Tundra und Taiga in Moskau
Direkt neben dem Roten Platz soll Moskau eine kleine grüne Lunge bekommen: Wo heute nur eine brachliegende Fläche zwischen Schnellstraße und Moskwa liegt, soll in drei Jahren ein Park entstehen, der nicht nur als Naherholungsfläche, sondern auch als Open-Air-Museum gedacht ist.
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Ursprünglich war das Gelände als Bauplatz für einen Wolkenkratzer gedacht, mit dem sich Stalin ein Denkmal setzen wollte - ein Plan, der jedoch nie umgesetzt wurde. Einige Jahre nach Stalins Tod entstand an der Stelle in den 1960er Jahren das mit 3.000 Zimmern damals größte, und nach (nicht unumstrittener) Meinung internationaler Medien, hässlichste Hotel der Welt.

Google Maps
Eine Luftaufnahme vom jetzigen Zustand des Areals
2006 wurde das Gebäude, damals schwer baufällig und renovierungsbedürftig, abgerissen, seitdem klafft mitten in Moskau eine riesige Baulücke. Die ursprünglichen Pläne eines russischen Oligarchen, das Hotel nach einem Entwurf von Norman Foster neu aufzubauen, zerschlugen sich. Spätere Ideen, etwa zum Bau eines multifunktionalen Komplexes mit Bibliothek und mehreren kleineren Hotels, schafften es auch nie über den Planungsstatus hinaus.
Wettbewerb international ausgeschrieben
Im vergangenen Jahr platzte Präsident Wladimir Putin angesichts des riesigen unschönen Areals mitten im Zentrum der Kragen. Nach einem Spaziergang auf dem Gelände teilte er dem Moskauer Bürgermeister Sergei Sobyanin mit, dass er sich gut vorstellen könnte, dort einen Park anlegen zu lassen. Die Stadt schrieb daraufhin einen Wettbewerb aus, und russische wie internationale Architekten und Landschaftsplaner wurden eingeladen, ihre Ideen für die Neugestaltung des Gebiets einzureichen.

Diller Scofidio + Renfro
Der Park soll in Terrassen angelegt werden, um den Besuchern den Blick über die Stadt zu ermöglichen
Aus vielen, wie es vonseiten der Stadt heißt, hochkarätigen Einreichungen wurde der Entwurf von Diller Scofidio + Renfro gekürt - eines New Yorker Architektenbüros, das bereits für mehrere aufsehenerregende Projekte verantwortlich zeichnete, darunter der vielbeachtete Highline Park in New York.
Kein Platz für „Betreten verboten“-Schilder
Ihr Konzept für den Sarjadje-Park basiert auf den Prinzipien von „Wild Urbanism“, wie es auf der Website heißt. „Menschen und Pflanzen sollen koexistieren und miteinander interagieren“, so die Architekten. In der Planung umgesetzt bedeutet das, dass Menschen nicht auf streng abgegrenzte Wege „verbannt“ werden sollen und Pflanzen „frei wachsen“ dürfen. „Wild Urbanism ist eine Gelegenheit, die Stadt zu verlassen und ihr gleichzeitig nahe zu sein“, beschreiben Diller Scofidio + Renfro ihren Ansatz.
Die verschiedenen Zonen ihres Parks sind terrassenförmig angelegt. Der Einsatz von künstlicher Windkontrolle, Temperaturregulierung und Beleuchtung sorgt für unterschiedliche Mikroklimazonen, die fließend ineinander übergehen sollen.
Grünoase in bester Innenstadtlage
In Moskau stößt das Projekt überwiegend auf Zustimmung, kommt es doch nicht oft vor, dass ein derart zentraler Platz in einen öffentlichen Park verwandelt wird. Vor allem weil auch in der russischen Hauptstadt gebaut wird, was das Zeug hält, und die Grundstückspreise in guter Lage auch für die Superreichen horrend bis völlig unerschwinglich sind.
Kritik kommt dennoch von der Opposition, allerdings nicht am Park, sondern nur daran, dass das Projekt nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sei und der Effekt für die Stadt nur ein kosmetischer. Viele Vororte blieben hingegen weiterhin postsowjetisch-verwahrloste Zonen. Die Stadtregierung lässt sich davon nicht beeindrucken: Sarjadje wird der erste neue Park in Moskau seit einem halben Jahrhundert sein und bis 2016 verwirklicht werden.
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