letzten zwölf Jahre zwei Drittel über der Inflation lagen. Daher brauchte es eine klare Mietenbegrenzung und mehr sozialen Wohnbau, verlangt Kaske.

Kein aufgeblähter Bausektor

Etwaige lenkende Maßnahmen behält sich die OeNB hingegen vor. Dafür sei die gesamtösterreichische Entwicklung ausschlaggebend, und ein Immobilienblase orten die zuständigen Volkswirte hier nicht: So habe Österreich anders als in den südeuropäischen Krisenländern keinen überdimensionierten Bausektor, und auch die Haushalte seien niedrig verschuldet.

In Spanien etwa habe sich der Bausektor auf 15 Prozent des BIP ausgedehnt - nach dem Platzen der Immobilienblase liegt er bei etwa zwei Prozent. „Für Österreich sehen wir keine Gefahr für einen aufgeblähten Bausektor“, sagte Martin Schneider von der Abteilung für Volkswirtschaftliche Analysen. Seit Mitte der 90er Jahre sei die Wohnbauquote rückläufig - in Österreich liege sie derzeit bei etwa vier Prozent.

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