Themenüberblick

„Geradezu zynisch“

Sucht ein Flüchtling um Asyl in Österreich an, dann ist der Asylgerichtshof die höchste rechtliche Instanz, die über Bleiben oder Ausweisung entscheidet. Die Richter entschieden über Existenzielles, erinnerte der „Standard“ (Donnerstags-Ausgabe) mit Verweis auf Negativbeispiele zu Richtersprüchen der Außenstelle des Asylgerichts in Linz.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Zeitung berichtete über zynische und problematische Formulierungen bei der Ablehnung von Asylanträgen und berief sich dabei auf einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), der der Zeitung vorliege und in dem ein Beschluss des Linzer Asylgerichts teilaufgehoben worden sei. Die Erwägungen eines Linzer Zweirichtersenats, unter anderem zuständig für Armenien-Fälle, seien, zitiert der „Standard“ den VfGH-Entscheid, „in nicht hinzunehmender Weise unsachlich und tendenziös“.

Religionsaussübung als „mangelnde Integration“

Der Asylsenat hatte nach der Asylablehnung zu prüfen, ob ein seit Dezember 2001 ununterbrochen in Österreich lebender Armenier durch eine Abschiebung in seinem Recht auf Privatleben eingeschränkt würde. Dass er seine Religion ausgeübt habe, wurde ihm als „Kriterium mangelnder Integration“ ausgelegt. „Der Besuch der armenischen Kirche zeugt nicht von Integration, zumal der einzige Unterschied darin besteht, dass sich die Kirche auf österreichischem Boden befindet", so die Richter in Linz. „In geradezu zynischer Weise“ habe man dem Mann „bescheinigt, dass sein Weggang aus Österreich keine Lücke hinterlassen würde“, beanstandete nun der VfGH.

Was-wäre-wenn-Frage

Für den Mann, der 2003 und 2004 wegen Schlepperei verurteilt wurde, danach aber keine Straftaten begangen habe, kamen die Richter zum Schluss, dass er „keine positive Zukunftsprognose“ habe. Sollte er arbeitslos werden oder sich scheiden lassen, sei „durchaus möglich und denkbar, dass er seine Kontakte zu Schleppern wieder aktiviert“. Dazu hält der VfGH laut „Standard“ fest: „Es ist unerfindlich, aufgrund welcher Umstände der Asylgerichtshof meint, dass derartige Ereignisse eintreten werden.“

Derartig unpräzise Behauptungen und Zynismen in Erkenntnissen sollen bei den Linzer Asylrichtern immer wieder vorkommen, zitierte die Zeitung die Wiener Anwältin und Asylexpertin Nadja Lorenz. In Linz will man den Spruch der Verfassungsrichter zum „Gegenstand interner Beratungen“ machen.

Links: