„Klarer Widerspruch“
Während die Vorbereitungen auf die Syrien-Friedenskonferenz auf Hochtouren laufen, zeichnet sich hinter den Kulissen eine ungewöhnliche Allianz ab: Westliche Geheimdienste haben sich laut „Wall Street Journal“ („WSJ“) und BBC mehrmals mit Vertretern von Machthaber Baschar al-Assad getroffen.
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Die diplomatische Quellen betonten demnach, dass sich die Gespräche auf einen Informationsaustausch über europäische Dschihadisten, die in Syrien im Einsatz sind, beschränken. Die Treffen seien kein Anzeichen dafür, dass der Westen seine Position im Syrien-Konflikt grundsätzlich ändere, zitierte das „WSJ“ nicht namentlich genannte Diplomaten. Die europäische Regierungen befürchten, dass die islamistischen Kämpfer nach ihrer Rückkehr nach Europa eine Gefahr für die innere Sicherheit darstellen könnten.
Die politischen Gegner Assads sind nach eigenen Angaben dagegen sehr wohl besorgt, dass diese Geheimdienstkooperation weitergehende Folgen haben könnte, sprich: dass der Informationsaustausch ein Zeichen ist, dass der Westen die Möglichkeit zu akzeptieren beginnt, dass das Regime mittelfristig an der Macht bleiben könnte.
Opposition: „Echtes Dilemma“
Das - und die Zusammenarbeit bei der Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals - könnte, so die Befürchtung der Opposition, zu einer breiteren Kooperation des Westens mit dem Regime im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in Syrien führen. Das wiederum würde Assads zentrales Argument stärken, dass nur er Al-Kaida erfolgreich bekämpfen kann. Al-Kaida-nahe Gruppierungen haben in den letzten Wochen vermehrt Gebietsgewinne in Syrien verzeichnet.

Reuters/Yaser Al-Khodor
ISIS-Kämpfer marschieren durch die syrische Stadt Tel Abdschad nahe der türkischen Grenze
Die Regierungen in London und Washington haben Medienberichten zufolge der syrischen Opposition mit einem Stopp ihrer Unterstützung gedroht, sollte sie nicht an der Friedenskonferenz in Genf teilnehmen.
Gegenüber der BBC meinte der Sprecher der Syrischen Nationalen Koalition, Chaled Saleh, dass die Opposition ein „echtes Problem“ mit den Berichten über die Kontakte habe. Sollte es tatsächlich solche Verbindungen geben, „würde das einen klaren Widerspruch zwischen den Worten und dem Handeln der Gruppe der Freunde Syriens darstellen“. Immerhin hätten deren Mitgliedsländer „das Assad-Regime eindeutig als eine Terrorquelle in der Region identifiziert“.
Laut „WSJ“ war ein pensionierter Mitarbeiter des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 der Erste, der im Sommer nach Damaskus fuhr, um entsprechende Gespräche aufzunehmen. Vertreter der deutschen, französischen und spanischen Geheimdienste folgten demnach im November. US-Geheimdienstvertreter sind demnach nicht involviert. Offiziell weiß man in den USA über die Gespräche auch nicht Bescheid.
Damaskus: Immer mehr Anfragen
Das Regime in Damaskus wollte die Gespräche gegenüber dem „WSJ“ nicht kommentieren. Gegenüber der BBC bestätigte Vizeaußenminster Faisal al-Mikdad jedoch die Kontakte. Er sprach von einer „Spaltung“ zwischen Geheimdienstvertretern einerseits und westlichen Politikern, die Assads Rücktritt fordern, andererseits.
Erst kürzlich hatte Mikdad in einem BBC-Interview die Entwicklungen so interpretiert, dass der Westen endlich verstanden habe, dass es keine Alternative zu Assad gebe. So hatte Mikdad behauptet, es gebe in jüngster Zeit mehr Anfragen westlicher Staaten, die ihre Diplomaten wieder nach Damaskus entsenden wollen: „Ja, viele Länder treten an uns heran. Natürlich warten einige auf Genf (die Friedenskonferenz, Anm.), einige sagen, wir prüfen die Lage, andere sagen, dass sie in Sicherheitsfragen kooperen wollen, weil die Terroristen, die von Westeuropa in die Türkei und nach Syrien kommen, eine echte Bedrohung für sie werden.“
Schulung im Terrorkampf
Die syrische Opposition ist intern völlig zersplittert, und der dramatische Aufstieg der Al-Kaida-nahen Rebellen der radikalislamischen Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) bereitet dem Westen Sorgen. Viele der europäischen Dschihadisten, die nach Syrien gingen, schlossen sich laut „WSJ“ ISIS an. Dort werden sie nicht nur weiter radikalisiert, sondern werden durch den Bürgerkrieg auch im Terrorkampf geschult. Die britische Regierung entzog deshalb im Dezember bereits rund 20 Bürgern mit Doppelstaatsbürgerschaft den britischen Pass, weil sie für eine radikale Gruppe in Syrien kämpften.
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