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Moser ortet Etikettenschwindel

Mit der seit 9.Juli in Kraft getretenen gesetzlichen Obergrenze für Wahlkampfkosten soll den im Vorjahr aufgeflogenen Praktiken rund um undurchsichtige Parteifinanzen ein Riegel vorgeschoben werden. Allerdings werden bereits jetzt Zweifel an der Umsetzbarkeit der neuen Regelungen laut.

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So wird etwa vom Rechnungshof (RH) offen in Frage gestellt, wie die tatsächlich angefallenen Wahlkampfkosten überhaupt sinnvoll kontrolliert werden sollen. Dem Gesetzestext zufolge darf jede Partei bis zum Tag der Nationalratswahl, somit wohl dem 29. September, maximal sieben Millionen Euro ausgeben. Als Kontrollorgan fungiert der RH, doch laut dessen Präsident Josef Moser sei diese Kontrolle gar nicht möglich.

Um festzustellen, ob die Parteien ihre Wahlkampfkosten wahrheitsgetreu angeben, müsste der RH Detektivarbeit leisten, so Moser im Ö1-Mittagsjournal. Geklärt werden müsste beispielsweise, wie lange vor und nach dem Stichtag 9. Juli bereits gehängte Plakate zu sehen sind und welcher Anteil der Rechnung damit der Kontrolle unterliegt - mehr dazu in oe1.ORF.at.

„Reicht bei weitem nicht aus“

Dazu komme, dass sich der RH auf das verlassen müsse, was ihm die Parteien vorlegen, und das reiche „bei weitem nicht aus“. Kritisiert wird von Moser zudem, dass die Rechenschaftsberichte erst bis September 2014 und somit rund ein Jahr nach der Wahl vorgelegt werden müssen. Dann noch konkrete Anhaltspunkte zu finden, ob die Angaben richtig bzw. unvollständig sind, sei „nahezu ausgeschlossen“. Bei der Kontrolle stehe dann zwar Rechnungshof drauf, „aber es ist nicht Rechnungshof drinnen“, so Moser, der in diesem Zusammenhang von „Etikettenschwindel“ spricht.

Experte ortet Gesetzeslücke

Ob die dem RH gemeldeten Wahlkampfkosten der Wahrheit entsprechen, sei jedenfalls alles andere als garantiert, zeigt sich gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal auch der auf Parteifinanzen spezialisierte Politikwissenschaftler Hubert Sickinger überzeugt. Grund dafür sei unter anderem eine von Sickinger geortete und noch auf juristischem Weg zu klärende Gesetzeslücke, da die Wahlkampfkostendeckelung nur Parteien und Politiker, nicht aber Personenkomitees umfasst.

Diese gehören offiziell zu keiner Partei, dienen aber, wie etwa das Beispiel Wehrpflichtvolksbefragung zeigt, erfahrungsgemäß der Linie einer Partei. Zwar könne man auf Basis der Gesetzeslage argumentierten, dass das eben nicht unter die Wahlkampfkostenbeschränkung falle. „Man kann andererseits sich die Realität in Österreich anschauen und sieht dann, dass derartige Komitees in keiner Weise unabhängig von der Wahlkampflinie der Parteien sind, sich auf das Allerengste koordinieren, üblicherweise mit den Wahlkampfmanagern der Parteien“, so Sickinger weiter.

Ausnahmen und Fallstricke

Bereits Anfang Juni wurde zudem von Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen gegenüber dem Ö1-Morgenjournal auf den beriets begonnenen Wahlkampf verwiesen. Abseits von strategischen wurden hinter dem frühen Start auch finanzielle Hintergründe nicht ausgeschlossen, da die Wahlkampfkostenbeschränkung zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft war - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Allerdings würden etwa Umfragen gar nicht in die Kostenbeschränkung fallen, zusätzliches Personal müsse ebenfalls nicht dazugerechnet werden, sofern dieses ständig bei den Parteien beschäftigt ist. Ausgeklammert sind zudem Ausgaben von den Parteien nahestehenden Organisationen.

Weiters können laut Zögernitz mit dem neu eingeführten Persönlichkeitswahlrecht die einzelnen Kandidaten auch für sich selbst werben, was sich allerdings erst ab einen bestimmten Betrag, nämlich 15.000 Euro, auf den Wahlkampfkostendeckel schlage.

Empfindliche Geldbußen vorgesehen

Die Wahlkampfkostenbeschränkung wurde bereits im Vorjahr beschlossen und dürfte mit Blick auf den Nationalratswahlkampf 2008 vor allem die amtierenden Regierungsparteien betreffen. Zwar legten die Parteien bei ihren offiziellen Angaben über ihre Wahlkampfbudgets bisher stets einen Hang zum Tiefstapeln an den Tag, in den jährlichen Rechenschaftsberichten müssen sie indes ihre Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit nachträglich offenlegen.

Und laut dem 2009 veröffentlichten Rechenschaftsbericht hatte die SPÖ im Wahljahr 2008 zehn Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgeben, die ÖVP sogar 12,4 Mio. FPÖ (4,3 Mio.), BZÖ (3,3 Mio.) und Grüne (drei Mio.) lagen mit ihren Angaben weit unter der nun gültigen Sieben-Millionen-Grenze.

Wer sich nicht an diese im Rahmen des Transparenzpakets beschlossene Vorgabe hält, muss mit einer Geldbuße rechnen. Diese ist je nach Überschreitung der Grenze gestaffelt: Wer bis zu 25 Prozent mehr ausgibt, muss von diesem Überschreitungsbetrag zehn Prozent bezahlen. Für darüber hinaus gehende Überschreitungen beträgt die Buße laut Parteiengesetz bis zu 20 Prozent.

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