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Weitere Enthüllungen angekündigt

Die umstrittenen Überwachungsprogramme der US-Geheimdienste spielen nach Einschätzung des Chefs der National Security Agency (NSA) eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Terrorgefahren. „Dutzende“ Anschläge seien auf diese Weise in den USA und im Ausland vereitelt worden, sagte Keith Alexander bei einer Anhörung im Kongress in Washington.

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Als Beispiel für die Wirksamkeit der Überwachung nannte NSA-Chef Alexander einen verhinderten Anschlag auf das New Yorker U-Bahn-System im Jahr 2009. Erst durch die Auswertung von Internetdaten durch das „Prism“-Programm seien die Geheimdienste den Plänen auf die Spur gekommen. Die Überwachungsprogramme seien „strikten Richtlinien“ unterworfen und stünden unter „rigoroser Aufsicht“. „Wir operieren in einer Weise, die sicherstellt, dass wir das Vertrauen der amerikanischen Bevölkerung behalten.“

NSA-Chef Keith Alexander

APA/EPA/Michael Reynolds

NSA-Chef Alexander stand dem US-Kongress Rede und Antwort

Schutz der Privatsphäre „zutiefst verpflichtet“

Alexander sprach die Enthüllungen in seiner Stellungnahme vor Abgeordneten nicht konkret an. Allerdings war es sein erster Auftritt im Kongress, seit die vertraulichen Informationen an die Öffentlichkeit sickerten. Der NSA-Chef betonte laut dem zu Beginn der Anhörung verteilten Redetext, dass sich die Regierungsbehörden der Einhaltung des Rechts und dem Schutz der Privatsphäre „zutiefst verpflichtet“ fühlten. Wegen der geheimen Natur der Arbeit der NSA würden das aber nur wenige Menschen außerhalb der zuständigen Stellen in Regierung, Parlament und Justiz zur Kenntnis nehmen können.

Snowden: „Hier, um Verbrechertum zu enthüllen“

Der 29-jährige Enthüller der NSA-Überwachung, Edward Snowden, sagte im Interview mit der Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“, dass die NSA seit 2009 versucht habe, sich Zugang zu Hunderten von Zielen in China und Hongkong zu verschaffen. Snowden selbst ist unterdessen laut der Zeitung weiter an einem „geheimen Ort“ untergetaucht.

„Ich bin nicht hier, um mich vor der Gerechtigkeit zu verstecken. Ich bin hier, um Verbrechertum zu enthüllen“, sagte der Amerikaner, der von massiven, weltweiten Datenschnüffeleien des US-Abhördienstes NSA berichtet. Er muss damit rechnen, dass die USA ihn wegen Geheimnisverrats anklagen und eine Auslieferung beantragen. „Ich habe viele Gelegenheiten gehabt, aus Hongkong zu fliehen, aber ich bleibe lieber und kämpfe vor Gericht gegen die US-Regierung, weil ich Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit Hongkongs habe“, sagte Snowden. „Meine Absicht ist, die Gerichte und das Volk in Hongkong über mein Schicksal entscheiden zu lassen“, so Snowden.

China kritisiert NSA-Spionage

Chinas Regierung übte grundsätzlich Kritik an Computerspionage, wollte sich aber nicht zum Schicksal Snowdens äußern. „Wir haben leider keine Informationen dazu anzubieten“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunying, am Donnerstag in Peking auf wiederholte Fragen von Journalisten. „Wir sind gegen alle Formen von Cyberattacken“, sagte die Außenamtssprecherin dazu nur allgemein. China sei selbst „eines der großen Opfer“ von Computerangriffen und befürworte den Dialog mit anderen Ländern, um gemeinsam die Sicherheit im Internet zu gewährleisten.

China wird immer wieder vorgeworfen, selbst hinter Attacken auf westliche Stellen zu stecken. Doch bestreitet die chinesische Regierung die Vorwürfe. Cybersicherheit sei ein weltweites Problem, das von der internationalen Gemeinschaft gemeinsam angegangen werden müsse, sagte die Außenamtssprecherin.

Kampagne gegen NSA-Überwachung

Unterdessen hat eine Gruppe von Firmen und Bürgerrechtsorganisationen unter dem Motto „Stop Watching Us“ (Hört auf, uns zu beobachten) eine Kampagne gegen die NSA-Überwachung gestartet. Ausgehend von einer Initiative des Firefox-Entwicklers Mozilla fordern sie eine Untersuchung der laufenden Abhörpraktiken der NSA durch den US-Kongress. Mit einer entsprechenden Onlinepetition werden dafür Unterstützungsunterschriften gesammelt. Mitgetragen wird die Kampagne unter anderem von der US-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation (EFF), der World Wide Web Foundation und der Bibliotheksvereinigung American Library Association.

„Unsere schlimmsten Befürchtungen“

„Diese Art des pauschalen Datensammelns kratzt an den amerikanischen Grundwerten von Freiheit und Privatsphäre“, heißt es in der Petition. Dadurch würden Eckpfeiler der Verfassung verletzt. „Wir rufen den Kongress auf, sofort zu handeln, um diese Überwachung zu stoppen.“ Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. „Wir wollen kein Internet, wo alles, was wir tun, heimlich von der Regierung protokolliert wird“, sagte Alex Fowler von der Mozilla Foundation. Die Erkenntnisse über die Spähprogramme zu Internet- und Telefonverbindungen bestätigten „viele unserer schlimmsten Befürchtungen“, so Fowler. Sie würfen zudem Fragen auf „über den Schutz unseres Privatlebens und die Kontrolle der Regierungsbefugnisse (...)“.

Google kämpft um Nutzervertrauen

Google, Facebook und Microsoft wollen laut eigenen Angaben in Zukunft offener über bisher geheime Anfragen von US-Behörden nach Nutzerdaten berichten. Google forderte in einem offenen Brief das Recht, Informationen zum Ausmaß der Behördenanfragen nach dem Auslandsspionage-Gesetz FISA veröffentlichen zu dürfen. Bisher dürfe man weder die Zahl der Anträge noch der betroffenen Profile nennen. Laut Medienberichten darf nicht einmal die Existenz der FISA-Anfragen bestätigt werden.

Google betonte zudem, dass angeforderte Informationen immer nur vom Unternehmen selbst übermittelt würden. Dafür werde meist eine sichere Serververbindung genutzt, manchmal würden sie auch bei persönlichen Treffen übergeben, so ein Google-Sprecher. Facebook und Microsoft schlossen sich dem Vorstoß Googles an. Seit den Enthüllungen kämpfen die Konzerne um das Vertrauen ihrer Nutzer.

Wenig Handhabe von US-Firmen

Die betroffenen Internetfirmen haben nach geltender Rechtslage kaum eine juristische Handhabe gegen Aufforderungen der Geheimdienste zur Herausgabe von Kundendaten. US-Präsident Barack Obama verteidigte die Bespitzelungen zuletzt als maßvollen, aber notwendigen Eingriff in die Privatsphäre. Er sei notwendig zum Schutz der nationalen Sicherheit.

Unterdessen klagte die US-Bürgerrechtsbewegung American Civil Liberty Union (ACLU) Mitglieder der Obama-Regierung in Zusammenhang mit den Überwachungen. In der Klage heißt es, die massenhafte Sammlung von Kommunikationsdaten verletze das Recht der freien Meinungsäußerung und der Privatsphäre, die in der US-Verfassung garantiert seien. Das Justizministerium lehnte eine Stellungnahme ab. Es sei Zeit nötig, das zu bewerten.

„Wir arbeiten an Geschichten“

Der maßgeblich an der Enthüllungsaktion beteiligte Datenschutzaktivist und „Guardian“-Journalist Glenn Greenwald kündigte unterdessen weitere Enthüllungen an. „Wir arbeiten an Geschichten“, so Greenwald gegenüber dem US-Sender CNN. Snowden soll Tausende Dokumente an mehrere Medien übergeben haben. Davon seien Dutzende berichtenswert, so Greenwald bereits zuvor gegenüber der „New York Times“ („NYT“). Greenwald hatte das Interview, in dem sich Snowden als Aufdecker der Öffentlichkeit zeigte, geführt.

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