Zustimmung der Republikaner ungewiss
US-Präsident Barack Obama hat den Kongress offiziell um die Billigung eines Militärangriffs gegen Syrien gebeten. Das Weiße Haus übermittelte den Spitzen von Senat und Repräsentantenhaus am Samstagabend (Ortszeit) einen Resolutionsentwurf.
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Darin wird der Präsident zu einem „angemessenen“ Einsatz des US-Militärs in Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Giftgasangriff durch die syrische Führung ermächtigt. Der Kongress soll in der Woche ab dem 9. September darüber abstimmen.
Resolutionsentwurf nennt Ziele eines Angriffs
Als Ziel wird in dem Text bezeichnet, in Syrien „Einsatz und Verbreitung“ von Massenvernichtungswaffen zu verhindern und die USA und ihre Verbündeten gegen die Gefahren dieser Waffen zu schützen. Weiter heißt es, dass die Unterstützung durch den Kongress für ein militärisches Vorgehen „ein klares Signal der amerikanischen Entschlossenheit“ senden würde.
Der „abscheuliche“ Einsatz von Chemiewaffen gegen „unschuldige Syrer“ sei eine „Verletzung internationaler Normen“ und eine „Bedrohung für Frieden und Sicherheit“ in der Welt. Zugleich heißt es, der Konflikt in Syrien könne nur durch eine „politische Verhandlungslösung“ beendet werden.
„Bereit, den Befehl zu geben“
Obama hatte zuvor zu allgemeiner Überraschung erklärt, einen Syrien-Einsatz von der Zustimmung des Kongresses abhängig machen zu wollen. Nach seiner Meinung sollte es zwar zu einem Schlag gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad kommen, aber die USA seien ein stärkeres Land, wenn die Entscheidung dafür durch das amerikanische Volk gestützt werde. „Ich bin bereit, den Befehl zu geben“, sagte Obama am Samstag im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington.

APA/EPA/Michael Reynolds
Obama überraschte mit einem unerwarteten Schritt
Obama betonte, die USA müssten sich über die Kosten im Klaren sein, die durch ein Nichthandeln entstünden, so Obama. Denn es stellt sich die Frage, so Obama, welche Folgen es hätte, wenn die USA ein Regime nicht zur Rechenschaft ziehen würden, das mit Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung vorgeht. Die USA könnten und dürften die Ereignisse in Damaskus, wo tausend Menschen getötet worden seien - „darunter Hunderte Buben und Mädchen“ -, nicht ignorieren. Obama sagte: „Ich wurde nicht gewählt, um schwere Entscheidungen zu vermeiden.“ Einmal mehr betonte er, dass ein möglicher Angriff begrenzt sein werde.
Öffentlichkeit generell skeptisch
Nach den Kriegen im Irak und in Afghanistan ist die US-Bevölkerung Militäreinsätzen in entfernten Weltgegenden überdrüssig, für einen Angriff gegen Syrien gibt es in Umfragen keine Mehrheit. Mit einem Votum im Kongress kann Obama einen Teil der Verantwortung abwälzen.
Abstimmung ab 9. September
Beide Kongresskammern befinden sich derzeit in der Sommerpause. Obama dürfte auf die Zustimmung im Senat zählen können, wo seine Demokraten die Mehrheit haben. Dagegen gilt eine Unterstützung durch das von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus als keineswegs sicher. Das Repräsentantenhaus werde sich erst nach der planmäßigen Rückkehr der Abgeordneten am 9. September mit dem Syrien-Einsatz befassen, teilte der republikanische Vorsitzende John Boehner mit.
Der Senat plant dagegen ein vorzeitiges Ende der Sommerpause. „Der Senat wird sich unverzüglich in diese entscheidende Debatte einbringen, beginnend mit öffentlichen Anhörungen und Besprechungen in der kommenden Woche“, teilte der demokratische Mehrheitsführer der Kongresskammer, Harry Reid, mit. Spätestens in der Woche ab dem 9. September werde der Senat dann über die Resolution zu einer Militäraktion abstimmen, meinte auch Reid.
Warten auf UNO-Ergebnisse?
Unklar ist, ob bis dahin die Laborergebnisse der Proben, die die UNO-Kontrolleure in Syrien nahmen, vorliegen. Der Bericht soll in spätestens drei Wochen fertig sein, kündigten die Vereinten Nationen (UNO) am Samstag an. Ebenfalls am Samstag wurden mehrere Kongressabgeordnete vom Weißen Haus über die Lage in Syrien und die Regierungspläne informiert. In Großbritannien hatte das Parlament vor wenigen Tagen mehrheitlich gegen eine britische Teilnahme an einem Militärschlag gestimmt.

Reuters/Mohamed Abdullah
UNO-Inspektoren suchten nach Indizien für den Einsatz von Kampfstoffen
Enttäuschung und Freude in Syrien
Die syrische Opposition hat sich unterdessen „enttäuscht“ über die Entscheidung Obamas gezeigt, vor einem möglichen Militärschlag zunächst den Kongress zu konsultieren. Er gehe aber davon aus, dass die Abgeordneten einem Angriff auf die Truppen von Staatschef Assad zustimmten, sagte Samir Naschar, ranghoher Vertreter der Nationalen Syrischen Koalition, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Die Opposition habe allerdings mit einem „unmittelbaren und sofortigen“ Militärschlag gerechnet.
Syrische Staatsmedien haben die Entscheidung Obamas indes als „historischen Rückzieher“ gefeiert. „Obama hat gestern direkt oder durch Implikation den Beginn des historischen amerikanischen Rückziehers verkündet“, hieß es am Sonntag in einem Kommentar auf der Titelseite der amtlichen Tageszeitung „Al-Thaura“.
Israel weiter in Alarmbereitschaft
Die erhöhte Alarmbereitschaft in Israel dauert ungeachtet der Obama-Ansprache an. Im ganzen Land seien verschiedene Raketenabwehrsysteme aufgestellt und einsatzbereit, meldete der israelische Rundfunk am Sonntag. Zum Schutz des Großraums Tel Aviv mit mehr als drei Millionen Einwohnern steht ein Abwehrsystem des Typs Eisenkuppel bereit. Die Verteilung von ABC-Schutzmasken an besorgte Bürger ging auch am Sonntag weiter.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Sonntag: „Israel ist ruhig und vertraut auf sich selbst.“ Die Bürger des Landes wüssten, „dass wir auf jedes Szenario eingestellt sind“, sagte er. „Unsere Feinde haben sehr gute Gründe, unsere Stärke nicht zu testen, und sie wissen, warum.“ Israel schließt nicht aus, dass es während eines US-Angriffs auf Syrien von dort aus unter Raketenbeschuss geraten könnte, hält das aber für sehr unwahrscheinlich.
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