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Gegen den Widerstand Deutschlands

Das zypriotische Parlament hat Freitagnacht über das Sparpaket zur Rettung Zyperns abgestimmt. Das Parlament billigte mehrheitlich Einschränkungen im Kapitalverkehr und die Bildung eines Solidaritätsfonds zur Rekapitalisierung der Banken. Der wichtigste Teil des Rettungspakets, die umstrittenen Zwangsabgaben, ist noch offen.

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Nach stundenlangen Verzögerungen rang sich das zypriotische Parlament doch noch zu ersten Entscheidungen auf dem Weg zu einem Rettungsprogramm durch. Neben einem Solidaritätsfonds wurde in der Nacht auch die Spaltung einer der großen Banken, der Laiki Bank, gebilligt. Der größte Brocken steht aber erst am Wochenende auf dem Programm: die Zwangsabgabe auf Bankeinlagen. Ohne diese Maßnahme dürfte Zypern die von der EU verlangen 5,8 Mrd. Euro kaum auftreiben können.

Scharfe Kritik aus Deutschland

Einer der beschlossenen Punkte betrifft die Begrenzung des Kapitalverkehrs. In Zypern waren die Banken sieben Tage in Folge geschlossen. Sollten sie wie vorgesehen am Dienstag (Montag ist in Zypern ein Feiertag) wieder öffnen, droht ein Ansturm auf die Einlagen. Um zu verhindern, dass Geld in großen Mengen ins Ausland transferiert wird, sollen die Geldflüsse nun begrenzt werden.

Zeit wird knapp

Die EZB hat Zypern eine Frist bis Montag eingeräumt, dann werden die Stützungszahlungen an die maroden Banken eingestellt. Zypern muss bis dahin 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um Notkredite der EU in Höhe von zehn Milliarden Euro zu erhalten.

Auch der nun beschlossene Solidaritätsfonds stand stark in der Kritik. Er soll aus Geldern der Pensionskassen, der orthodoxen Kirche und anderer Institutionen finanziert werden. Auch die zypriotische Zentralbank soll mit ihren Goldreserven dazu beitragen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa habe deutlich gemacht, dass sie die bisher diskutierten Vorschläge Zyperns für nicht ausreichend hält. Eine Verstaatlichung der zypriotischen Pensionskassen werde Europa nicht dulden, erklärte Merkel am Freitag.

Hilfe von Auslandszyprioten

Möglich wäre aber auch, dass Auslandszyprioten einspringen. Nächste Woche werde sich eine Gruppe von britischen Zyprioten in London treffen, um mögliche finanzielle Unterstützungen zu diskutieren, sagte Peter Droussiotis, Präsident der National Federation of Cypriots, gegenüber Reuters. Geschätzte 300.000 Zyprioten leben in Großbritannien - eine relativ große Gruppe, verglichen mit den 1,1 Mio. Menschen auf Zypern. Der Vereinigung gehören auch viele wohlhabende Geschäftsleute und Banker an. „Wir sehen unsere Aufgabe als Botschafter für die Insel, die helfen können, die dringend benötigten Investitionen aufzutreiben“, sagte Droussiotis.

Demonstranten verbrennen eine EU-Flagge

APA/EPA/Katia Christodoulou

Demonstranten verbrennen die EU-Fahne

Finanzexperte: „Europa ist tot“

Unterdessen wächst auch in Zypern die Kritik am Vorgehen der Troika. Der frühere Zentralbankchef Zyperns, Athanasios Orphanides, warf den großen EU-Ländern, allen voran Deutschland, vor, die Wirtschaft seines Landes zu zerstören. „Wenn die deutsche Regierung weiter darauf beharrt, dass jede Lösung derart ist, dass sie das Wirtschaftsmodell (Zyperns) zerstört, lautet meine Frage: Wer ist der Nächste? Luxemburg? Malta?“, sagte Orphanides am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.

Er glaube nicht, dass das „europäische Projekt unter diesen Bedingungen Überlebenschancen hat“. Die Regierung Zyperns tue dagegen, was sie könne, um die Krise zu meistern. „Europa ist tot“, sagte Orphanides, der inzwischen an der renommierten US-Universität Massachusetts Institute of Technology (MIT) lehrt.

Moskauer Börse nervös

Trotz der Krise blieb der Euro am Freitag relativ stabil. Am Nachmittag notierte er bei 1,2984 US-Dollar und damit fast einen Cent über dem Tagestief von 1,2886 Dollar. Gegen Franken und Yen gab der EZB-Richtkurs etwas nach, während er zum Pfund leicht zulegte. Auch der deutsche Aktienindex DAX schloss nur leicht im Minus. Anders die Situation in Russland, wo die Furcht vor dem Verlust russischen Vermögens in Zypern auf die Stimmung drückte. Die Moskauer Börse büßte 1,00 Prozent ein.

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