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Bei den Fischen schlafen

Schon rund um die Jahrtausendwende waren Projekte für Unterwasserhotels der neueste Trend auf Tourismusmessen. Doch dann kam die Wirtschaftskrise, und Zimmerpreise von bis zu 8.000 Dollar (5.890 Euro) erschienen vielen für eine Nacht bei den Fischen zu teuer. Nun bringen neue Ideen und ein neuer Planungsansatz die Idee wieder aufs Tapet.

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Zuletzt wurden etwa Pläne für ein Unterwasserhotel von der Firma Deep Ocean Technology präsentiert. Das Projekt wurde nicht zufällig „Water Discus“ genannt: Das Herzstück besteht aus einer metallenen „Torte“ mit einem Durchmesser von rund 35 Metern, in der 21 Doppelzimmer in einer Wassertiefe von rund sechs Metern Platz haben sollen. Über der Wasseroberfläche wäre die Hotelinfrastruktur untergebracht, von den Speiseräumen über Swimmingpools und Spa-Bereich bis zum Hubschrauberlandeplatz.

Zahlreiche Projekte versandet

Ob das Projekt wirklich gebaut wird, ist allerdings noch immer ungewiss, wie auch Planer Robert Bursiewicz zuletzt gegenüber der britischen BBC zugeben musste. Interessierte sich anfangs Dubai für das Projekt, heißt es nun, das Hotel werde auf den Malediven gebaut. Die Vergangenheit zeigt allerdings, dass zahlreiche ähnliche Projekte schon versandeten. Ginge es nach den Ankündigungen, müssten schon seit Jahren etwa in Istanbul, Dubai und Schanghai Unterwasserhotels stehen.

Das Underwater Hotel Dubai

2011 Deep Ocean Technology

Das Projekt „Water Discus“ von Deep Ocean Technology

Die Technik ist nicht das Problem bei der Umsetzung der Ideen. Die Entwicklungen im Bereich der Tiefseeforschung, mit U-Booten für 6.000 Meter Tauchtiefe und mehr, reichen längst darüber hinaus. Unterwasserhotels werden für eine Tiefe von höchstens 15 Metern geplant. Tiefer zu gehen hätte keinen Sinn, da dann das tiefe Blau des Meeres alles verschlucken würde, wofür sich Gäste den teuren Spaß leisten würden: Fische vor dem Hotelzimmerfenster vorbeischwimmen zu sehen.

Konkurrenz schläft nicht

Neben beträchtlichen Kosten gibt es auch rechtliche Probleme, da die Hotelpläne nur schlecht in bestehende Vorschriften passen - sie sind weder Gebäude noch U-Boote noch schwimmende Plattformen noch Tanks. Und schließlich ist nicht gesagt, dass die Gäste etwas zu sehen bekommen: Fische lieben Stille. Entsprechende Herausforderungen an die Planung der Haustechnik mit den nötigen Pumpen, Lüftungen und der anderen Infrastruktur will Deep Ocean Technology jedoch gelöst haben.

Auf ökologisch fragwürdige Ideen wie Futterautomaten an den Außenseiten der Hotelzimmer, mit denen andere - gescheiterte - Projekte für reges Fischaufkommen sorgen wollten, will die Firma jedenfalls verzichten und demnächst einen Prototypen zu Wasser lassen. Auch die Konkurrenz schläft nicht: Obwohl sich die Fertigstellung eines ähnlichen Projekts namens „Poseidon“ auf den Bahamas schon seit Jahren verzögert, kündigen die Initiatoren wegen des „überwältigenden“ Interesses schon jetzt „Poseidon II“ an.

Eine „Otter-Herberge“ und was daraus wurde

Mehr Zukunft als die teils recht größenwahnsinnig anmutenden Projekte könnte allerdings eine Idee haben, die kein Touristiker hatte, sondern der schwedische Künstler Mikael Genberg: Sein Utter Inn (Otter-Herberge), seit etwa zehn Jahren im schwedischen Mälaren-See versenkt, ist eine kleine mietbare schwimmende Kabine, an der eine fast genauso kleine Kabine unter Wasser hängt. Sein Beispiel macht nun, in etwas komfortablerer Form, auch im Tourismusbereich Schule.

Ein Bullauge in der Jules Underwater Lodge

Jules Underwater Lodge

Der Blick in echtes Wasser aus der Jules Underwater Lodge

Der „Underwater Room“ auf Pemba an der Küste von Tansania ist das erste von mehreren geplanten „Genberg Underwater Hotels“. Gegenüber anderen Projekten hat der Unterwasserraum den Vorteil weit geringerer Baukosten. Da er als einzelner schwimmender Bungalow konzipiert ist, gibt es auch kein Problem mit Genehmigungen. Kein Problem mit Genehmigungen hat auch das älteste Unterwasserhotel der Welt, die Jules Underwater Lodge: Dabei handelt es sich um eine ausrangierte Forschungsstation aus den 70er Jahren im US-Bundesstaat Florida.

Echt oder falsch?

Die neun Meter bis zum Hotelzimmer in der Jules Underwater Lodge müssen die Gäste allerdings tauchend zurücklegen und dort mit relativ wenig Komfort Vorlieb nehmen. Die Lodge sei eben kein Schnickschnack, sondern das einzig wirkliche Unterwasserhotel der Welt, betont man auf der Website stolz. Und tatsächlich bekommt man dort echte Unterwasserwelt durch die Bullaugen zu sehen: Echtes Wasser (trüb) mit echter Meeresfauna (hin und wieder ein Fisch).

Zimmer des Underwater Hotel Dubai

2011 Deep Ocean Technology

So sollen die Zimmer des „Water Discus“ aussehen

Wer jenen kristallklaren Blick auf tonnenweise bunte Fische sucht, den die unrealistischen Computervisualisierungen nie gebauter Projekte stets abbilden, dem bleibt immer noch der „Underwater Room“ des Atlantis Hotels in Dubai. Für 4.800 Euro die Nacht steigt man dort in der eigenen Suite drei Stockwerke hinab und hat dann, in Schlafzimmer und Bad, den begehrten Blick auf Fische aller Art. Dann muss man nur noch vergessen, dass man sich in einem der obersten Stockwerke des Hotels befindet und gerade in ein großes Aquarium schaut.

Lukas Zimmer, ORF.at

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