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Zwei Jahre Straflager

Die Aktivistin Maria Aljochina von der russischen Punkband Pussy Riot ist wieder frei. Das teilte ihr Anwalt Pjotr Saikin heute der Staatsagentur Ria Nowosti mit. Die 25-Jährige war nach der Kritik an Kreml-Chef Wladimir Putin zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Sie fiel jetzt unter eine von Putin veranlasste Massenamnestie.

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Auch die zweite inhaftierte Pussy-Riot-Musikerin, Nadeschda Tolokonnikowa, könnte noch heute freikommen, wie ihre Angehörigen mitteilten. „Wir warten. Es sollte jeden Moment passieren“, sagte die Anwältin Irina Chrunowa in Krasnojarsk vor dem Straflager während eines Telefongesprächs mit der Nachrichtenagentur dpa. Das Lager befindet sich in Sibirien rund 4.000 Kilometer von Moskau entfernt.

Aljochina: Amnestie „PR-Gag“

Aljochina war nach Angaben ihres Anwalts unterwegs im Zug nach Moskau. Seit Tagen hatten die Angehörigen der beiden Aktivistinnen an den jeweiligen Straflagern auf die Freilassung gewartet.

In einer ersten Reaktion kritisierte Aljochina die Amnestie als „PR-Trick“. „Das ist kein humanitärer Akt, das ist ein PR-Trick“, sagte sie dem Sender Doschd. Wenn sie eine Wahl gehabt hätte, die Amnestie abzulehnen, hätte sie das getan. Augenzeugen beschrieben sie beim Verlassen des Lagers als wach und gut gelaunt. Aljochina traf sich zunächst mit Anwälten der Menschenrechtsorganisation „Komitee gegen Folter“. Bei dem Gespräch gehe es um ihre Beschwerden, die sie im Straflager eingereicht habe, sagte der Leiter des Organisation Igor Kaljapin der Agentur Interfax.

Nicht um Gnade ersucht

Eine ihrer Anwältinnen, Chrunowa, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Aljochina habe das Straflager an Bord eines schwarzen Wagens der Gefängnisverwaltung verlassen. Das sei „zweifellos geschehen, um der medialen Aufregung“ zu entgehen, sagte sie. Anders als Chodorkowski weigerten sich die Frauen von Pussy Riot - beide junge Mütter -, ein Gnadengesuch beim Präsidenten zu stellen. Der Kreml wertet solche Bitten um Gnade als Schuldeingeständnis. Das hatten die in einem international kritisierten Verfahren verurteilten Putin-Gegnerinnen stets abgelehnt.

Mit einem Gnadenakt hatte Präsident Putin am Freitag auch seinen Erzfeind Michail Chodorkowski nach mehr als zehn Jahren in Haft freigelassen. Der frühere Milliardär reiste nach Berlin aus.

Massenamnestie von Duma beschlossen

Die Staatsduma hatte am Mittwoch eine Massenamnestie beschlossen, die auch einzelne Gegner Putins betrifft. Politiker und Künstler sowie Menschenrechtler hatten sich weltweit immer wieder für eine Freilassung der Pussy-Riot-Frauen eingesetzt. Aljochina verbüßte ihre Lagerhaft wegen Rowdytums in Nischni Nowgorod, 450 Kilometer östlich von Moskau. Tolokonnikowa sitzt die zwei Jahre in Sibirien ab.

Tolokonnikowa und Aljochina waren im vergangenen Jahr nach einem Anti-Putin-Protest in einer Kirche wegen Rowdytums verurteilt worden. Die Strafe wäre im März verbüßt gewesen. Dass die Frauen nun freikommen, werten Beobachter als Kreml-Zugeständnis an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar in Sotschi eröffnet werden.

Greenpeace-Aktivisten warten auf Ausreise

Im Zuge der Amnestie wurden auch die Verfahren gegen 30 Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace eingestellt. Die Männer und Frauen aus verschiedenen Ländern waren nach einem Protest gegen russische Ölbohrungen in der Arktis festgenommen und dann wegen Rowdytums angeklagt worden. Sie warten auf ihre Ausreise aus Russland.

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