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Selbstregulierung gescheitert

Klarheit über Gebühren und besseres Service: Die EU-Kommission will die Geldinstitute in der Europäischen Union zu mehr Service und Transparenz gegenüber den Kunden verpflichten. Binnenmarktkommissar Michel Barnier und Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg stellten Anfang Mai einen entsprechenden Richtlinienentwurf vor.

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Wer in der EU sein Konto wechseln will, steht vor teils unüberwindbaren Hürden: wenig Transparenz über die Kosten, wochenlanges Warten inklusive Strafgebühren wegen zu spät getätigter Überweisungen. In nur zwei von zehn Fällen klappe der Wechsel beim ersten Anlauf, sagte EU-Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg in Brüssel.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier und EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg

APA/EPA/Julien Warnand

Die EU-Kommissare Barnier (l.) und Borg bei der Vorstellung der Richtlinie

Selbstregulierungsversuche in diese Richtung seien kläglich gescheitert, so das Fazit der EU-Kommission. Mit einem neuen Richtlinienentwurf will die Brüsseler Behörde den Kontowechsel vereinfachen und beschleunigen.

Banken übernehmen Kontowechsel

Dem Richtlinienvorschlag zufolge müssen wechselwillige Kontoinhaber in Zukunft nur noch den Vertrag bei der neuen Bank unterschreiben. Auf Wunsch der Verbraucher müssen sich dann die Banken innerhalb von 15 Tagen kostengünstig um den Rest kümmern. Das betrifft sowohl die Überweisung des alten Guthabens als auch die Übernahme der laufenden Daueraufträge und die Auflösung des alten Kontos. Bei einem Wechsel ins EU-Ausland soll die Frist 30 Tage betragen. Weiters sollen EU-Bürger künftig in jedem Staat ein Konto eröffnen können, davon profitieren etwa Austauschstudenten und Saisonarbeiter.

Kontowechsel in Österreich

In Österreich funktioniert der Kontowechsel laut EU-Erhebung bisher am besten: In 87 Prozent der Testfälle war der Wechsel erfolgreich, der EU-Schnitt lag bei nur 19 Prozent.

Zwar haben sich Europas Banken schon bisher selbst verpflichtet, einen Wechsel des Bankkontos binnen 15 Tagen zu ermöglichen, in der Praxis dauert es aber oft erheblich länger. Auch finden sich laut Kommission nur auf drei von zehn Banken-Homepages ausreichende Informationen. „Wenn die Selbstverpflichtung nicht funktioniert, müssen wir rechtsverbindlich tätig werden“, so Borg.

Vergleichsportale für Bankgebühren

Neben dem leichteren Kontowechsel soll auch die Transparenz bei den Gebühren verbessert werden, wie Binnenmarktkommissar Barnier sagte. Banken sollen ihre Kunden über die Gebühren für die 20 am häufigsten angebotenen Dienste wie Entgelte für Überziehungszinsen und Nachsendungen von Kontoauszügen informieren. Dazu soll zuerst jedes Mitgliedsland der Kommission eine Liste mit den häufigsten Transaktionen vorlegen, hernach soll eine standardisierte Terminologie erarbeitet werden, um Äpfel nicht mit Birnen gleichzusetzen.

Die EU-Kommission möchte Banken außerdem dazu verpflichten, die Kunden über die Gebühren der vergangenen zwölf Monate genau zu informieren. Bisher schwanken die Kontokosten sowohl innerhalb der einzelnen Länder als auch im EU-Vergleich enorm. Laut einer Kommissionsstudie aus dem Jahr 2009 lag die Bandbreite von 41,17 Euro an durchschnittlichen jährlichen Kosten in den Niederlanden bis 243,64 Euro in Italien.

Dass aufgrund des Mehrarbeit, die mit dem Paket auf die Banken zukommen könnte, die Gebühren am Ende noch steigen, fürchtet die Kommission nicht. Mehr Transparenz brächte ja mehr Wettbewerb. „Entweder werden die Banken ihre Preise infrage stellen, oder die Kunden tun das“, so Borg.

Konto für alle EU-Bürger

Ein weiterer wichtiger Punkt in der vorgestellten Richtlinie ist die Verpflichtung, dass mindestens eine Bank pro Land wirklich jedem Kunden ein Guthabenkonto für den allgemeinen Zahlungsverkehr anbietet. „58 Millionen EU-Bürger über 15 Jahre haben kein eigenes Konto“, sagte Barnier. Diese Situation sei „nicht länger hinnehmbar“. Bisher gebe es lediglich in elf Ländern Ansätze in diese Richtung, in Österreich beispielsweise die Zweite Bank. Gratis muss das Basiskonto allerdings nicht sein - die Gebühren müssen lediglich „angemessen“ sein.

Bis es tatsächlich so weit ist, könnte es aber noch länger dauern. Zunächst muss das EU-Parlament zustimmen, und dann müssen die Mitgliedsländer die Vorgaben in nationales Recht umsetzen. Sollte der Richtlinienentwurf beschlossen werden, müssten die Länder dafür Sorge tragen, dass die neuen Vorgaben umgesetzt werden. Alle Banken müssten dann ihre Kunden regelmäßig über angefallene Entgelte informieren, und zwar aufgeschlüsselt nach einem einheitlichen Standard.

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