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Krabat und die kleine Hexe

Der deutsche Kinderbuchautor Otfried Preußler ist tot. Der Vater klassischer Figuren wie des Räubers Hotzenplotz, des kleinen Gespensts und der kleinen Hexe verstarb am Montag in Prien am Chiemsee im Alter von 89 Jahren. Das teilte sein Verlag Thienemann am Mittwoch mit.

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Seine 32 Werke, zu denen neben den Kinderbüchern auch Werke für Jugendliche wie „Krabat“ gehören, wurden in insgesamt 55 Sprachen übersetzt. Die Gesamtauflage übersteigt mittlerweile die 50-Millionen-Grenze. Geboren wurde Preußler am 20. Oktober 1923 im tschechoslowakischen Reichenberg. Schon mit zwölf Jahren schrieb er seine ersten Geschichten und wollte später als Schriftsteller in Prag leben.

Doch nach der Matura 1942 wurde Preußler zur Wehrmacht einberufen und kam nach fünf Jahren russischer Gefangenschaft 1949 ins oberbayrische Rosenheim. Um sich eine Existenz aufzubauen, fing er noch während des Lehramtsstudiums mit dem Schreiben an - zunächst als radelnder Lokalreporter, dann als Autor für den Kinderfunk. Sein erster großer Erfolg gelang Preußler 1956 mit „Der kleine Wassermann“.

Ein junges Mädchen liest im Kinderbuch "Räuber Hotzenplotz"

APA/dpa/Della Valle

Von Generationen geliebt: Der Räuber Hotzenplotz

Hotzenplotz und Krabat

Interessant sind die autobiografischen Bezüge aus Preußlers Leben, wie Andrea Barthelemy in ihrem Nachruf für die deutsche Nachrichtenagentur dpa schreibt. Als eine seiner drei in den 1950er Jahren geborenen Töchter aus Angst vor bösen Hexen nicht einschlafen konnte, schrieb er ein Jahr darauf kurzerhand „Die kleine Hexe“, die mit Hilfe des redseligen Raben Abraxas alles dafür tut, eine gute Hexe zu werden.

1962 schließlich rief Preußler den herrlich unverschämten Räuber Hotzenplotz ins Leben, der gleich in mehreren Büchern dem tumben Wachtmeister Dimpflmoser das Leben schwermacht und mit Gert Fröbe ein legendäres Gesicht bekam. Nach „Das kleine Gespenst“ (1966) präsentierte Preußler 1971 schließlich seinen ersten Jugendroman „Krabat“. Das Buch über den Kampf um Freiheit, das Ringen um Macht, Magie und Liebe wurde ein Welterfolg, der in 31 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen, darunter dem Deutschen und Europäischen Jugendbuchpreis, ausgezeichnet wurde. 2008 wurde das Buch mit Erfolg von Marco Kreuzpaintner verfilmt.

Von Bilderbüchern bis zu Balladen

Auch zahlreiche Bilderbücher („Die dumme Augustine“), Weihnachtsgeschichten („Der Engel mit der Pudelmütze“) und immer wieder sagenhaft angehauchte Werke entstanden im Laufe der Jahre, von den „Abenteuern des starken Wanja“ über Rübezahl-Geschichten bis zu einer großen Balladensammlung. Eigen ist ihnen allen eine kraftvolle, etwas altertümliche Sprache, die besonders eindringlich unter die Haut ging, wenn Preußler seine Geschichten - wie in zahlreichen Hörspielen geschehen - selbst vortrug.

Jeden neuen Text stellte er zuerst vor Kindern auf den Prüfstand - eine Achtung, die sich bis zuletzt in Dankesbriefen begeisterter Kinder widerspiegelte, wie Barthelemy schreibt. „Kinder sind das beste und klügste Publikum, das man sich als Geschichtenerzähler nur wünschen kann“, meinte Preußler dazu. „Und sie sind strenge, unbestechliche Kritiker.“

Debatte über politische Korrektheit

In den letzten Jahren war es ruhig geworden um Preußler. Er gab keine Interviews mehr und lebte zurückgezogen am Chiemsee in Oberbayern. An der von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) angestoßenen Debatte über die Tilgung von Begriffen wie „Negerlein“ und „Neger“ aus „Die kleine Hexe“ beteiligte er sich nicht mehr öffentlich. Wie es hieß, sträubte er sich zwar gegen Änderungen an seinen Texten, ließ am Ende die Streichungen aber zu. Zeitlos aktuell bleiben seine Bücher auch so.

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