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„Gestern war ein sehr fordernder Tag“

Nach dem Blutbad in Niederösterreich mit drei getöteten Polizisten und einem erschossenen Sanitäter wird der Polizeieinsatz nun evaluiert, kündigte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, am Mittwoch an. Man habe die Gefährlichkeit des Täters nicht unterschätzt, wies Kogler namens des Innenministeriums entsprechende Vorwürfe zurück.

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Da in der Gegend bereits ein Mordversuch auf einen Jäger verübt worden war, sei gleich zu Beginn der Polizeiaktion auf das Einsatzkommando Cobra zurückgegriffen worden, so Kogler. „Es hat sich gezeigt, dass diese Einschätzung richtig war.“ Ob der Mordversuch im Jahr 2011 von dem gesuchten Hirsch-Wilderer verübt wurde - und ob es sich dabei um den Täter von Großpriel handelt, müsse noch geklärt werden, unter anderem durch ballistische Untersuchungen.

„Kein typisches Täterverhalten“

Der Verdächtige habe jedenfalls laut Kogler kein typisches Täterverhalten gezeigt, indem er sich nach dem ersten Angriff nicht vom Tatort entfernt habe. Mehrere Polizisten hatten sich um ihren bei einer Straßensperre getroffenen Kollegen gekümmert und Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Der Polizist sei aus dem Gefahrenbereich hinter ein Fahrzeug gebracht worden, und auch das angeforderte Rettungsauto hätte als Barriere dienen sollen.

Doch bereits beim Zufahren der Ambulanz, die eindeutig als Sanitätsfahrzeug zu erkennen war, sei ganz gezielt auf Höhe des Fahrers durch das Fenster geschossen worden, so Kogler. Das Projektil traf den 70-jährigen Sanitäter tödlich. Ein weiterer dabei verletzter Polizist konnte laut Angaben der Exekutive vom Mittwoch aus dem Spital entlassen werden, wird nach den Erfahrungen jedoch psychologisch betreut.

„Einmalig in der Zweiten Republik“

„Gestern war ein sehr fordernder Tag - es ist einmalig in der Zweiten Republik, dass an einem Tag drei Polizisten und ein Sanitäter getötet wurden“, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Das weitere Vorgehen sei sehr professionell erfolgt, vom Versorgen der Verletzten über die Peilung bis hin zur Hausdurchsuchung. Mit viel Augenmaß seien immer die nächsten Schritte gesetzt worden, auch um mögliche Geiseln nicht zu gefährden.

„Es hat sich gezeigt, wie professionell die Polizei und das Einsatzkommando Cobra arbeiten“, meinte Kogler. Nun werden die kriminalpolizeilichen Erhebungen durchgeführt, bevor der Fall an die Staatsanwaltschaft geht. Parallel wird das Evaluierungsverfahren gestartet, und daraus werden dann entsprechende Schlüsse gezogen, betonte Kogler. Dabei geht es nicht nur um etwaige Fehler, sondern auch darum, was trotz der tragischen Ereignisse besonders gut gelaufen ist. Das wolle man mitnehmen und in die Ausbildung einfließen lassen.

Angebot für psychologische Hilfe an Angehörige

Bei den am Dienstag getöteten Polizisten handelt es sich um zwei Gruppeninspektoren im Alter von 44 und 51 Jahren aus dem Bezirk Scheibbs und einen 38 Jahre alte Angehörigen des Einsatzkommandos Cobra. Alle drei hatten Familie. Ihnen wird vom Innenministerium Hilfe angeboten: Der psychologische Dienst des Innenministeriums stehe den Hinterbliebenen auf deren Wunsch hin zur Verfügung oder werde sich um die Vermittlung zu externen Psychologen kümmern, sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Mittwoch.

Die finanzielle Unterstützung in derartigen Fällen ist durch das sogenannte Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz geregelt. Dieses sieht als Entschädigung für entgangenen Unterhalt eine einmalige Zahlung des Bundes in der Höhe von 109.000 Euro vor, unabhängig von der Zahl der Familienmitglieder. Als Hinterbliebene gelten Ehepartner, eingetragene Partner und Kinder, für die der „Wachebedienstete“ zu sorgen hatte.

Mikl-Leitner besucht Einsatzkräfte

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) besuchte angesichts der dramatischen Ereignisse in Niederösterreich am Mittwoch unter anderem die Einsatzkräfte in Lilienfeld und Scheibbs, die Kollegen in der Zentrale St. Pölten und das Cobra-Hauptquartier in Wiener Neustadt. Auch traf sie Angehörige der Opfer. Die Ministerin sagte, sie sei „über den Tod der Polizisten und des Rettungssanitäters zutiefst erschüttert“, und sprach ihr „aufrichtiges Mitgefühl“ aus.

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