Themenüberblick

Breiter Spagat oder schlau in der Nische

Die Sportartikelmesse ISPO bestätigt heuer einen Trend: Die Absätze im Bereich Massensport sinken, besonders im breiten Wintersegment. Große Skihersteller haben sich damit abgefunden und kultivieren, wo es geht, die Nische.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Der Skimarkt schrumpft. Alleine bei den Nachbarn in der Schweiz hat man in den letzten zehn Jahren ein Viertel weniger Ski verkauft als noch vor zehn Jahren. Der Sportartikelhandel sei insgesamt „in der Mitte gefangen“, konstatiert Birgit Starmayr vom Meinungsforschungsinstitut Market gegenüber „Format“. Die Menschen hätten knappere Budgets - und so manches Ausrüstungsstück kann man mittlerweile ebenso beim Diskonter kaufen.

Gerade für den Wintersport trifft das zu: Die Masse agiert preisbewusster, lediglich die Nischen boomen. So sprengen aber etwa Ausrüstung für Tourengeher und All-Mountain-Skier das Budget von Otto Normalverbraucher. „Die ambitionierten Sportler kaufen in Spezialgeschäften oder den Stores der Markenhersteller, der Normalverbraucher beim Diskonter“, so Starmayr.

Skihersteller zeigt Ski, Schuh und Helme auf einem Hirschgeweih

ISPO

In der Nische wartet der ambitionierte Sportler, der aber auch entsprechend besonders angesprochen werden will - hier ein Beispiel von der ISPO 2013 in München

„Der Franzose“ ante portas

Österreich - immerhin nach den USA, Deutschland und Frankreich der viertgrößte Markt für Ski - bekommt diesen Trend deutlich zu spüren. Trotz der Ski-WM in Schladming durften die in Österreich produzierenden Skihersteller nicht mit einem Wachstumsplus rechnen. Und die Sporthändler müssen zusammenrücken. Grund: „Der große Franzose“ steht vor der Tür.

Gemeint ist die mächtige Decathlon-Kette mit Sitz in Villeneuve d’Ascq, die mit ihrem Spagat zwischen 21 preisreduzierten Eigenmarken (für die unterschiedlichen Sportsegmente) und dem Verkauf bekannter Marken eine Kundenabdeckung erreicht wie kaum eine andere Sportkette. Im Moment beschäftigt man 50.000 Mitarbeiter und ist mit 609 Filialen in 19 Ländern vertreten.

Der österreichische Sporthandel ist jedenfalls im Umbruch. Marktführer Sport Eybl/Sports Experts kämpft mit finanziellen Problemen und wird wohl demnächst verkauft werden. Die Einkaufsorganisation Sport 2000 und die zu Kastner & Öhler gehörende Gigasport-Gruppe werden in Zukunft kooperieren, und die zur Spar-Gruppe zählende Sporthandelskette Hervis hat seit einem dreiviertel Jahr ein Joint Venture mit der französischen Go Sport Groupe.

„Alle rücken zusammen“

„Alle rücken enger zusammen, weil die Befürchtung da ist, dass der große Franzose kommt“, so Sporthandels-Obmann Ernst Aichinger. Österreich hat eine hohe Dichte an Sporthandelsgeschäften, der Markt ist umkämpft, Preisschlachten stehen an der Tagesordnung. Die Margen sind in Österreich wesentlich geringer als in Deutschland, auch wenn pro Kopf mehr verkauft wird als bei den Nachbarn.

Doch auch in Deutschland muss der große Sporthandelsverband für das Geschäft 2012 sinkende Gewinne melden, die aber mit 2,76 Mrd. Euro immer noch deutlich positiv ausfallen. In Deutschland gehören 1.500 Sportgeschäfte mit 22.000 Mitarbeitern zum Intersport-Verbund.

Skiverkäufe sinken weltweit

Weltweit werden etwa 3,3 Millionen Paar Ski verkauft, in Österreich sind es 370.000. Die Skihersteller verkaufen inzwischen mehr Skischuhe als Ski. Ohne Verleihgeschäft wäre es um die Industrie schlecht bestellt, heißt es.

Das Ende klassischer Massenmärkte?

Doch dass sich in der „Mitte“, also dem Massensegment, einiges tut, müssen ja auch die Wintertouristiker in Österreich konstatieren. Zwar nehmen Ankünfte und Nächtigungen weiterhin zu, allerdings wird die Verweildauer im Schnitt kürzer. Kam man 2004 laut Statistik Austria im Winter noch auf 4,3 Übernachtungen pro Ankunft, sind es für die Wintersaison 2011/2012 im Schnitt nur noch 3,9 Übernachtungen.

Blickt man bei den Nächtigungen aus dem Ausland (sie machen im Wintertourismus gut zweieinhalbmal so viel aus wie inländische Nächtigungen), dann sieht man, dass in den klassischen Massenmärkten die Zahlen eher stagnieren. Nächtigungen aus Deutschland lagen im Winter 2004/2005 bei 26,6 Mio., vergangenen Winter waren es 24,5 Mio. Nächtigungen der Niederländer legten in diesem Zeitraum gerade einmal von 5,3 Mio. auf 5,6 Mio zu. Stagnierend sind auch die Nächtigungen der klassisch drittstärksten Ausländergruppe im Winter, den Briten mit rund zwei Mio. Nächtigungen.

Bild eines Herstellers, der ein Split-Snowboard herzeigt

Peter Kneffel/DPA

Es muss spezieller werden

Spezial- und Nischenangebote sind neben dem klassischen Massenmarkt - wo man freilich durch Beschneiung und Aktualisierung von Aufstiegshilfen auch einen enormen Finanzbedarf bei der „Grundausstattung“ hat - gefragt. Auf der Sportartikelmesse ISPO in München, die gerade zu Ende gegangen ist, versuchen die Hersteller, etwa beim Ski- und Snowboardfahren die Off-Piste- und Off-Track-Angebote zu stärken: sei es durch noch leichter zu fahrende Ski oder Split-Snowboards, die man nach Testvorstufen nun in der Nutzung vereinfacht hat. Man kann mit zwei Bretteln den Berg raufwandern und fährt mit einem Board mit zwei Tip-Tails im freien Gelände den Berg herab.

Wenn, dann gibt es im Outdoor-Bereich das größte Markenbewusstsein, so auch Market-Expertin Starmayr. Und hier versuchen auch die Sportartikelhersteller nachzulegen - etwa indem man gerade im Kleidungsbereich noch stärker auf Funktionsmaterialien, Tragekomfort und den Einsatz in Extremsituationen setzt. So hörte man auch bei der ISPO immer wieder: Outdoor-Kleidung muss cool sein. Insofern durfte man auch wieder ein altbekanntes „Funktionstextil“ auf der Sportartikelmesse treffen: die gute alte Häkelmütze.

Links: