Rihanna und die Roskilde-Gleichung
Rihanna und Roskilde? Können sich diese zwei Namen reimen? Noch dazu in einer Headliner-Gleichung, die beim heurigen Roskilde-Festival lautete: Rihanna + Metallica = Kraftwerk. Am vergangenen Freitag wollte die Frau aus Barbados jedenfalls vor gut 70.000 Fans auf der Orange-Stage bestehen. Schlabberlook statt Latex sollte helfen. Immerhin war es ja auch ganz schön kalt in „I love this fucking city, Denmark!“.
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In einer Hinsicht hatten die Macher von Roskilde ganz gut kalkuliert in diesem Jahr: Ihre Headliner sorgten nicht nur für Gesprächsstoff (und mitunter Kopfschütteln). An drei Abenden so ungleiche Publikumsmagneten wie Rihanna, Metallica und Kraftwerk antreten zu lassen, brachte maximale Zielgruppenabdeckung und zugleich die Frage mit ins Spiel, wie sich diese denn auf dem Gelände verstehen könnten. Nun, sie konnten, nicht nur, weil als Randtherapie Volbeat und Slipknot das Abregungsventil öffneten (und alle, die nach oder wegen Metallica weinen wollten, konnten das ohnedies im Arena-Zelt bei der Mitternachtsmette von Sigur Ros tun).

AP/Simon Fals
Gut verhüllt in Roskilde: Die Abende im dänischen Sommer können kalt sein
Zwischen Neugierde und Fantum
Rihanna brachte jedenfalls zwei Gruppen vor die orange Zeltbühne: Eingefleischtere Roskildianer, die eine Mischung aus Neugierde und Sado-Masochismus befriedigen wollten (sie waren wohl in der Gruppe jener, die dankbar für Rihannas halbstündige Verspätung zum mittelkräftigen Buhen ansetzten) - und dann war da die vorwiegend weibliche Gruppe um die zwanzig, für die Rihanna wohl Grund für die Zugfahrt an den Roskilde-Fjord war: Diese Afficionados sollten Rihanna mehr als dankbar durch einen Hitfeuerwerk-Abend tragen, der zwar dasselbe Musik-Package wie in Wien zu bieten hatte, dabei aber so tat, als wär es der letzte Gangsta-Hip-Hop, der da von der Bühne kroch.

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Viele Komplimente für das Publikum - aber kein radikaler Kleiderwechsel
Umziehpause ungenützt
„Poison“ stand auf dem Baseball-Shirt-Kleid, das Rihanna den ganzen Abend tragen sollte (und von dem sie gewissermaßen Roskilde-gemäß nur das Vorzelt abknöpfen ließ, auf dass es zum Gangsta-Minikleid werde). Gewandpausen, obwohl musikalisch von der Background-Konserve eingeplant, verstrichen demgemäß ungenutzt – es war immer das gleiche unumgezogene böse Mädchen Rihanna, das da wieder auf die eher minimalistisch gehaltene Roskilde-Bühne zurückkam und das sich einer Let-the-Music-Play-Nummer verschrieben hatte: Die ersten vier Stücke aus dem aktuellen Album waren freilich so einförmig, dass man den eingestreuten Gitarrensoli auch dankbar sein durfte für die zwischenzeitliche Auszeit vom Stampfbeat. Es war alles zum Mitsingen angerichtet, aber auch etwas ununterscheidbar.
Dafür zeigte sich das böse Rappermädchen zwischen den Nummern so überwältigt bis erstaunt von der riesigen Kulisse, dass der Griff in den Schritt Unterbrechungen kannte. Die Sängerin wollte dem Publikum Rosen streuen und sie tat es auf ihre Art: „I’ve never seen a fucking shit like this, this is fucking awsome, I fucking love you, you are fucking great.“ Bei “Um-bre-ella” waren nach so zart vorgetragenen Komplimenten schließlich alle zum Mitsingen aufgelegt.
Warten auf das Nachprogramm
Die Skeptiker campierten derweil in einer riesigen Schlange neben dem großen Publikumsgewusel und warteten, unterstützt von dänischem Bier, darauf, dass das Spektakel ein Ende haben möge: Als Nach(t)-Programm auf der Hauptbühne war Volbeat angesetzt. Und all jene, die hier für den Einlass in den Inner-Circle vor der Bühne anstanden, waren dann nicht so ganz auf die Zielgruppenüberschneidung erpicht.
Das wirklich Böse, es wurde ohnedies erst am nächsten Tag bei Metallica herausgelassen. Hier wurde deutlich, wer in Roskilde das eigentliche Heimspiel hatte. Insofern musste man Rihanna fast schon wieder recht geben: „Dänemark, diese Scheiße ist irre.“
Gerald Heidegger, ORF.at
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