„Trägt nicht alleine die Verantwortung“
Fünf Mitangeklagte von Francesco Schettino, dem Kapitän des havarierten Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“, sind am Samstag zu Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten sich zuvor mit dem Gericht auf mildere Strafen geeinigt. Damit bleibt Schettino als Einziger auf der Anklagebank übrig. Ein Vergleich wurde ihm bisher verwehrt.
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Ein Gericht in Grosseto in der Toskana verhängte italienischen Medienberichten zufolge gegen einen Reedereivertreter und vier Besatzungsmitglieder Gefängnisstrafen zwischen eineinhalb Jahren sowie zwei Jahren und zehn Monaten. Die „Costa Concordia“ hatte im Jänner vergangenen Jahres einen Felsen gerammt und war gekentert. 32 Menschen starben.
34 Monate für Krisenmanager
Mit der höchsten Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten wurde der Krisenmanager der Reederei Costa Crociere, Roberto Ferrarini, belegt. Er war als Einziger der fünf Verurteilten nicht auf dem Schiff gewesen. Der Verantwortliche für das Schiffshotel, Manrico Giampedroni, muss nach dem Urteil zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Ein Steuermann und zwei Schiffsoffiziere wurden mit Haftstrafen zwischen einem Jahr und sechs Monaten sowie einem Jahr und elf Monaten belegt.

APA/AP/Andrew Medichini
Kapitän Schettino bleibt der einzige Angeklagte
Opferanwälte enttäuscht
Justizkreisen zufolge wird aber wohl keiner der Verurteilten tatsächlich ins Gefängnis kommen: Kürzere Strafen könnten ausgesetzt werden, bei den längeren dürfte es Revisionsverfahren geben. Die Angeklagten hatten zuvor zumindest eine Teilschuld an dem Unglück anerkannt, um ihre Strafe zu mildern. Auch Schettino hatte dem Gericht einen Vergleich angeboten. Auch er will sich teilweise schuldig bekennen, wenn das Strafmaß auf drei Jahre und fünf Monate Haft begrenzt wird. Über den Antrag ist aber noch nicht entschieden.
Die Opferanwälte zeigten sich nach den ersten Urteilen enttäuscht. Mit Schettino verbleibe nun nur noch ein Angeklagter, sagte Daniele Bocciolini. Er trage aber nicht allein die Verantwortung. Ihm wird vorgeworfen, das Schiff zu nah an die Küste manövriert zu haben. Er muss sich wegen fahrlässiger Tötung und vorzeitigen Verlassens des Schiffes verantworten. Sollte er verurteilt werden, drohen ihm seinem Anwalt zufolge bis zu 20 Jahre Haft.
Crew über Manöver „erschrocken“?
Die „Costa Concordia“ hatte am Abend des 13. Jänner 2012 bei einem riskanten Manöver einen Felsen gerammt und war nur wenige Meter vor der zur Toskana gehörenden Insel Giglio leckgeschlagen. Laut Staatsanwaltschaft hatte Schettino ein als „Verneigung“ bezeichnetes Manöver durchgeführt, um einem befreundeten Mitarbeiter einen Gefallen zu machen, da dessen Angehörige auf der Insel lebten. Im laufenden Verfahren verteidigte der Kapitän sein Vorgehen: „Der Steuermann hat die Anweisungen begriffen, andere Offiziere auf der Kommandobrücke nicht, wahrscheinlich weil sie erschrocken waren. Wenn das Manöver nach meinen Anweisungen erfolgt wäre, hätten wir die Felsen vermieden“, versicherte Schettino.
Nach dem Leckschlagen verließ Schettino das havarierte Schiff und kehrte trotz mehrfacher Aufforderung der Hafenbehörden nicht an Bord zurück, während die meisten Passagiere noch versuchten, sich in Sicherheit zu bringen.
Prozess dauert noch Monate
Beim Verfahren gegen Schettino sind mehr als 400 Zeugen geladen, es gibt 250 Nebenkläger. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. In den USA steht derweil ein weiteres Verfahren mit Schadensersatzforderungen an die Costa-Crociere-Muttergesellschaft Carnival Corporation bevor. Es soll nach Angaben aus Justizkreisen am 23. Juli in Kalifornien beginnen.
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