Viele Fragen noch offen
Nach Pferdefleisch- und Bioeierskandal sorgt nun verseuchter Mais in Tierfutter erneut für Schlagzeilen in Deutschland. Wie das Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium des deutschen Bundeslandes Niedersachsen am Freitag mitteilte, gelangten rund 10.000 Tonnen einer aus Serbien stammenden Lieferung in die Produktion und wurden vermischt mit anderen Futtermitteln an Tausende Betriebe mit Rindern, Schweinen und Geflügel verteilt.
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Insgesamt wurden den Angaben zufolge 45.000 Tonnen verseuchter Mais über den Hafen Brake importiert. 10.000 Tonnen wurden demnach in Brake gesperrt und 25.000 Tonnen in einer Lagerhalle in Bremen sichergestellt.
Grenzwerte um Zehnfaches überschritten
Der Rest sei zu Futter für Rinder, Schweine und Geflügel verarbeitet worden und zu landwirtschaftlichen Betrieben vor allem in Niedersachsen (3.500 betroffene Betriebe, Anm.), aber auch in die deutschen Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und in die Niederlande gebracht worden. In dem Mais sei der Grenzwert von 0,02 Milligramm pro Kilogramm für das Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 um das Zehnfache der erlaubten Höchstgrenze überschritten.
Pferdefleisch und Bioeier
Vor zwei Wochen war in Rindfleischprodukten europaweit Pferdefleisch entdeckt worden. Kurz darauf war bekanntgeworden, dass in Deutschland Millionen Eier als Freiland- und Bioeier verkauft worden sein sollen, obwohl die Produzenten die entsprechenden Richtlinien nicht einhielten. 2011 sorgten zudem Dioxin-Funde in Futtermitteln für verunsicherte Verbraucher.
Schon geringe Überschreitungen der Höchstmenge könnten zum Beispiel zu einer kritischen Belastung von Rohmilch führen. Laut dem Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen könne eine Verfütterung belasteter Futtermittel an Tiere ohne Frage zu einem Risiko für die Sicherheit der erzeugten Lebensmittel führen.
Gefährdung „unwahrscheinlich“
Nach einer „ersten vorläufigen Einschätzung“ sei im aktuellen Fall eine Gefährdung für Verbraucher dennoch „unwahrscheinlich“. Grund dafür sei etwa, dass Milch von den Behörden regelmäßig auf Grenzwerte überprüft werde. „Eine Belastung der Muskulatur (Fleisch) bei allen Tierarten und Nutzungsgruppen oberhalb der geltenden Höchstgrenze“ sei nicht zu erwarten, wie das Ministerium per Presseaussendung mitteilte.
Auch der Präsident des deutschen Instituts für Risikobewertung (BfR), Andreas Hensel, befürchtet keine Gesundheitsgefahren für Menschen aus dem betroffenen Mais im Tierfutter. Es gebe kaum Getreide, auf dem diese Pilze nicht wüchsen und auch Gifte bildeten, sagte Hensel. In den jetzigen Konzentrationen habe das mit Gesundheitsgefährdung erst mal nichts zu tun.
Geht es nach Niedersachsens Landwirtschaftsminister Udo Paschedag seien die Behörden allerdings erst dabei, alle Lieferketten zu rekonstruieren und die nötigen Kontrollen anzugehen: Vieles sei demnach noch ungeklärt. Auch „wann die letzte Fütterung war, können wir noch nicht sagen“, so Paschedag weiter.
Routinetest führte zur Maislieferung
Auf die Giftkontamination aufmerksam geworden waren die Behörden durch den Routinetest der Rohmilch eines Bauernhofs. Die weiteren Recherchen führten dann zur Entdeckung der Maislieferung. Alle mit dem verdächtigen Futter belieferten Bauernhöfe werden nun genau kontrolliert und dürfen gegebenenfalls keine Milch verkaufen, wenn Grenzwerte überschritten werden.
„Einer der stärksten Krebserreger in der Natur“
Schimmelpilze an Nahrungsmitteln befallen Getreide, Nüsse und Gewürzpflanzen und sondern Aflatoxine oder das berüchtigte Mutterkorngift ab, das ebenfalls sehr schwere Gesundheitsschäden verursacht. Früher starben viele Menschen an solchen Schimmelpilzgiften, die erst in den 1960er Jahren entdeckt wurden. Wegen der großen Gefahr werden Lebensmittel regelmäßig getestet. Es gelten sehr strenge Grenzwerte.
Nach Angaben des deutschen Nachrichtenmagazins „Spiegel“ handelt es sich bei Aflatoxin um einen „der stärksten Krebserreger in der Natur“. Aflatoxine werden von einigen Schimmelpilzen gebildet. Das gefährlichste Gift ist Aflatoxin B1. Es ist krebserregend und kann bei einer regelmäßigen Einnahme zu Schäden im Erbgut und im Immunsystem führen.
Die akut tödliche Dosis beim Menschen wird auf ein bis zehn Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht geschätzt. Der Pilz befällt Samen, Nüsse, Gewürze sowie Getreidesorten und Früchte. Aufgrund der Wachstumsbedingungen für die Pilze bei Temperaturen zwischen 25 und 40 Grad sind sie überwiegend in tropischen und subtropischen Gebieten und weniger in gemäßigten Klimazonen beheimatet. In Europa gelten sie daher als „importierte Toxine“.
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