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Mitglied der Waffen-SS statt Sanitäter

Der 2008 verstorbene Horst Tappert, durch seine Rolle als Derrick in der gleichnamigen Krimiserie international bekannt, hat sich Zeit seines Lebens nur sehr zurückhaltend über sein Leben während des Zweiten Weltkriegs geäußert. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) nun berichtete, war der Schauspieler spätestens ab 1943 Mitglied der Waffen-SS.

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Im Zuge seiner Recherchen für die gerade erschienene Biografie „Elisabeth Noelle-Neumann - Demoskopin zwischen NS-Ideologie und Konservatismus“ (Verlag Ferdinand Schöningh) stieß der Solinger Soziologe Jörg Becker demnach auf das von Noelle-Neumann im Herbst 1945 in Tübingen mitbegründete Theaterunternehmen „Interessengemeinschaft Freilichtspiele“, für das 1947 auch Tappert tätig war.

Noelle-Neumann

Die im Jahr 2010 verstorbene Elisabeth Noelle-Neumann wurde trotz ihrer Verstrickungen in der Nazi-Zeit zur Pionierin der Demoskopie und galt als Grande Dame der deutschen Kommunikationswissenschaft. Zudem war sie eine der engsten Beraterinnen des damaligen deutschen Kanzlers Helmut Kohl.

Da dort mehrere Schauspieler mit nationalsozialistischer Vergangenheit beschäftigt waren, vertiefte der Soziologe seine Nachforschungen. Becker stellte laut „FAZ“ eine Anfrage bei der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der deutschen Wehrmacht (WASt) in Berlin und erhielt die Auskunft, dass Tappert zu einem noch unbekannten Datum Mitglied einer SS-Flak-Ersatzabteilung in Arolsen wurde. Am 22. März 1943 meldete das damals in Russland agierende SS-Panzergrenadierregiment 1 „Totenkopf“ seine Mitgliedschaft.

Schauspieler Horst Tappert auf einem Archivfoto vom 12.12.1990 mit Fritz Wepper

APA/EPA/Istvan Bajzat

„Derrick“ mit Horst Tappert und Fritz Wepper war in mehr als 100 Ländern im Fernsehen zu sehen, 281 Folgen wurden von 1973 bis 1997 gedreht

Im selben Regiment wie „Derrick“-Drehbuchautor

Damit diente Tappert im selben Regiment wie Herbert Reinecker, der spätere „Derrick“-Drehbuchautor und einer der prägendsten Krimischreiber Deutschlands. Im Vergleich zu Tappert, dessen Biografie meist von der Geburt zum Karrierestart nach dem Zweiten Weltkrieg springt, machte Reinecker jedoch aus seiner Vergangenheit nie ein Geheimnis.

Auch die Stationen des 2007 verstorbenen Autors lassen sich leichter verfolgen, weil er als Kriegsberichterstatter stets Zeugnis über die Front und die „tollkühnen, unerschrockenen Soldaten“ ablegte. Anders bei Tappert, von dem Beckers Nachforschungen zufolge nur bekannt ist, dass er 1943 den Rang eines einfachen Grenadiers bekleidete.

Er hatte, so erklärt der SS-Experte Jan Erik Schulte im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, „wohl im weitesten Sinne unterstützende Aufgaben zu erledigen und mit Flakgeschützen zu tun.“ Es sei jedoch „anhand der vorliegenden Dokumente nicht zu klären, wo Tappert als Individuum eingesetzt war - gerade für den Krieg in der Sowjetunion. Auch Art und Umfang seiner Tätigkeit kennen wir nicht.“

Falsche Angaben über Vergangenheit

Bis zu seinem Tod vor fünf Jahren umschiffte Tappert stets die Frage über seinen Verbleib während der Kriegsjahre. Er sei Kompaniesanitäter bei der Wehrmacht gewesen, sagte er laut „FAZ“ in einem Interview, zum Ende des Krieges sei er in Gefangenschaft geraten. Ob Reinecker und Tappert einander schon vor ihrer äußerst erfolgreichen „Derrick“-Karriere kannten, geht aus den bisherigen Informationen nicht hervor.

Tappert gab nach dem Tod des Autors eines seiner in seinen letzten Jahren selten gewordenen Interviews und betonte, dass er und Reinecker ein sehr gutes Verhältnis gehabt hätten, „das in den letzten Jahren leider durch ein Missverständnis etwas getrübt war“.

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