Auf Radtour zum Taj Mahal
Nach der Gruppenvergewaltigung einer Schweizer Touristin in Indien haben laut Polizei mehrere Männer die Tat gestanden. Die Dorfbewohner hätten ihre Beteiligung an dem Verbrechen zugegeben, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Die Tat warf erneut ein Schlaglicht auf die weitverbreitete Gewalt gegen Frauen in Indien.
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Die Frau war nach Angaben der Ermittler im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh in der Nacht zum Samstag von mehreren Männern vergewaltigt worden. Ihr von den Tätern gefesselter Ehemann, der sich mit seiner Frau auf einer Fahrradtour befand, musste die Tat mit ansehen. Die Täter raubten dem Paar zudem 10.000 Rupien (142 Euro) und ein Handy. Die beiden Schweizer waren auf dem Weg nach Agra, wo sich das berühmte Taj Mahal befindet.

APA/AP/Stringer
Die vergewaltigte Touristin wird, um ihre Identität zu wahren, vermummt ins Spital gebracht
Kleinbauern beobachteten Paar genau
„Wir haben fünf Männer festgenommen, und sie haben die Gruppenvergewaltigung und den Angriff auf den Ehemann zugegeben“, sagte ein Polizeisprecher von Madhya Pradesh am Sonntag. Ein sechster Verdächtiger wurde im benachbarten Bundesstaat Uttar Pradesh gefasst. Die Kleinbauern hätten beobachtet, wie „das Paar sein Zelt aufstellte“ und die „Gelegenheit erkannt, die Frau anzugreifen und zu vergewaltigen“.
Ein anderer Polizeisprecher sagte der Nachrichtenagentur Press Trust of India, rund 20 Menschen seien im Zusammenhang mit der Tat festgenommen und verhört worden. Indische Medien berichteten, die Vergewaltiger seien mit Stöcken bewaffnet gewesen.
„Zutiefst schockiert“
Die 39-jährige Schweizerin wurde in ein Krankenhaus in der Stadt Gwalior gebracht. Nach einer ersten Untersuchung bestätigte das Krankenhaus, dass die Frau mehrfach vergewaltigt wurde, wie der Sender NDTV berichtete. Fernsehbilder zeigten zahlreiche Polizisten, die das Waldstück durchkämmten.
Das Touristenpaar ist laut Polizei mittlerweile nach Neu-Delhi abgereist. Es sei „nicht erforderlich“, dass die Frau länger im Krankenhaus bleibe. Das Schweizer Außenministerium erklärte am Wochenende, es stehe mit den örtlichen Behörden in Kontakt und hoffe, dass die Täter schnell gefunden und vor Gericht gestellt würden. „Wir sind zutiefst schockiert über diesen tragischen Vorfall“, hieß es in einer Erklärung.
Minister macht Schweizer mitverantwortlich
Unterdessen geriet der Innenminister des Bundesstaats Madhya Pradesh in die Kritik, weil er die beiden Schweizer für die Tat mitverantwortlich machte. Touristen würden oft die Regeln missachten, sagte Uma Shankar Gupta am Sonntag in Bhopal. „Wenn ausländische Touristen kommen, dann ... sollten sie die Polizeipräsidenten der Distrikte, die sie besuchen, über ihre Reisepläne informieren“, sagte der Minister. Dann könne für ihre Sicherheit gesorgt werden.
Vergewaltigungen und der respektlose Umgang mit Frauen sind ein großes gesellschaftliches Problem in Indien. 2011 zählten die Behörden rund 24.200 gemeldete Vergewaltigungen, die Dunkelziffer dürfte allerdings um ein Vielfaches darüber liegen. Denn viele Frauen gehen nicht zur Polizei, weil sie mit der Veröffentlichung Schande über ihre eigene Familie bringen würden. Auch werden viele Anzeigen von der Polizei nicht aufgenommen, andere verlaufen im Sand. Und nur etwa ein Viertel der Angeklagten, die vor Gericht müssen, werden schließlich verurteilt.
Erinnerung an Gruppenvergewaltigung in Delhi
Die Gruppenvergewaltigung an der Touristin ereignete sich nur wenige Wochen nachdem die brutale Gruppenvergewaltigung einer indischen Studentin weltweit für Empörung gesorgt hatte. Im Dezember hatten sechs Männer die 23-Jährige in einem Bus in Neu-Delhi vergewaltigt, mit einer Eisenstange gequält und schließlich aus dem fahrenden Bus geworfen. Ihr Freund musste die Gewalttat mit ansehen. Die Frau wurde so schwer verletzt, dass sie Tage später starb.
Die Tat löste in Indien Massenproteste und eine Debatte über die weitverbreitete Gewalt gegen Frauen aus. Ein neues Gesetz sieht nun vor, dass Vergewaltiger mit mindestens 20 Jahren Haft bestraft werden. In Fällen, in denen das Opfer infolge des Angriffs stirbt oder ins Wachkoma fällt, ist die Todesstrafe vorgesehen.
Verdächtiger in Gefängniszelle erhängt
Einer der Verdächtigen im Fall der Vergewaltigung in Delhi war kürzlich erhängt in seiner Gefängniszelle gefunden worden. Eine Untersuchung des Vorfalles durch die Behörden ergab einem Bericht der Zeitung „Hindustan Times“ vom Sonntag zufolge, dass Gefängniswächter ihre Pflichten vernachlässigt hätten. Einer der Justizbeamten sei gar nicht erst zur Arbeit erschienen, ein anderer habe die vorgeschriebenen Rundgänge nicht vorgenommen. Angehörige hatten den Behörden vorgeworfen worden, der Verdächtige sei ermordet worden.
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