Großer Abstand zu Zweitplatziertem
Österreich gibt im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viel für das Gesundheitswesen aus und hat viele Ärzte und Spitalsbetten. Das zeigt die am Donnerstag veröffentlichte OECD-Statistik „Gesundheit auf einen Blick“. Bei den Spitalsaufenthalten (statistisch erfasst als „Spitalsentlassungen“) ist Österreich gar absoluter Spitzenreiter.
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Mit 273 pro 1.000 Einwohnern liegt Österreich hier mit großem Abstand vor dem zweitplatzierten Deutschland - und anders als andere Länder rechnet Österreich hier die Entlassung von gesunden Neugeborenen nicht ein, vermerkt die OECD. Mit einem im Schnitt 7,8 Tage dauernden Spitalsaufenthalt bewegt man sich in Österreich indes wieder im statistischen Mittel. Alle Zahlen, wenn nicht anders angeführt, beziehen sich auf 2011.
Viele „vermeidbare“ Aufenthalte
Eine mögliche Erklärung für die vielen Krankenhausaufenthalte liefert die OECD-Statistik ebenfalls. Bei der Zahl der „vermeidbaren“ Aufenthalte liegt Österreich ebenfalls vorne. Es handelt sich hierbei um die Behandlung chronischer Krankheiten, die - wie Kritiker immer wieder monieren - zu häufig vom niedergelassenen Bereich in den stationären verlagert würden.
Besonders stark zeigt sich das bei Diabetes sowie der Lungenkrankheit COPD. Doch Österreich liegt auch bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Grund für einen Spitalsaufenthalt ganz weit vorne (36 pro 1.000 Einwohner) und bei den Krankenhausentlassungen wegen Krebserkrankungen (29) gar an der Spitze. Mit 7,7 Spitalsbetten pro 1.000 Einwohner liegt Österreich ebenfalls im Spitzenfeld, knapp nach Deutschland auf Platz fünf. Auch der Anteil an Akutbetten ist nach wie vor hoch. Die Auslastung wurde im Vergleich zu 2000 geringfügig verbessert.
Steigende Patientenzahl „gravierendes Problem“
Die Spitalsärzte selbst klagen allerdings laut der jüngsten IFES-Umfrage vom Sommer über steigende Belastungen, zu lange Arbeitszeiten und zu viel Verwaltungsstress. Demnach ging die Wochenarbeitszeit gegenüber 2006 zwar um fünf Stunden auf 54 Stunden zurück, das sei aber immer noch mehr als gewünscht, wie in einer Aussendung ausgeführt wurde.
Nachtdienste und starker Zeitdruck seien weitere Belastungen. Ältere Ärztinnen und Ärzte sehen ein weiteres Problem. 64 Prozent der Befragten können sich nicht vorstellen, bis zu ihrer Pensionierung im Krankenhaus zu arbeiten. 40 Prozent der Befragten gaben an, stark unter Zeitdruck zu stehen, 36 Prozent der Arbeitszeit werde für Administration aufgewendet. Personalmangel bezeichneten 76 Prozent als „gravierendes Problem“, die steigende Patientenanzahl wurde von fast allen Befragten als problematisch bezeichnet.
Sehr hohe Ärztedichte
So mancher weitere Befund der OECD in der aktuellen Studie unterstützt auch die heimischen Zahlen. So praktizieren hierzulande überdurchschnittlich viele Ärzte, nämlich 4,8 pro 1.000 Einwohner (OECD-Schnitt: 3,2). Nur in Russland und in Griechenland sind es mehr - wobei in der griechischen Statistik auch Gesundheitsmanager, Forscher u. ä. berücksichtigt sind. Auch Sorgen über einen künftigen Ärztemangel sind zumindest anhand der OECD-Zahlen nicht berechtigt. Bei der Zahl der Medizinstudiumabsolventen liegt Österreich mit 19,9 pro 100.000 Einwohner überdeutlich an der Spitze (Rang zwei: Dänemark mit 16,8).
Bei den Arztbesuchen pro Kopf bewegen sich die Österreicher mit 6,9 im Mittel, unterdurchschnittlich ist dagegen die Zahl der Besuche pro Arzt, was angesichts der hohen Arztanzahl allerdings nachvollziehbar ist. Die OECD weist überdies darauf hin, dass die Ärztedichte regional sehr unterschiedlich und wie in anderen OECD-Staaten vor allem in der Hauptstadt hoch ist.
Mehrheit schätzt Gesundheit gut ein
In der Einschätzung der eigenen Gesundheit indes bewegen sich die befragten Österreicher allerdings laut der Studie im Durchschnitt. 69,4 Prozent der Erwachsenen geben demnach an, sich guter Gesundheit zu erfreuen. Das trifft den OECD-Schnitt von 69 Prozent ziemlich genau. Für dieses Ergebnis werden insgesamt 4.546 US-Dollar (3.360,69 Euro) pro Kopf und Jahr für die Gesundheit ausgegeben, rechnet die OECD vor. Das ist viel weniger als etwa in den USA (8.508 Dollar), aber deutlich mehr als der OECD-Durchschnitt (3.339 Dollar). Über die Effizienz der Ausgaben machte die OECD allerdings keine Angaben.
Anteil an Gesundheitsausgaben leicht gesunken
Mit einem Anteil von 10,8 Prozent ist der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP 2011 im Vergleich zu 2010 (elf Prozent) leicht gesunken, im langfristigen Vergleich indes etwas gestiegen (2005: 10,4 Prozent, 2006: 10,2 Prozent). Der OECD-Schnitt beträgt 9,3 Prozent. Abgenommen haben in Österreich, wo die pharmazeutische Industrie per „Pharmapaket“ in die Sparpflicht genommen wurden, die Ausgaben für Medikamente: von über 13 Prozent (Anteil der Gesamtgesundheitsausgaben) auf 11,7 Prozent im Jahr 2011.
Das Privatbudget der Österreicher wird durch Gesundheitsausgaben durchschnittlich, nämlich mit 2,8 Prozent der gesamten Haushaltsausgaben, belastet. 39 Prozent der Ausgaben gehen für Arztbesuche u. ä. drauf, 18 Prozent für Zahnbehandlungen, 27 Prozent für Medikamente.
Langzeitpflegebetten: Österreich im hinteren Drittel
Bei den Ausgaben für den Pflegebereich (Langzeitpflege) liegt Österreich laut der Studie knapp unter dem OECD-Schnitt. Rund 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wurden demnach 2011 für diesen Sektor aufgewendet. Im OECD-Schnitt waren es 1,6 Prozent des BIP. Der durchschnittliche jährliche Kostenanstieg im Pflegebereich (2005 bis 2011) lag laut OECD in Österreich bei 4,6 Prozent. Im OECD-Schnitt stiegen die Ausgaben mit 4,8 Prozent etwas stärker an.
Damit lag die Steigerungsrate bei der Pflege deutlich über jener des Gesundheitswesens, für das die OECD allerdings eine zweiteilige Statistik (vor und nach dem Krisenjahr 2009) ausweist. Die Zahlen zeigen dennoch den geringeren Anstieg im Vergleich zum Pflegewesen. Zwischen den Jahren 2000 und 2009 wuchsen die Gesundheitskosten im OECD-Schnitt um jährlich 4,1 Prozent. Auch nach der Wirtschaftskrise - in den Jahren 2009 bis 2011 - war das Plus mit 0,2 Prozent deutlich geringer als im Pflegebereich. In Österreich stiegen die Gesundheitskosten demnach zwischen 2000 und 2009 pro Jahr um 2,2 Prozent, danach um 0,2 Prozent.
Bei der Zahl der Langzeitpflegebetten liegt Österreich im hinteren Drittel der in der Studie ausgewerteten Staaten. Demnach kommen auf 1.000 Personen über 65 Jahre in Österreich 44,1 Betten. Der OECD-Schnitt liegt bei 49,1 Betten. Von den 28 ausgewiesenen Staaten sind in nur sechs weniger Pflegebetten als in Österreich verfügbar.
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