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Breiter Reformwille und reichlich Skepsis

Die Diskussion über die Zukunft des Bundesrats gilt als Dauerbrenner im innenpolitischen Diskurs. Bei der aktuellen Debatte ist im Unterschied zu vielen Diskussion davor jedoch eines bemerkenswert: Sie wird von der höchsten parlamentarischen Instanz begonnen - losgetreten von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), die für eine De-facto-Abschaffung des Bundesrates eintritt.

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Das für Prammer vorstellbare Modell skizzierte sie dabei folgendermaßen: „Ich bin der Meinung, dass wir jene Aufgaben, die derzeit der Bundesrat innehat, den Landtagen direkt übertragen sollten“, sagte die Präsidentin gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ („SN“, Samstag-Ausgabe). Das würde bedeuten, dass Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats künftig nicht mehr in den Bundesrat zwecks weiterer Beratung wandern, sondern in die neun Landtage.

Diese könnten dann dem Nationalratsbeschluss zustimmen oder ihn ablehnen. „Ab einem bestimmten Quorum“ würde das Bundesgesetz als zurückgewiesen gelten, und der Nationalrat müsste sich nochmals damit befassen - ebenso wie derzeit nach einem Einspruch des Bundesrats. Ihr Modell soll nun öffentlich diskutiert werden, vor allem mit den Landtagen - die durch die Reform deutlich aufgewertet würden, wie Prammer gegenüber der Zeitung sagte.

Präsident Lampel für Reformen

Für reichlich Diskussion war damit nicht nur in den Landtagen gesorgt: Prammers Parteikollege, Bundesratspräsident Michael Lampel, sprach sich am Samstag zwar klar für Reformen, aber gegen eine Abschaffung der Länderkammer aus. „Eine Abschaffung des Bundesrates würde (...) den Zielen der Bundesregierung widersprechen. Diese hat in ihrem Arbeitsprogramm vorgesehen, dass der Bundesrat in seinen Aufgaben gestärkt wird“, so Lampel in einer schriftlichen Stellungnahme.

Darin verweist er auf das Arbeitsprogramm der Regierung, in dem die Einrichtung einer Föderalismus-Reformkommission vorgesehen ist: „In dieser Kommission soll unter Einbindung der Länder ohne Tabus über die künftige Rolle des Bundesrates diskutiert werden. Am Ende muss dann ein Gesamtpaket stehen, das von einer breiten Mehrheit getragen wird.“ Auch die Übertragung der Aufgaben des Bundesrates an die Landtage könne dort in die Diskussion eingebracht werden.

Kopf: Frage „ernsthaft behandeln“

Dass es Reformbedarf gebe, steht laut Lampel „außer Streit“. Man brauche einen modernen Föderalismus sowie eine klare Aufgabenverteilung - „wobei das Mitwirkungsrecht der Länder an der Gesetzgebung des Bundes gesichert bleiben muss“. Jedenfalls stelle sich die Frage einer Abschaffung des Bundesrats nicht mehr, „wenn die Länderkammer aufgewertet wird - zum Beispiel durch ein echtes Vetorecht bei Gesetzen, von denen die Länder betroffen sind“.

Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) zeigte sich am Samstag durchaus offen, die Frage solle in der von der Regierung geplanten Enquetekommission zur Demokratiereform „ernsthaft behandelt“ werden, wie er auf Anfrage sagte. Wichtig sei dabei vor allem die Einbindung der Länder, erinnerte Kopf: „Der Bundesrat ist jene Einrichtung, über die die Länder ihr in der Verfassung verbrieftes Recht zur Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung wahrnehmen.“

Hofer: „Umfassende Reform“ beider Kammern

Skeptisch zeigte sich der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ). Er trete für eine „umfassende Reform von Nationalrat und Bundesrat“ ein, erklärte er am Samstag via Aussendung. „Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass die politische Verantwortlichkeit der Minister über eine Verbesserung des Interpellationsrechtes ausgeweitet werden muss“, sagte er. Um den Nationalrat und auch den Bundesrat zu stärken, sei es außerdem „unabdinglich, dass beide das Recht bekommen, Änderungen von Staatsverträgen oder den Abschluss neuer Staatsverträge vom Verfassungsgerichtshof vorab prüfen lassen zu können“.

Den Bundesrat will Hofer zu einer „echten Länderkammer“ aufgewertet wissen. Deshalb müsste das „realpolitische Unterlaufen“ seiner Kompetenzen durch „extrakonstitutionelle Einrichtungen wie die Landeshauptleute-Konferenz“ beseitigt werden. Bundesräte sollten sich direkt in den Landtagen für ihr Abstimmungsverhalten rechtfertigen und dort auch Rederecht erhalten, fordert Hofer. Alternativ kann sich der Dritte Präsident auch vorstellen, dass Landtagsabgeordnete in den Bundesrat entsandt werden.

Jene einsetzen, die „tatsächlich das Sagen haben“

Auch Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler sieht den aktuellen Vorschlag Prammers gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal skeptisch. Er ist gegen die Abschaffung des Bundesrates und bevorzugt ein anderes Modell: nämlich dass der Bundesrat mit Personen beschickt wird, die - wie Fiedler es ausdrückt - in den Ländern „tatsächlich das Sagen haben“. Nicht sollen es Politiker sein, „die im Nationalrat nicht zum Zug gekommen sind“, so Fiedler. Zudem würde sich eine starke personelle Reduzierung ergeben: „Das würde bedeuten, dass der Bundesrat dann pro Land nur mehr aus drei Abgeordneten besteht. Das wäre eine deutliche Reduzierung von derzeit 61 auf 27“, so Fiedler.

ÖVP-Bundesratsobmann für Reform

Auch der Obmann der ÖVP-Bundesräte, Gottfried Kneifel, sprach sich gegen eine Abschaffung und für eine Reform aus. In einer Aussendung verwies er darauf, dass ein Gesetzentwurf dazu „fix und fertig“ sei. Ein entsprechender Reformgesetzesentwurf sei bereits bei der Landeshauptleute-Konferenz in Innsbruck im November 2012 „im Konsens“ zur Kenntnis genommen worden. Dieser sehe unter anderem Einsprüche nur noch bei Gesetzen vor, die elementare finanzielle oder personelle Mehraufwendungen für die Länder zur Folge haben. Wie schon Parteikollege Karlheinz Kopf plädierte er dafür, diese Fragen bei der geplanten Demokratieenquete zu beraten.

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