Das Leben eines Besessenen
Der britische Künstler Lucian Freud gilt als einer der bekanntesten Künstler Großbritanniens - nicht zuletzt wegen seiner plastischen Aktmalereien. Er verstarb 2011 im Alter von 88 Jahren in seinem Haus in London.
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Für eine nackte Kate Moss und die bekleidete Queen ließ Lucian Freud seine Prinzipien fallen - der Maler machte eine Ausnahme und porträtierte die beiden. Doch eigentlich malte er lieber „echte Menschen“ statt professioneller Posenhalter. Und so saßen ihm vor allem die eigenen Ehefrauen, Geliebten, Kinder und Freunde - meist nackt - Modell, selbst wenn das Resultat oft wenig schmeichelhaft war.
Flucht von Berlin nach London
Freud wurde 1922 als Sohn eines jüdischen Architekten, dem jüngsten Sohn von Sigmund Freud, in Berlin geboren und flüchtete 1933 mit seiner Familie vor Hitler nach England. Bereits mit 14 Jahren besuchte er die Londoner Central School of Art. In der Kunstszene fiel er zunächst als Zeichner auf. Seine Porträts ließen Einflüsse der Neuen Sachlichkeit und die Auseinandersetzung mit dem Surrealismus erkennen. Sein Schaffen beeinflusste vor allem der Künstler und Freund Francis Bacon (1909-1992), den er auch porträtierte - das Ölgemälde „Porträt von Francis Bacon“ wurde allerdings in Berlin gestohlen.
Seit Jahrzehnten widmet sich Freud Körpern mit drastischem Realismus. „Ich wünsche mir“, bekundete er einmal, „dass meine Porträts sozusagen die Leute selbst sind, nicht nur deren äußere Erscheinung.“ Auch Tiere, vor allem Hunde, tauchen immer wieder in seinen Bildern auf.
Queen-Porträt spaltete die Nation
Seine Modelle mussten stets viel Zeit und Geduld aufbringen, denn Freud war für seine Langsamkeit berühmt. Für ein Porträt musste sein Malerkollege David Hockney ganze 120 Stunden ausharren. Kate Moss, die den Künstler letztlich überzeugen konnte, sie für „Naked Portrait“ (2002) schwanger abzubilden, fand den Mann dennoch „sehr cool“. Und Königin Elizabeth II. führte während der stundenlangen Sitzung angeblich anregende Gespräche mit ihm. Was allerdings auch nichts daran änderte, dass das Gemälde, auf dem die Monarchin fast wie ein Mann aussieht, die britische Öffentlichkeit spaltete.

APA/EPA/Centre Pompidou
Freud arbeitet mehrere Stunden am Tag.
„Er lebte und atmete seine Kunst“
Außerhalb der Avantgarde empfanden Freud manche als Rebell, andere sahen in ihm nichts anderes als einen Pornografen. Das Privatleben des öffentlichkeitsscheuen Malers soll nicht minder spektakulär gewesen sein: Von zahlreichen unehelichen Kindern ist die Rede. Seine zweite Ehe mit Caroline Blackwood, aus der auch zwei Kinder stammen, endete bereits 1957.
Freud malte bis vor wenigen Jahren jeden Tag viele Stunden. „Er lebte und atmete seine Kunst“, sagte Brett Grovy, Leiter des Auktionshauses Christie’s. „Für jemanden, der so erfolgreich war, war er unglaublich diszipliniert in seiner künstlerischen Arbeit, mit drei Sitzungen am Tag und manchmal auch in der Nacht.“ Er sei sich seiner Sterblichkeit immer bewusst gewesen, so Grovey, „und er wusste, seine Zeit ist sehr, sehr wertvoll.“
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