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„Die Letzten, die öffentlich töten“

Der erste Vorwurf gegen Jäger lautet seit jeher, sie würden Tiere in erster Linie aus Lust töten, in zweiter Linie aus Profitgier und erst in dritter Linie, um die Wildpopulation zu reduzieren. So einfach dürfe man sich die Sache nicht machen, sagen Jäger im Gespräch mit ORF.at.

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Elmar Völkl vom Verein gegen Tierfabriken vertritt die Meinung, man könne den Wildbestand auch ohne die Jagd regulieren - aber: „Das ist noch ziemlich utopisch, weil die einfachste und umsatzstärkste und lustigste Methode ist immer noch der Abschuss.“ Eine Möglichkeit wäre es, vermehrt auf Raubtiere zu setzen. Aber wo ist der Unterschied - da wird das Wild doch auch gejagt und verendet mitunter qualvoll?

Jäger zielt mit Gewehr

ORF.at/Simon Hadler

Jäger Erich Artner auf dem Hochstand

Der Unterschied, so Völkl, sei, dass Tiere um des Überlebens willen jagen: „Den Tod, den es innerhalb der Natur gibt, den bewertet man notwendigerweise anders. Der Jäger macht das unserer Meinung nach aus anderen Motiven. Die Jagd ist aus unserer Sicht für die Ernährung der Menschen nicht notwendig. Das wird aber auch gar nicht ernsthaft behauptet.“ Tierschützer wie Völkl bezeichnen die Jagd gerne als Hobby oder Sport - beide Begriffe lehnen die Jäger vehement ab.

Dem Tier die letzte Ehre erweisen

Sport, sagt der 76-jährige Lutzmannsburger Jäger Erich Artner, sei es vielleicht, wenn er mit seinen Freunden zum Schießplatz fahre, um zu üben. Aber die Jagd, die ist für ihn eine ernste Sache. Der Umgang mit dem Tod eines Tieres sei kein leichtfertiger. Natürlich freut er sich „besonders“, wenn er etwa einem Bock wochen- oder monatelang nachstellt und ihn dann schlussendlich zur Strecke bringt.

Aber dem toten Tier werde auch Respekt gezollt. Es wird mit dem Jagdhorn „verblasen“, ein Zweig wird ihm in den Mund gelegt, ein weiterer auf die Wunde. Der erfolgreiche Schütze erhält dann den blutigen Zweig von der Einschussstelle, um ihn sich an den Hut zu stecken. Den Zweig im Mund nennt man „letzten Bissen“. Artner sagt, er wisse schon, dass Jagdgegner das für Augenauswischerei halten - aber die Tradition, sie spiele bei der Jagd noch eine Rolle.

„Eine ganz eigenwillige Stimmung“

Ähnlich wie Artner sieht das der burgenländische Landesjägermeister Peter Prieler: „Der Jäger wird immer auf die Waffe reduziert. Wir haben verlernt, dass man töten muss, was gegessen werden soll.“ Früher habe man noch gesehen: Wenn der Fleischhacker etwas schlachtet, gibt es danach frisches Fleisch. Heute käme das Fleisch jedoch nicht mehr von einem Tier, „sondern vakuumverpackt und blutleer vom Billa, Merkur und so weiter“.

Prieler meint: „Das ist ja unser Problem: Dass wir die letzten sind, die öffentlich töten. Es ist nicht so, dass Du ein Tier schießt, das fällt um und Du schreist ‚Juhu, super, ich habe jemanden umgebracht‘“. Das sei Blödsinn: „Du bist Dir bewusst - wenn ich dort hinschieße, dann töte ich genau dieses Tier. Da hast Du dann eine ganz eigenwillige Stimmung. Du freust Dich, dass es Dir gelungen ist, das Tier zu überlisten und dass Du Beute hast, die du nach Hause bringen kannst, die Du essen kannst. Auf der anderen Seite sagst Du: ‚Ich habe jetzt etwas getötet.‘ Da hältst Du natürlich inne.“

Das Hirn des Krokodils

Artner und Prieler sind Revierjäger, sie haben Abschusspläne, beobachten den Wildbestand und sind in der Verwaltung der Jagdgebiete aktiv. Seit Jahrzehnten widmen sie sich der Jagd. Aber es gibt auch andere Jäger, denen man einen besonnenen Umgang mit dem Tod eines Tieres (so es so etwas denn gibt) nur schwer nachsagen kann. Wer sich im Internet durch Artikel in deutschsprachigen Jagdmagazinen ackert, findet ein zwiespältiges Bild vor.

Auf der einen Seite gibt es Jäger, die zwar immer noch jagen, denen aber Tierschutz und Ökologie ein Anliegen zu sein scheinen. Und dann gibt es die Trophäenjäger, die zwar keine Verantwortung übernehmen wollen, sich aber zu Jagden einladen lassen oder auf Jagdurlaube ins Ausland fahren, wo sie sich nicht an heimische Regeln halten müssen. Dort wird dann bisweilen mit Pfeil und Bogen oder der Armbrust geschossen oder es werden seltene Tiere gejagt.

In einem Artikel beschreibt ein österreichischer Jäger unverhohlen begeistert, wie sich das Hirn eines südafrikanischen Krokodils nach seinem Treffer in einer Lacke mit Blut vermischt. Auf die Frage, ob es wohl gute und schlechte Jäger gibt, sagt der erfahrene Weidmann Artner klipp und klar: „Ja.“

Simon Hadler, ORF.at

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