Themenüberblick

Wortgefechte werden hitziger

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will sich beim umstrittenen Thema Bankgeheimnis nichts von Frankreich diktieren lassen. Den drohenden Worten des französischen Finanzministers, Österreich auf die „schwarze Liste“ zu setzen, sollte es nicht kooperieren, konterte Faymann am Donnerstag ungewöhnlich scharf.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Wir brauchen sicher keine ungebetenen Ratschläge von außen, denn wir wissen selbst, dass wir uns an die Spitze der Bekämpfung der Steuerflucht stellen werden. Sicher ist, wir werden eine Lösung für den Datenaustausch der Bankkonten finden“, so Faymann laut „Kurier“ (Freitag-Ausgabe).

Auch ÖVP über Drohung „verwundert“

Schelte für den Paris-Vorstoß gibt es auch aus der ÖVP: Staatssekretär Reinhold Lopatka hält die Drohung Frankreichs „für ein untaugliches Ablenkungsmanöver von eigenen Problemen“ der „Grande Nation“. „Die Bundesregierung hat bereits am Dienstag klar ihre Bereitschaft zu Verhandlungen mit den EU-Partnern über einen Datenaustausch kommuniziert“, so Lopatka in einer Aussendung Donnerstagabend.

„Abgesehen davon, dass Österreich keine Steueroase ist, ist auch der Vorschlag einer nationalen ‚schwarzen Liste‘ weit übers Ziel hinausgeschossen - da es ohnehin eine international gültige und von der OECD verwaltete Liste der Steueroasen gibt“, so der Staatssekretär.

Deutliche Worte aus Paris

Frankreich hatte im Kampf gegen Steuerhinterziehung einen schärferen Ton angeschlagen. Sollte Österreich dem automatischen Informationsaustausch nicht zustimmen, riskiere es, auf einer „schwarzen Liste“ jener Länder zu landen, die im Kampf gegen die Steuerhinterziehung nicht kooperieren, warnte der französische Budgetminister Bernard Cazeneuve am Donnerstag laut einem Bericht der AFP.

Gegenüber Radio France Info sagte Cazeneuve: „Es ist nicht normal, dass Länder wie beispielsweise Österreich Informationen über EU-Bürger, die über Konten bei ihnen verfügen, nicht weitergeben. Wenn diese Länder nicht kooperieren, wenn es keine Vereinbarung über einen Informationsaustausch gibt, der völlige Transparenz innerhalb der EU ermöglicht, dann setzen sich diese Länder dem Risiko aus, auf der Liste von Staaten und Territorien zu landen, die nicht kooperieren.“

Faymann zu Gesprächen bereit

Österreich ist das letzte EU-Land, das sich weigert, in Bezug auf sein Bankgeheimnis Konzessionen zu machen, nachdem Luxemburg am Mittwoch in Fragen des automatischen Informationsaustauschs nachgegeben hat. Faymann hatte am Dienstag allerdings Gespräche angekündigt, ohne sich auf einen Termin festzulegen.

„Wir müssen in der EU extrem starke Dispositionen treffen“, betonte Cazeneuve. Die französischen Behörden haben sich dem verstärkten Kampf gegen den Steuerbetrug verschrieben, nachdem der frühere Budgetminister Jerome Cahuzac nach monatelangem Leugnen eingestehen musste, über ein geheimes Bankkonto im Ausland zu verfügen.

„Schwarze Liste“ zuletzt 2010 aktualisiert

Am Mittwoch hatte der französische Präsident Francois Hollande in diesem Sinne eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, darunter mehr Transparenz von Bankgeschäften. Die Offensive zielt auch auf Steuerparadiese ab, deren Liste Frankreich jedes Jahr aktualisieren werde, versprach Hollande. Diese „schwarze Liste“ existiert seit 2010 und enthielt ursprünglich 18 „nicht kooperierende Staaten und Territorien“, die kein Steuerabkommen mit Paris unterzeichnet hatten. Zuletzt wurde die Liste am 4. April 2012 aktualisiert und umfasst acht Länder (Botswana, Montserrat, Brunei, Nauru, Guatemala, Niue, Marshall-Inseln und Philippinen).

FPÖ und BZÖ auf den Barrikaden

Die Drohung Frankreichs hat auch die FPÖ und das BZÖ auf den Plan gerufen. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, der den Informationsaustausch mit dem Aus für das Bankgeheimnis gleichsetzte, meinte, „wir lassen uns von Paris sicher nicht erpressen“. Strache meinte, Österreich müsse „sich jetzt zu allem Überdruss auch noch von Budgetsündern maßregeln lassen. BZÖ-Chef Josef Bucher forderte, Spindelegger solle den Botschafter Frankreichs in Österreich ins Außenamt zitieren. Bucher schrieb in seiner Aussendung weiters, es handle sich um eine „absolut unangebrachte Drohung eines europäischen Partners“.

Fischler: „Argumente an den Haaren herbeigezogen“

Der ehemalige österreichische EU-Kommissar Franz Fischler zeigte sich indes laut „Kleiner Zeitung“ (Freitag-Ausgabe) fassungslos über die heimische Politdebatte rund ums Bankgeheimnis, den Datenaustausch und Steueroasen. Er sieht ein Ende wie beim „Hornberger Schießen“. Fischler sieht ob der Debatte einen „neuerlichen Beweis für die Verwahrlosung der Politik“, so der langjährige ÖVP-Politiker zum Blatt.

„Die Argumente, mit denen man da herumwirft, sind zum größten Teil völlig an den Haaren herbeigezogen. Mir ist schleierhaft, warum so argumentiert wird. Ich bin leider kein Psychotherapeut.“ Er habe ein Deja-vu zu jener Zeit, als es um die Abschaffung anonymer Konten ging und er geprügelt worden sei, als er sagte, diese müssten abgeschafft werden, und die dann aber sechs Monate später abgeschafft wurden: „Auch diesmal wird es enden wie das Hornberger Schießen“, richtet er seinen Parteikollegen VP-Chef Michael Spindelegger und Finanzministerin Maria Fekter, aber auch der SPÖ, aus.

„Die Oma muss nichts befürchten“

Fischler stören Argumente beider Regierungsparteien - beispielsweise jenes von einem entstehenden Datenfriedhof, von dem Fekter sprach. Das sei genauso „Unsinn“ wie das Oma-Argument, das die SPÖ besonders oft anwendete. „Die Oma muss überhaupt nichts befürchten“, so Fischler. Es gehe um die Frage der Steuermoral für ausländische Anleger: „Ein Deutscher, der in seiner Heimat sein Geld anlegt und Steuern zahlt, darf nicht schlechtergestellt werden als ein Deutscher, der in Österreich sein Geld womöglich mit dem Hintergedanken anlegt, den Fiskus auszutricksen.“

Hinter Fekter stellte sich Fischler in der Frage von Steueroasen Großbritanniens, für die sie schärfere Regeln forderte: „Das findet meine 150-prozentige Unterstützung. Man wird sich international Gedanken machen müssen, wie man diese Sümpfe trockenlegt.“ Es löse aber das Problem nicht, „zu schimpfen, dass das eine Schweinerei ist“, merkt Fischler an.

Fekter schießt sich auf Großbritannien ein

ÖVP-Chef Michael Spindelegger und seine Parteikollegin Finanzministerin Maria Fekter hatten in Interviews mit der „Presse“ und dem „Kurier“ die Flucht nach vorne angetreten. Nicht Österreich sei eine Steueroase, vielmehr müsse auch von Großbritannien der „Geldwäschesumpf“ in seinen Gebieten wie den Kanalinseln trockengelegt werden, versuchte die Ministerin den Ball auf Großbritannien, auf das von der EU und speziell auch Deutschland starker Druck wegen des Bankgeheimnisses ausgeübt wird, wegzuspielen.

Spindelegger zementiert sich ein

Spindelegger sagte, das Bankgeheimnis bleibe so, „wie es im Gesetz steht“. Es gehe niemanden etwas an, wie viel Geld jemand auf der Bank habe. Man werde nun juristisch klären lassen, ob es überhaupt möglich sei, Daten von Ausländern zu melden, aber von Österreichern nicht. Fekter stört sich an einer „Datenwurst“, die erzeugt werde - kürzlich hatte sie auch von einem „Datenfriedhof“ gesprochen. Auch Fekter will ein Gutachten zum Bankgeheimnis in Auftrag geben.

Links: