Nächste Herabstufung droht
Italien droht eine weitere Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Nach der Ratingagentur Fitch könnte auch Moody’s dem in einer Staats- und Wirtschaftskrise steckenden Euro-Land eine schlechtere Bonitätsnote verpassen. Moody’s teilte am Freitag mit, der Ausblick für Italien bleibe negativ.
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Die Experten schätzen die mittelfristigen Konjunkturaussichten als ungünstig ein. Sie sprachen von einer wachsenden Gefahr, dass die aktuelle Rezession sich bis ins zweite Halbjahr hinzieht. Moody’s ergänzte, die derzeit geringen Refinanzierungskosten verschafften dem Land Zeit, die es zur Umsetzung von Strukturreformen nutzen müsse. Die Chancen dafür seien wegen der ungewissen politischen Machtverhältnisse allerdings schwach.Moody’s bewertet Italien mit der Note „Baa2“. Fitch hatte seine Einstufung Anfang März wegen des Wahlpatts und der Rezession um einen Schritt auf „BBB+“ gesenkt.
OECD stärkt Italien den Rücken
Von der OECD gab es zuletzt für Italien dennoch eine leichte Entwarnung. Demnach sei das krisengeschüttelte Land nun wieder in der Lage, bei der EU eine Lockerung der Defizitziele zu fordern. Italien stehe kurz vor dem Ziel, das Verfahren zum Abbau des exzessiven Defizits zu beenden, sagte OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan am Donnerstag der Zeitung „La Repubblica“.
„Italien kann sich nunmehr anderen Ländern anschließen, denen bestimmte Erleichterungen bezüglich ihres Defizits eingeräumt wurden“, fügte der Italiener im Dienst der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hinzu. Padoan gilt im Übrigen als möglicher Kandidat für den Posten des Wirtschaftsministers.
Widerstand gegen Sparzwang wächst
Die EU hatte das Verfahren zum Abbau des exzessiven Defizits auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise 2011 eröffnet. Es wurde von der Technokratenregierung vom bisherigen Premier Mario Monti umgesetzt. Kritiker werfen ihm allerdings vor, mit seiner Konsolidierungspolitik die Rezession im Land verschärft zu haben. Länder, denen Verfahren zum Defizitabbau verordnet wurden, müssen ihre Verschuldung auf Anordnung der EU in einer bestimmten Zeit zurückfahren.
In jüngster Zeit hatten sich die Rufe gemehrt, die Auflagen für Italien zu lockern. Gefordert wird vor allem eine stärkere Förderung des Wachstums. Zuletzt hatten EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso und der neue italienische Ministerpräsident Enrico Letta eine Abkehr von der Konsolidierungspolitik gefordert. Diese Politik sei an ihre Grenzen gestoßen, sagte Barroso.
Letta will in Brüssel Druck machen
Besonders junge Europäer hätten das Gefühl, dass ihr Leben nicht vorangehe, warnte EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in einer Rede am Montag: „Die Geduld geht verständlicherweise verloren, und ein neues Gefühl der Dringlichkeit ist entstanden.“ Ohne Konjunkturimpulse und Arbeitsplätze könnten die politischen Reformen nicht fruchten.
Der Sozialdemokrat Letta sagte schon bei seiner ersten Ansprache nach Annahme des Auftrags zur Regierungsbildung, dass er sich in Brüssel dafür einsetzen werde, dass die EU ihre Sparpolitik lockert und Ressourcen für Wachstum und Entwicklung freimacht.
Montis Politik trug Früchte
Bei seinen Bemühungen kann Letta in Brüssel die positiven Resultate der rigorosen Steuer- und Sparpolitik der Monti-Regierung im Kampf gegen das Defizit vorweisen. Italiens Defizit sank 2012 auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit hält das Land die Maastrichter Defizitgrenze ein.
Bis Ende dieses Jahres sollte das Defizit auf ein Rekordtief von 2,1 Prozent sinken und Brüssel demnächst das Strafverfahren wegen des überhöhten Defizits gegen Italien einstellen, wie ein Sprecher des EU-Währungskommissars Olli Rehn bestätigte. Für die drittstärkste EU-Wirtschaftszone wäre das ein wichtiges Resultat im Kampf um die Wiederherstellung ihrer internationalen Glaubwürdigkeit.
Andererseits: Die Staatsverschuldung kletterte Ende 2012 auf 127 Prozent. Bisher erwartete die Regierung einen Rückgang der Gesamtverschuldung, doch neu veröffentlichte Dokumente für die Wirtschaftsplanung gehen davon aus, dass heuer wohl noch die Schwelle von 130 Prozent durchbrochen wird. Erlaubt sind nach Maastricht-Kriterien maximal 60 Prozent.
Deutschland wehrt sich
Der erbittertste Gegner des Endes der Sparpolitik ist und bleibt Deutschland: Finanzminister Wolfgang Schäuble erteilte derartigen Forderungen eine Absage. Italien müsse vor allem eine stabile Regierung bilden und seinen Nord-Süd-Gegensatz aufheben. „Entscheidend ist, den Konsolidierungskurs fortzusetzen“, sagte Schäuble am Donnerstag im Deutschlandfunk. Dabei böten die europäischen Verträge genügend Flexibilität, um gleichzeitig die Wirtschaft zu stimulieren. „Wir brauchen Stabilität und nachhaltiges Wachstum.“ Der CDU-Politiker verwies darauf, dass Deutschland 2008/2009 die Konjunktur angekurbelt und nach Überwindung der Krise die Neuverschuldung zurückgefahren habe.
Rüffel für Frankreich
Schäuble rüffelte auch Frankreich, das den Weg struktureller Reformen weitergehen müsse. Das Land habe zu hohe Verwaltungs- und Arbeitskosten. Wenn deren Senkung konsequent fortgesetzt werde, gebe es genügend Flexibilität beim Abbau des Defizits.
Befeuert wurde die Debatte von den zuletzt veröffentlichten Defizitzahlen der 27 EU-Staaten für das vergangene Jahr: Demnach erzielte nur Deutschland einen Haushaltsüberschuss, 17 Länder überschritten die EU-Neuverschuldungsgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung. Schlusslicht Spanien verzeichnete gar ein Defizit von 10,6 Prozent des BIP.
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