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Maßnahmenpaket zu kurz gedacht?

Das im Zuge der Pleite des Baukonzerns Alpine von der Regierung am Freitag vorgestellte Konjunkturpaket wird von der Industriellenvereinigung (IV) scharf kritisiert. Doch auch Experten sehen die Ankurbelung der Wirtschaft durch das Maßnahmenpaket mit gemischen Gefühlen. Dafür komme es zu spät, so der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) Christian Keuschnigg.

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Die Schwerpunkte des knapp 1,6 Mrd. Euro schweren Maßnahmenbündels liegen auf der Anhebung der Wohnbauförderung der Länder sowie auf Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und der Pflege. Zusätzliches Geld soll es auch für die Hochwasserhilfe geben. Teils sind die Maßnahmen bereits bekannt bzw. werden schon beschlossene Maßnahmen vorgezogen.

IV fehlen strukturelle Schritte

Vor allem die IV kann dem am Dienstag per Ministerratsbeschluss eingeleiteten Konjunkturpaket der Regierung wenig abgewinnen. Die Interessenvertreter fordern viel mehr strukturelle Schritte, „die unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern und damit Arbeitsplätze nachhaltig erhalten“, sagte IV-Präsident Georg Kapsch in einer Aussendung am Dienstag.

Das Paket beinhalte zwar „zweifellos positive Maßnahmen“, etwa beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, nachhaltige strukturelle Impulse würden aber keine gesetzt, so die Kritik. Auch der ÖVP-Bauernbund zeigt sich nicht zufrieden.

„Steuer- und Abgabenquote muss runter“

„Nachhaltiges Wachstum erreicht man vor allem durch mehr Freiheit für unternehmerische Tätigkeit und strukturelle Schritte“, so Kapsch. „Vor allem die Steuer- und Abgabenquote sowie die Arbeitszusatzkosten müssen hinunter“, erneuerte er Forderungen der IV im Wahljahr. Konjunkturpakete sollten nur gesetzt werden, wenn eine Rezession herrsche und die Gesamtschuldenquote unter 70 Prozent liege. Zudem sei es hinterfragbar, warum wegen einer einzigen Firmenpleite ein Branchenpaket entwickelt werde, kritisierte Kapsch weiter.

Wenn es schon der sichtliche politische Wille sei, ein Konjunkturpaket zu schnüren, „wären jedenfalls nachhaltige Effekte und ganzheitliche Maßnahmen in den Mittelpunkt zu setzen“, zeigte sich der IV-Präsident überzeugt.

Bauernbund: Kein Verständnis

Ansonsten seltener einer Meinung mit der IV, hat auch der ÖVP-Bauernbund am Dienstag in einer Aussendung Kritik am Paket der Bundesregierung geübt. „Kein Verständnis“, äußerte Bauernbund-Vize Johannes Schmuckenschlager dafür, dass „276 Mio. Euro in den Wohnbau fließen sollen“. Die Gelder kommen aus den Erträgen der Frequenzversteigerung der Digitalen Dividende, „die für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum vorgesehen“ gewesen seien. Das habe Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) schließlich „noch im März zugesagt“.

Trotz des geschnürten Konjunkturpaketes sind 250 Mio. Euro aus dem Erlös der Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen im Herbst gesichert. Das verlautete nach der Kritik des Bauernbundes aus dem Infrastrukturministerium von Bures gegenüber der APA. „Diese Befürchtungen gehen ins Leere“, so eine Sprecherin von Bures.

IHS-Chef: Eigentlich zu spät

Der Chef des IHS, Keuschnigg, geht davon aus, dass nur ein kleiner Teil des Konjunkturpakets auch tatsächlich die derzeit schleppende Wirtschaft ankurbeln kann. „Wenn das aus Konjunkturgründen motiviert ist, kommt das eigentlich zu spät“, sagte Keuschnigg gegenüber der APA. Ausgabenprioritäten für Wohnbau und Kinderbetreuung sind aus seiner Sicht zwar legitim, dafür müsse es aber Einsparungen in anderen Bereichen geben, um den Sparkurs nicht zu gefährden.

Keuschnigg rechnet damit, dass der Großteil der nun angekündigten zusätzlichen Bauinvestitionen erst wirksam wird, wenn die Wirtschaft ohnehin wieder stärker wächst. „Alle gehen davon aus, dass im Lauf der zweiten Jahreshälfte die Konjunktur anzieht“, meint der IHS-Chef: „Von daher ist die Belebung 2014 (wenn der Großteil des Pakets schlagend wird, Anm.) nicht mehr prioritär.“

„Längerfristige Maßnahmen wirksamer“

Natürlich könne die Regierung mit den Investitionen in Wohnbau, Kinderbetreuungs- und Pflegeausbau neue Ausgabenprioritäten setzen, sagte Keuschnigg. Allerdings müsse die Regierung dann auch dazusagen, wo sie im Gegenzug einsparen möchte, um den Sparkurs nicht zu gefährden. „Man kann das legitimerweise machen, aber es darf nicht zu Mehrausgaben führen. Da muss man benennen, wo und wann man weniger ausgibt“, betonte der IHS-Chef: „Das Ganze muss damit vereinbar sein, dass man den Schuldenstand langsam zurückführt.“

Um die „Krisenrobustheit“ der Wirtschaft zu stärken, hält Keuschnigg längerfristige Maßnahmen für wichtiger. Etwa dass man den Unternehmen ermöglicht, in wirtschaftlich guten Zeiten Überstunden anzusparen, die in schlechten Zeiten abgebaut werden. So könne ein Unternehmen eine Krise durchtauchen, ohne Personal abzubauen. Unterstützt werden sollten laut Keuschnigg auch Innovation und Eigenkapitalaufbau der Betriebe.

WIFO: Nur begrenzt wirksam

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) bewertet das von der Regierung beschlossene Konjunkturpaket grundsätzlich positiv. Für eine kleine offene Volkswirtschaft wie Österreich seien nationale Konjunkturprogramme zwar nur „begrenzt wirksam“, sagte WIFO-Ökonom Marcus Scheiblecker am Dienstag. Die beschlossenen Schritte seien „unter den herrschenden Budgetrestriktionen“ aber „positiv zu beurteilen“. Wichtig sei nun eine rasche Umsetzung der Maßnahmen.

Scheiblecker verweist gegenüber der APA darauf, dass Investitionen in die Bauwirtschaft zur Konjunkturbelebung zwar an sich „ideal“ seien, weil wenig Mittelabfluss ins Ausland drohe. Arbeitskräfte, Beton und Stahl gebe es ja auch in Österreich, „da muss wenig importiert werden“. Allerdings hätten Bauinvestitionen auch eine gewisse Vorlaufzeit. Sollte die Regierung mit den nun beschlossenen Mehrausgaben die derzeit schwache Konjunktur ankurbeln wollen, dann müsse die Umsetzung daher „sehr schnell gehen“.

„Öffentliche Bauinvestitionen vorziehen“

Das könnte laut Scheiblecker aber dadurch begünstigt werden, dass bei den jüngsten Sparpaketen öffentliche Bauinvestitionen verschoben wurden. Möglicherweise könne man diese Projekte jetzt wieder vorziehen, so der WIFO-Experte. Nicht so rasch gehen wird aus seiner Sicht zwar die Ankurbelung des sozialen Wohnbaus. Diese Maßnahme sei aber wegen des starken Bevölkerungswachstums in den Ballungsräumen ohnehin nötig. „Diese Investitionen kommen nächstes und übernächstes Jahr auch nicht zu spät“, betont Scheiblecker.

Auch die angekündigten Investitionen in die thermische Sanierung sowie in den Ausbau von Pflege und Kinderbetreuung bewertet Scheiblecker positiv. Die nun angekündigten Maßnahmen würden langfristigen Prioritäten Rechnung tragen und zu keinen strukturellen Verzerrungen führen. Scheiblecker verweist zwar darauf, dass die Sanierung des Staatshaushalts durch das Konjunkturpaket wohl nicht gefährdet werde. Dennoch drängt er die Regierung dazu, die Sanierung fortzusetzen und noch im Lauf dieses Jahres Vorschläge zu erarbeiten, wie die budgetären Belastungen durch das Konjunkturpaket ausgeglichen werden können.

Hilfspaket gar nicht nötig?

Kritisch sieht der Grazer Wirtschaftsexperte Michael Steiner das Paket: Er sieht keine große Notwendigkeit dafür, weil es der heimischen Wirtschaft ohnehin nicht so schlecht gehe. Er bezweifelt auch, dass das Budget dadurch nicht belastet wird - mehr dazu in oe1.ORF.at.

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