Von Alberich bis Zürich
Wilhelm Richard Wagner gilt als einer der bedeutendsten Erneuerer der Musik im 19. Jahrhundert. Mit seinen Musikdramen brachte er die Oper auf einen Höhepunkt und inspirierte viele Komponisten der Moderne. Wagners Schattenseite sind sein Antisemitismus und die Nähe seiner Nachkommen zu Adolf Hitler. Wissenswertes über ihn, sein Werk und die Bayreuther Festspiele in ABC-Form:
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A wie Alberich: Bass-Partie in der monumentalen Tetralogie „Ring des Nibelungen“. Er wirbt um die Rheintöchter, die den hässlichen Zwerg abblitzen lassen, und raubt aus Rache das Rheingold. Er schmiedet einen Ring, der Weltherrschaft verheißen soll.
B wie Bayreuth: Als Wagner kommt, ist Bayreuth ein Provinzstädtchen, dessen Bedeutung und Glanz im Barock verblasst ist. Wagner aber kann hier seine Festspielpläne verwirklichen. Heute sind die Festspiele und Wagner Bayreuths wichtigste Markenzeichen.

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Das Richard-Wagner-Festspielhaus in Bayreuth
C wie Cosima: Wagners zweite Frau. Wagner spannt sie Hans von Bülow, einem engen Freund, aus. Nach Wagners Tod 1883 wird Cosima Festspielchefin. Antisemitische und nationalistische Ideen sind unter ihrer Ägide salonfähig in Bayreuth. Sie stirbt 1930.
D wie Dresden: 1843 wird Wagner Kapellmeister an der Hofoper. 1849 beteiligt er sich am Dresdner Mai-Aufstand und wird danach steckbrieflich gesucht. Er flieht in die Schweiz.
E wie Erlösung: Grundthema bei Wagner. Der Holländer sehnt sich ebenso nach ihr wie Tannhäuser. Parsifal soll der Erlöser selbst sein.
F wie Familie: Streitende Familienstämme, Nachfolgestreit, Gerangel um Nachlässe - im Wagner-Clan wird regelmäßig viel geboten.
G wie Geburt: Wagner kommt am 22. Mai 1813 in Leipzig als Sohn des Polizeischreibers Carl Friedrich und dessen Frau Johanna Rosine zur Welt. Ein halbes Jahr später stirbt der Vater.
H wie Hanslick: Eduard Hanslick trat als Musikkritiker und Brahms-Apologet virulent gegen Wagner auf und kritisierte dessen Werke. Der nannte im Gegenzug seine Figur des lächerlichen Besserwissers Sixtus Beckmesser aus den „Meistersingern“ in Vorentwürfen noch Hans Lick.
I wie Isolde: Extrem herausfordernde Partie, die der Sängerin alles abverlangt. Ohne Erfahrung und Mut geht gar nichts. Deshalb ist auf der Bühne oft eine Isolde gesetzteren Alters zu sehen.
J wie Judentum: Der Antisemitismus ist die dunkle Seite Wagners und macht ihn zum umstrittenen Künstler. Sein Aufsatz „Das Judenthum in der Musik“ ist voller übler und abstoßender Verunglimpfungen. Nicht zuletzt deshalb ist Wagners Musik in Israel heute noch nicht akzeptiert.
K wie Katharina: Wagner-Urenkelin, die zusammen mit ihrer älteren Halbschwester Eva Wagner-Pasquier derzeit die Bayreuther Festspiele leitet. Sie ist die Tochter des langjährigen Festspielchefs Wolfgang Wagner.

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Katharina Wagner (l.) und Eva Wagner-Pasquier
L wie Ludwig II.: Wagners Mäzen und Verehrer. Ergriffen und beeindruckt von „Lohengrin“ und „Tannhäuser“ holt er Wagner an seinen Hof und rettet ihn vor dem finanziellen Ruin. Ludwig gibt Wagner immer wieder Geld. Gemeinsame Pläne für ein Festspielhaus in München scheitern, später klappt es in Bayreuth.
M wie Meistersinger-Schrift: Die aus 1697 stammende wertvolle Auflistung der Meistersinger-Regeln durch Johann Christoph Wagenseil, die sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek befindet, dient Wagner als wichtigste Quelle seiner „Meistersinger von Nürnberg“.
N wie Nürnberg: Selten schafft es eine Stadt in den Titel einer bekannten Oper. Bei Nürnberg hat es dank Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“, die 1868 uraufgeführt wurden, geklappt.
O wie Orchestergraben: Heißt im Bayreuther Festspielhaus auch mystischer Abgrund. Das Orchester ist hier für das Publikum unsichtbar - ein Deckel schirmt die Musiker ab.
P wie Pumpgenie: Thomas Manns berühmter Aphorismus über den legendären Schuldenanhäufer Wagner.
Q wie Qual: Das kann eine Wagner-Oper auch sein. Schließlich dauern die meisten Werke mindestens fünf Stunden. In Bayreuth sind zudem die Sitze unbequem, was jedoch der besseren Akustik dient, weil Polstersessel Töne schlucken. Der Platz im Haus ist beengt, und die Luft hat nicht gerade Kurortqualität.
R wie „Ring des Nibelungen“: Tetralogie. „Das Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“. Die Gesamtspieldauer ohne Pausen beträgt circa 16 Stunden. Der „Ring“ bringt Grundmotive aus der Nibelungensage und der nordischen Mythossammlung Edda auf die Opernbühne. Uraufgeführt wird er 1876 in Bayreuth.

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Adolf Hitler mit Winifred Wagner
S wie Siegfried: Drittes Kind von Cosima und Wagner. 1908 übernimmt er die Festspielleitung. Auch als Dirigent, Komponist und Librettist ist er aktiv. 1915 heiratet er Winifred, die später die Nähe zu Hitler und anderen Nationalsozialisten sucht. Siegfried stirbt 1930, Winifred übernimmt das Zepter in Bayreuth.
T wie Thalia-Vorstadttheater: Hier erklingt am 28. August 1857 mit dem „Tannhäuser“ das erste Mal eine Wagner-Oper in Wien - zu dieser Zeit noch nicht in der renommierten Hofoper.
U wie Urlaub: Viele Mitwirkende opfern ihren Urlaub, um bei den Festspielen zu arbeiten. Für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dagegen ist Bayreuth purer Urlaub - sie ist mit ihrem Mann zwar vielfotografierter Premierengast, später aber auch noch bei anderen Aufführungen ganz ohne Blitzlichtgewitter anzutreffen.
V wie Venedig: Hier stirbt Wagner am 13. Februar 1883. Schon im September 1882 ist er in Venedig angekommen. Erstmals ist er 1858 in die Stadt gereist.
W wie Wagner-Verband: Der älteste noch bestehende findet sich in Wien und wurde 1872 gegründet.
X wie Xylophon: Bei Wagner im Orchester nicht vorgesehen.
Y wie YouTube: Beim Videoportal liefert der Suchbegriff „Richard Wagner“ rund 93.000 Treffer. Beliebteste „Hits“ sind demnach der Walkürenritt, Siegfrieds Trauermarsch und das „Lohengrin“-Vorspiel. Den Brautchor aus „Lohengrin“ muss man allerdings oft als Keyboardversion ertragen.
Z wie Zürich: Nach dem Dresdner Mai-Aufstand flieht Wagner dorthin und schreibt wichtige theoretische Schriften. Wegen der Wesendonck-Verwicklungen muss er wegziehen, kommt später aber wieder in die Schweiz. Ab 1866 findet er Asyl nahe Luzern, wo er bis zum Umzug nach Bayreuth bleibt.
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