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Regulator kritisiert Anbieter

Die heimischen Stromversorger könnten den Haushaltskunden die Elektrizität trotz der jüngsten Preissenkungen in mehreren Bundesländern noch billiger geben, sagt die Energieregulierungsbehörde E-Control. Einzelne Anbieter, etwa in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien, würden Bruttomargen von mehr als 40 Prozent erzielen.

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Bundesweit könnte man den privaten Kleinkunden zusammen 170 bis 190 Mio. Euro Ersparnis zukommen lassen, pro Haushalt im Schnitt 40 Euro pro Jahr, sagte E-Control-Vorstand Walter Boltz am Donnerstag vor Journalisten.

Verbilligungen meist „mickrig“

Drei, vier Prozent Verbilligung auf die Energiekomponente, wie sie etwa bei Wien Energie und EVN per 1. Oktober erfolgt sind, seien „doch zu mickrig“, meinte Boltz. Die EnergieAllianz Austria hatte die Preise für Gas und Strom für Haushalts- und Gewerbekunden um durchschnittlich 3,6 Prozent gesenkt – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Eine Ermäßigung in Höhe von zehn Prozent, wie sie der Verbund per 1. September vollzog, sei „zumindest einmal ein ordentlicher Schritt“. Derzeit könnten die Energieversorger an der Börse Strom um 45,50 Euro pro Megawattstunde (MWh) einkaufen, würden Elektrizität an Haushalte aber zu Preisen von bis zu 87,50 Euro/MWh verkaufen. Daraus resultiere ein Bruttomargenanteil von über 40 Prozent.

Margen verdoppelt

Vor zwei, drei Jahren hätten die Margen im Haushaltssektor generell nur 20 bis 25 Prozent betragen, jetzt fast das Doppelte. „Wir halten das für unangemessen, da die Energierversorgungsunternehmen in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten mit 70 Prozent Anteil der Marktführer sind“, sagte Boltz bei der Präsentation des jüngsten Marktberichts zu Strom und Gas.

Er hält bei großen Versorgern Margen um die zehn Prozent und bei kleinen Anbietern von 20 bis 25 Prozent für richtig, im Schnitt seien sie aber doppelt so hoch. Die Großhandelspreise bei Strom dürften „locker auch die nächsten fünf Jahre noch niedrig bleiben“, schätzt der E-Control-Vorstand.

Lob für VKI-Aktion

Die Strom-Einkaufsgemeinschaft-Aktion des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), der Zigtausende Kunden für einen gemeinsamen und damit billigeren Energiebezug sammeln will, begrüßt und unterstützt die E-Control laut Boltz ausdrücklich. Derzeit stehe die Aktion, die als künftiger neuer „Großkunde“ auf entsprechende Preisnachlässe hofft, bereits bei etwa 40.000 Interessenten – mehr dazu in help.ORF.at .

Genaue Margen erst nach VwGH-Entscheidung

Derzeit beruhen die Margenberechnungen der E-Control - bei denen die Energie AG OÖ mit 48 Prozent brutto, d. h. 88 Mio. Euro Surplus pro Jahr allein bei den Haushaltskunden, an der Spitze steht - lediglich auf Modellszenarien zu den Beschaffungsstrategien. „Dabei unterschätzen wir aber eher die Einkaufskosten, als dass wir sie überschätzen“, sagte Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft der E-Control.

Detailliert etwaige Marktmachtmissbräuche feststellen können wird die E-Control nach eigener Einschätzung erst 2014, drei Jahre später als geplant. Denn erst für die nächsten Monate erwartet man dazu eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), dann werde es noch drei, vier Monate dauern, bis die heimischen Versorger erneut befragt werden können, sagte Boltz.

Anbieterwechsel bald online möglich

Ein erster Versuch, an die internen Kalkulationen bzw. die Einstandspreise heranzukommen, scheiterte an Einsprüchen der Unternehmen, obwohl dem Regulator, wie Boltz betont, diese Kompetenz laut EU-Verordnung zustehe. In Deutschland enden laut Mayer 90 Prozent solcher Wettbewerbsverfahren mit „freiwilligen“ Zugeständnissen der Versorger, etwa Gelder an die Kunden zu retournieren. Insgesamt funktioniere der Wettbewerb aber nicht gut, sonst gäbe es nicht so hohe durchschnittliche Margen. In Kürze wird ein Anbieterwechsel noch einfacher, demnächst soll er auch online möglich sein.

Mehr Wettbewerb bei Erdgas

Bei Erdgas funktioniert der Wettbewerb in Österreich nach Einschätzung des Regulierers E-Control besser als bei Strom, dennoch sieht man auch hier noch Potenzial für Preissenkungen. Bewegung in den Markt ist vor allem durch neue ausländische Gasanbieter gekommen, das sei eine gute Entwicklung, die sich auch in höheren Anbieterwechselraten als bei Strom äußere, so Boltz: „Die Gasversorger treten auf dem Markt aggressiver auf als die Stromversorger.“

Die höchste Bruttomarge bei Gas hat laut E-Control die Salzburg AG mit rund zehn Euro pro MWh noch ohne Berücksichtigung der für 1. Jänner 2014 angekündigten Preissenkung. Das sei viermal so viel wie bei der Tiroler TIGAS. Im Schnitt machen die Bruttomargen der Versorger bei Gas jedoch mit zwei bis zwölf Euro/MWh nur ein Drittel der Strommarge aus.

Da ein Durchschnittshaushalt mit 15.000 kWh pro Jahr wesentlich mehr Gas als Strom verbraucht, liegt die Bruttomarge mit rund 150 Euro pro Kunde und Jahr bei der Salzburg AG ebenso hoch wie bei den teuersten Anbietern im Strombereich, die niedrigste Marge der lokalen Versorger liegt laut E-Control bei rund 38 Euro pro Haushaltskunde (bei der TIGAS).

Versorger verschicken irreführende Briefe

Vielen Energieversorgern mache zu schaffen, dass sie noch auf teuren Langfristgasverträgen festsitzen. Unternehmen, die ihr Gas zu den derzeit günstigen Börsenpreisen einkaufen, hätten dagegen Vorteile, so Boltz. Die langfristigen ölpreisgebundenen Verträge, von denen die Abnehmer ohnedies schrittweise wegkommen wollen, hätten sich als problematisch erwiesen.

Von Briefen, die Kunden verunsichern und Konkurrenten verunglimpfen, wie sie die niederösterreichische EVN kürzlich verschickt hat, hält Boltz nichts. Es entspreche nämlich nicht den Tatsachen, dass ausländische Gasanbieter die heimischen Versorgungsstandards ignorieren könnten.

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