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Flüchtlinge auf Lampedusa rebellieren

Nach der Flüchtlingstragödie vor der Insel Lampedusa hat die in dem Fall ermittelnde Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Agrigent einen mutmaßlichen Schlepper verhaftet. Dabei handelt es sich um einen 35-jährigen Tunesier aus Sfax, der bereits vergangene Woche vorübergehend festgenommen worden war. Ihm werden fahrlässige Tötung und Begünstigung der illegalen Einwanderung vorgeworfen.

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Bisher hatte sich der Verdächtige noch im Flüchtlingslager auf Lampedusa befunden. Von den Migranten wurde er an Bord des Schiffes „der Weiße“ genannt, weil er die einzige nicht dunkelhäutige Person im später gesunkenen Boot mit Flüchtlingen aus Eritrea und Somalia war. Der Tunesier beteuert seine Schuldlosigkeit.

Suche aus der Luft nach weiteren Leichen

Unterdessen wurde die Suchaktion nach weiteren Leichen im Wrack des vor Lampedusa gekenterten Flüchtlingsbootes trotz der schlechten Wetterlage fortgesetzt. Starker Schirokkowind machte den Tauchmannschaften zu schaffen. Flugzeuge und Hubschrauber überflogen das Meer auf der Suche nach Leichen.

Am Dienstag wurden weitere Leichen geborgen. Damit stieg die offizielle Zahl der Todesopfer auf 274. Dutzende Leichen könnten sich noch im Schiffswrack in mehr als 40 Meter Tiefe befinden. Befürchtet wird, dass die Zahl der Toten sogar auf 300 steigen könnte. Nach Angaben von Überlebenden befanden sich 545 Personen an Bord, 155 Menschen konnten gerettet werden.

An Bord des Flüchtlingsbootes soll es zu einem Benzinleck und dadurch zu einem großen Brand gekommen sein, als einige Migranten Decken in Flammen setzten, um die Aufmerksamkeit vorbeifahrender Schiffe auf sich zu lenken, berichteten Überlebende, die sich im Auffanglager von Lampedusa befinden.

UNHCR: „Vollkommen inakzeptable“ Bedingungen

Am Dienstag demonstrierten Flüchtlinge auf der Mittelmeer-Insel gegen ihre Unterbringung in einem Auffanglager. Sie warfen Matratzen aus den Gebäuden und versuchten, Busse mit Neuankömmlingen auf dem Weg ins das überfüllte Lager aufzuhalten. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR teilte mit, die Lebensbedingungen in der Einrichtung seien „vollkommen inakzeptabel“.

Zurzeit halten sich über 800 Migranten auf Lampedusa auf. Nach einem Brand im Herbst 2011 ist das Auffanglager nur noch auf 250 Menschen ausgelegt. 90 Insassen wurden am Dienstag mit einer Fähre nach Sizilien gebracht. Dort sollen sie in Flüchtlingslagern aufgenommen werden.

Hunderte Flüchtlinge in Sizilien eingetroffen

Ein Ende der Flüchtlingswelle vor Italiens Südküste war unterdessen nicht abzusehen. In der Nacht auf Dienstag retteten zwei Frachtschiffe mehrere hundert Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Ein Schiff unter panamaischer Flagge nahm von einem in Not geratenen Boot etwa 100 Kilometer vor Sizilien 263 Menschen auf und brachte sie zu der Insel. Die Flüchtlinge identifizierten sich als Syrer und Palästinenser.

Ein Frachter aus Dänemark brachte weitere 141 Menschen nach Sizilien, die nach eigenen Angaben ebenfalls aus Syrien kamen. Bereits am Montag hatten ein französisches und ein niederländisches Schiff 200 Menschen von einem Flüchtlingsboot nach Sizilien gebracht. Die 29 Menschen an Bord des französischen Schiffes bezeichneten sich ebenfalls als Syrer. Die UNO erwartet im kommenden Jahr weitere Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland. Nochmals zwei Millionen Syrer würden voraussichtlich ihr Heimatland verlassen, 2,25 Millionen würden zudem innerhalb Syriens auf der Flucht sein, hieß es in einem UNO-Bericht, der am Montag publik wurde.

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