Überwachung „gängige Praxis“
In Österreich dürfte die NSA genauso flächendeckend Telefonate erfassen und überwachen, wie es zuletzt aus anderen Ländern bekanntgeworden ist. „Gehen Sie davon aus, dass das geschieht. Die Überwachung von internationalen Kommunikationsverbindungen ist gängige Praxis der NSA und eine Doktrin zur Unterstützung nationaler amerikanischer Interessen,“ wird ein „ehemaliger US-Agent“ in einem Interview des Nachrichtenmagazins „profil“ vorab zitiert (Montag-Ausgabe).
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Der ehemalige US-Agent Thomas Drake meinte nach den jüngsten Enthüllungen von Whistleblower Edward Snowden, es sei ganz konkret davon auszugehen, dass die NSA in Wien eine Abhörstation betreibt: „Vienna & Annex“ („Wien und Anhang“) heißt es auf einem vergangene Woche an die Öffentlichkeit gelangten, streng geheimen Standortplan einer amerikanischen Geheimdienstsondereinheit.

AP/Alexander Zemlianichenko
Thomas Drake gehörte zur NSA-Führungsriege und stieg 2001 aus
Abhörstation oder Überwachungszugang
„Annex“ ist in der Legende wiederum als „Unmanned Remote“ („unbemannt ferngesteuert“) ausgewiesen. „Die Bezeichnung ‚Annex‘ ist fast immer ein Euphemismus für aktive Operationen, die unter dem Deckmantel der jeweiligen Botschaft laufen“, erläutert Drake: „‚Unmanned Remote‘ bedeutet üblicherweise, dass die Ausrüstung nicht von physisch anwesenden Personen bedient werden muss, sondern ferngesteuert werden kann. Im gegebenen Zusammenhang ist das meistens eine Abhörstation oder ein Überwachungszugang.“
Thomas Drake gehörte zur NSA-Führungsriege und stieg 2001 aus, er hatte schon im Juli ausgesagt, dass das Spionageprogramm „Prism“ nur die „Spitze des Eisbergs“ sei. Drake war auch auf einem Video zu sehen, das die Enthüllungsplattform WikiLeaks Mitte Oktober veröffentlichte und das den Ex-Agenten in Russland zusammen mit Snowden zeigt.
Einer „profil“-Umfrage zufolge gehen 32 Prozent der befragten Österreicher davon aus, schon einmal beim Telefonieren abgehört worden zu sein. Die Mehrheit von 64 Prozent glaubt laut der im Auftrag des Magazins vom Meinungsforschungsinstitut Karmasin Motivforschung durchgeführten Umfrage nicht, dass ihr Telefon jemals angezapft wurde. Vier Prozent der Befragten wollten dazu nichts sagen.
Pilz fordert Spionageabwehramt
Bereits am Mittwoch hatte sich der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, für die schnellstmögliche Einrichtung eines österreichischen Spionageabwehramtes ausgesprochen. Die Affäre um den US-Geheimdienst NSA habe der österreichischen und auch der deutschen Politik gezeigt, dass öffentliche Einrichtungen völlig ungeschützt und eine „Spielwiese für Spionage“ seien, sagte Pilz vor Journalisten in Wien.
Das neue Amt soll nach seiner Vorstellung im Bundeskanzleramt und keinesfalls im Innenministerium eingerichtet werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Arbeit des dem Innenressort unterstellten Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) mache die internationale Zusammenarbeit von Geheimdiensten notwendig, sagte Pilz. Die Kontrolle der geheimdienstlichen Partner führe unweigerlich zu einem Interessenkonflikt.
„Kriminelle Handlungen verhindern“
„Wir brauchen vor allem eine funktionierende zivile Spionageabwehr“, sagte Pilz. Man müsse kriminelle Handlungen verhindern, die zulasten einzelner Bürger gingen, und ihre Informationsrechte schützen - vor allem gegenüber den USA, erklärte Pilz. Zudem fordere er eine Aufklärungspflicht vonseiten österreichischer Beamter, wenn ein ausländischer Geheimdienst hierzulande Bürger abhöre.
Verteidigungsminister „lügt“
Harte Kritik übte der Sicherheitssprecher an Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ). Dieser habe vor dem vertraulichen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses gesagt, er könne keine Auskunft zur Kooperation des Heeresnachrichtenamtes (HNA) mit der NSA geben. „In diesem Punkt lügt der Verteidigungsminister“, sagte Pilz. Er habe sowohl die Öffentlichkeit als auch das Parlament belogen. Zudem habe sich auch das BVT geweigert, dem Parlament die vorhandenen Informationen offenzulegen. Demgegenüber habe sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bemüht, die Fragen vonseiten der Parlamentarier zu beantworten.
Pilz fordert, eine Strafbestimmung gegen Regierungsmitglieder bei „Ausschaltung der parlamentarischen Kontrolle“ einzuführen. Für Klug müsse das gleiche Strafmaß von drei Jahren Haft wie für Parlamentsabgeordnete bei einem solchen Verstoß gelten.
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