Themenüberblick

Kritik an Fekter in Steueroasendebatte

Die Affäre um Finanzgeschäfte vermögender Privatkunden in Steueroasen bringt Österreich unter Druck. Experten drängen auf die Abschaffung des Bankgeheimnisses. Für Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) kommt das nicht in Frage. Oberösterreichs LH-Stellvertreter und SPÖ-Chef Josef Ackerl warf ihr postwendend Untätigkeit gegenüber Steuersündern vor.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Anstatt der systematischen Steuerhinterziehung samt Schwarzgeldverschub endlich einen Riegel vorzuschieben, sehe sich die Finanzministerin als „Schutzbefohlene von Steuerdieben“ (gemeint ist vermutlich: Schutzpatronin, Anm.) und gefährde so den sozialen Frieden und die Stabilität in ganz Europa, empörte sich Ackerl in einer Presseaussendung am Samstag. „Es wird an der Sozialdemokratie liegen, Frau Fekter zum Handeln zu bringen.“

Sie stelle sich auf die Seite jener, die den Sozialstaat demontieren wollen. Wer zulasse, dass Gelder ins Ausland verschoben werden, nehme in Kauf, dass die Finanzierung von Gesundheits-, Pensions- und Infrastrukturleistungen immer schwieriger werde. Anstatt gegen Arbeitslosigkeit und Armut vorzugehen, mauere Fekter und verfolge stur ihren Kurs für Banken und Kapitalmärkte, so Ackerl. Würde sie sich für die Menschen interessieren, würde sie sich gemeinsam mit der SPÖ für einen Steuerpatriotismus einsetzen.

Rauch: SPÖ will Menschen Geld abknöpfen

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch nahm Fekter gegen die SPÖ-Attacke in Schutz und schoss zurück. Die SPÖ wolle permanent in den Taschen der Österreicher schnüffeln, Fekter stehe dagegen hinter den Sparern in Österreich, erklärte er in einer Aussendung. Mit der Vermögenssteuer wollten „die Genossen“ Einblick in das Eigentum der Österreicher, „mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses wollen sie nun in die Konten schauen“, so Rauch. „Am Ende geht es der SPÖ darum, den Menschen möglichst viel Geld abzuknöpfen.“

Wichtig sei vielmehr der „aktive Kampf“ gegen Steuerhinterziehung. Österreich sei bei der Geldwäschebekämpfung Vorreiter und setze aktiv Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug. „Die ÖVP liegt einmal mehr den Österreichern im Wort, die ihre Daten und die Konten geschützt wissen wollen“, betonte er. „Deshalb kommt es nicht in Frage, das Bankengeheimnis aufzuheben.“ Zumal Abkommen mit anderen Staaten, wie der Schweiz und Liechtenstein, effizienter seien als große Datenaustauschabkommen, die nur „Datenfriedhöfe“ produzierten.

Auch Schieder verteidigt Bankgeheimnis

Fekter hatte am Freitag am Rande eines Treffens in Brüssel mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia erklärt: „Unser Bankgeheimnis hat eine sehr lange Tradition. Die Menschen in Österreich haben ein Anrecht darauf, dass ihre Sparguthaben nicht nur in monetärer Hinsicht geschützt sind, sondern auch vor einem überbordenden Zugriff auf den Informationsaustausch.“

Auch Ackerls Parteikollege, Finanzstaatssekretär Andreas Schieder, verteidigte am Freitag das Bankgeheimnis: Es sei wichtig, „internationale Abkommen samt verbindlichem Informationsaustausch“ zu schaffen, sagte Schieder. Dass Österreich und Luxemburg als einzige EU-Staaten den automatischen Austausch von Steuerdaten bis dahin noch blockierten, ließ der Politiker allerdings unerwähnt.

Doralt hofft auf Bewegung

Steuerrechtsexperte Werner Doralt übte an den Argumenten Fekters scharfe Kritik. Das Bankgeheimnis diene dem Bankenplatz und nicht den Konsumenten, erklärte Doralt in der ZIB24 in der Nacht auf Samstag und fügte hinzu: „Weiß sie es nicht besser, ist es schlimm, weiß sie es aber schon besser, sagt es aber nicht, ist es auch schlimm.“

Für Doralt kann Österreich durchaus als „Steueroase“ bezeichnet werden: „Was ist denn eine Steueroase? Ein Land, das durch ein starkes Bankgeheimnis Ausländern ermöglicht, ihr erspartes Geld unversteuert zu bunkern und es dem ausländischen Fiskus vorzuenthalten.“ Die nunmehr wieder aufgeflammte Diskussion biete aber die Chance, „dass etwas in Bewegung gerät“. Ganz ähnlich hatte sich Doralt schon zuvor im Ö1-Mittagsjournal geäußert - mehr dazu in oe1.ORF.at.

WIFO: Nicht länger aufrechtzuerhalten"

Kritik am Bankgeheimnis kommt auch von WIFO-Chef Karl Aiginger. Er bekräftigte seine länger gehegten Gedanken gegenüber dem „Kurier“ (Samstag-Ausgabe): Das Bankgeheimnis sei im Kontext der Korruptionsfälle und -skandale der vergangenen Jahre schon aus Imagegründen nicht länger aufrechtzuerhalten. Österreich müsse stärker als in der Vergangenheit gegen Geldwäsche und Korruption vorgehen, sagte Aiginger auch gegenüber Ö1 - mehr dazu in oe1.ORF.at. Aiginger will nur noch berechtigte und definierte Ausnahmen auf persönlicher Ebene gelten lassen. In der Praxis sei das Bankgeheimnis aber ohnehin schon massiv ausgehöhlt worden.

Druck aus den USA

IHS-Chef Christian Keuschnigg meinte erst vor kurzem in einem Strategiepapier, Österreich könne den „Übergang zum AIA (automatischer Informationsaustausch in der EU) verzögern, aber vermutlich nicht mehr verhindern“. Eine Entwicklung zum forcierten Informationsaustausch zeichne sich auch in der Schweiz ab.

„Das Land hat jüngst mit den USA zwecks Erfüllung des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) ein Abkommen abgeschlossen, das einen weitgehenden Informationsaustausch vorsieht und das Bankgeheimnis gegenüber Ausländern stark relativiert“, erinnerte der Chef des Instituts für Höhere Studien. Die USA wollen auch Österreich den FATCA erfüllen sehen. Das österreichische Bankgeheimnis werde nicht halten, argumentierte auch David Walch von ATTAC Österreich überzeugt, da „der Druck steigt“.

Grüne sehen „Schurkenstück“

Österreich dürfe seine Blockade gegen einen Steuerdatenaustausch sowie gegen Verhandlungen mit Steueroasen über ein Betrugsbekämpfungsabkommen nicht länger aufrechterhalten, forderte auch der grüne Finanzsprecher Werner Kogler am Freitag. Die Regierung liefere ein „Schurkenstück“ ab, denn sie verhindere, dass es beim Steuerdatenaustausch zu „wesentlich weitgehenderen Regeln als bisher kommen kann“, so Kogler.

Schäuble heizte Debatte an

Losgetreten hatte die Debatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble: In der EU könnten die Bemühungen über einen automatischen Informationsaustausch über steuerliche Vorgänge und Zinseinkünfte womöglich einen Schub bekommen. Dort gebe es noch zwei Länder, „die für sich Sonderregelungen in Anspruch nehmen“, sagte er am Freitag mit Blick auf Luxemburg und Österreich. „Ich nehme an, das ändert sich jetzt auch durch solche Entwicklungen“, gab er sich hoffnungsvoll. „Wir arbeiten auf jeder Ebene mit allem Druck, um mehr durchzusetzen“.

Links: