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Hohe Erwartungen für Abschluss

SPÖ-Chef Werner Faymann und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger sitzen seit Mittwoch um 7.00 Uhr zusammen und diskutieren die in den Koalitionsverhandlungen noch offenen Punkte. Zuletzt wurde etwa wieder die eigentlich schon abgesagte Erhöhung der Familienbeihilfe gefordert - vor allem von ÖVP-Landeshauptmännern. Wie das finanziert werden könnte, ist noch offen.

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Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), sieht den Abschluss der Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP in greifbarer Nähe. „Das kann jetzt relativ rasch gehen“, sagte er im Interview mit dem „WirtschaftsBlatt“ (Mittwoch-Ausgabe).

Pakt spätestens Freitag fix?

Am Mittwoch wurde davon ausgegangen, dass Donnerstag, allerspätestens Freitag der Koalitionspakt fixiert wird. Die Parteigremien danach dürften diesmal nicht parallel tagen. Denn die ÖVP will nach jetzigem Stand sofort nach Abschluss in den Vorstand gehen, während die SPÖ eine Ländertour plant. Konkret werden einzelne Verhandler in die Länder reisen und den jeweiligen (erweiterten) Landesparteivorständen über den Koalitionspakt berichten. Wohl erst am Tag darauf treten in Wien Präsidium und Vorstand zusammen, um dem Abkommen ebenfalls den Segen zu geben.

Derzeit eher unwahrscheinlich ist, dass der Abschluss am Freitag erfolgt, da man sich die Symbolik eines Freitags, des 13., gerne ersparen würde, zumal die Regierung ohnehin nicht allzu große Vorschusslorbeeren erwarten dürften. Insofern könnte die Einigung am Donnerstag erfolgen, die ÖVP am selben Tag die Zustimmung geben und die SPÖ am Freitag folgen. Termine wurden bisher nicht fixiert. Die Landes- und Bundesgremien seien aber „Stand-by“, wurde der APA in der SPÖ versichert.

Letzter Verhandlungsmarathon

Der Bundeskanzler und der Außenminister verhandelten am Mittwoch seit den Morgenstunden und wurden dabei von Vertrauten unterstützt. Wann die Gespräche abgeschlossen werden, konnte zu Mittag nicht gesagt werden. Die beiden seien derzeit jedenfalls permanent in Verhandlung. Von beiden Seiten hieß es gegenüber der APA, es gebe noch „Dissenspunkte“.

Diese Unsicherheit lässt auch so manchen Zeitplan wackeln. Sitzungen der Spitzengremien der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG), die für Donnerstag angesetzt sind, könnten allenfalls verschoben werden, sollte es bis dahin keinen Koalitionspakt geben, hieß es aus Gewerkschaftskreisen gegenüber der APA. Denn eigentlich war geplant, entweder schon den Koalitionspakt oder aber den Verhandlungsstand zu erörtern.

Da man nun vor dem Durchbruch stehen dürfte, könnte die FSG noch zuwarten, um sich eine zusätzliche Sitzung zu ersparen. Letzter großer Knackpunkt für die Gewerkschafter ist die Privatisierungsfrage. Während die SPÖ in den letzten Tagen eine gewisse Offenheit gegenüber Veräußerungen zeigte, legte sich die FSG gegen Privatisierungen vor allem bei Post, Telekom Austria und OMV unverändert quer. Ohne Sanktus der Gewerkschaft zum Gesamtpaket wird es realistischerweise wohl keinen Abschluss geben.

Keine Umschichtung wegen Familienbeihilfe

In Sachen Familienbeihilfe gab unterdessen der Finanzstaatsekretär und das Mitglied der Finanzarbeitsgruppe, Andreas Schieder (SPÖ), „Entwarnung“. Sie soll erhöht werden. Aber dass dafür Geld vom Ausbau der Ganztagesbetreuung und der Wohnbauförderung umgeschichtet werden soll, wie es in den vergangenen Tagen geheißen hatte, schloss Schieder nun aber aus: „Absolute Entwarnung in dieser Frage. Es kommt zu keiner Kürzung bei den geplanten Offensivmitteln für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen. Diese Gelder werden weiterhin zur Verfügung stehen.“

Die Finanzgruppe hat offenbar ihre Arbeit so gut wie abgeschlossen: Man habe den Chefverhandlern einen Abschlussbericht präsentieren können, so Schieder - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Spekulationen über Personalrochaden

Noch nicht gesprochen wurde bei den Koalitionsverhandlungen auf Chefebene über Personelles, hieß es am Mittwoch aus der Volkspartei. Umso mehr Spekulationen fanden sich in den Medien. Als Nachfolgerin von Beatrix Karl (ÖVP) im Justizministerium wurde in den „OÖN“ etwa Katharina Lehmayer, Präsidentin des Landesgerichts Linz und Schwester von Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl, genannt.

In Medien weiters erwähnt wurden als potenzielle Ressortchefinnen Brigitte Bierlein, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs, die ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss und Volksanwältin Gertrude Brinek. Als Landwirtschaftsminister gehandelt werden an der Gerüchtebörse derzeit der Tiroler Landesrat Josef Geisler, Werner Wutscher, Aufsichtsratschef der Kärntner Landesholding, und die ÖVP-Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger.

Kommt Papamonat?

Einig sollen sich die beiden Parteien laut Medienberichten über den Rechtsanspruch auf einen Papamonat sein, eine Bestätigung hierfür gab es noch nicht. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat ihn auch für die Privatwirtschaft wiederholt und vehement gefordert. Möglich wäre, dass die Väter in dieser Zeit Kindergeld erhalten und dass der Rechtsanspruch nur in Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern besteht, um kleine Firmen nicht zu sehr zu belasten. Laut dem Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl (im „Kurier“) wird in den Koalitionsverhandlungen auch über das bereits in der Vergangenheit diskutierte verpflichtende zweite Kindergartenjahr gesprochen. Hierzu gab es ebenfalls keine offiziellen Aussagen.

Grüne: Grausames Spiel mit Familien

Die Grünen kritisierten unterdessen in einer Aussendung das „grausame Spiel mit Hoffnungen und Erwartungen von Familien“. Die Erhöhung der Familienbeihilfe dürfe keinesfalls zulasten der Ganztagsbetreuung kommen, betonten sie. Auch das Team Stronach (TS) forderte, die Erhöhung nicht auf Kosten des Schulbudgets durchzuführen. Als Einsparung im Schulbereich wurde hingegen die Auflösung der Bezirks- und Landesschulräte vorgeschlagen.

An den ebenfalls kolportierten Steuerplänen wiederum übte der Autofahrerclub ÖAMTC Kritik. Der „reflexartige Griff“ in die Geldtaschen der Autofahrer habe Tradition, denn seit dem Jahr 2000 seien bundesweite Abgaben für Autofahrer 15-mal erhöht worden, so der ÖAMTC. Auch das „Forum.Mobilität.Freiheit.Umwelt“, ein Interessenverband der Autobranche, verwies darauf, dass Autofahrer schon jetzt jährlich acht Milliarden Euro an Steuern und Abgaben bezahlten.

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