Länder mit höherem Lohnniveau als Ziel
Während in Estland eine große Anzahl von Menschen ohne estnischen Pass lebt, denken viele Esten darüber nach, ihren Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Mit seinen Wirtschaftszahlen nimmt das Land zwar einen Spitzenplatz in der EU ein, doch das überträgt sich kaum auf die Arbeitsrealität.
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So hat im letzten halben Jahr über ein Drittel (37 Prozent) der Esten erwogen, ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Das ergab eine vor kurzem in der Tageszeitung „Eesti Päevaleht“ veröffentlichte Studie. Als häufigstes Motiv gaben die Befragten bessere Arbeitsbedingungen und Löhne an. Als bemerkenswert bezeichneten die Umfrageexperten, dass diese Antwort weitgehend einkommensunabhängig verteilt war.
Bisher von Auswanderungswelle verschont
Estland wurde bisher von einer großen Auswanderungswelle wie in Lettland und Litauen verschont. Während die Volkszählungen des vorvergangenen Jahres in den beiden südlicheren Baltenrepubliken „Löcher“ von jeweils rund 200.000 Einwohnern ermittelten, war die Auswanderung aus Estland in den letzten zehn Jahren deutlich geringer. Als möglichen Grund sahen die Statistiker die durch die unmittelbare Nähe zum finnischen Arbeitsmarkt günstigere geografische Lage.
Menschenrechtslage für viele „schlecht“
Eine kürzlich veröffentlichte Studie legt zudem nahe, dass lediglich eine knappe Mehrheit der Esten (54 Prozent) die Menschenrechtslage in dem baltischen EU-Staat als ausreichend ansieht, 29 Prozent sehen das allerdings nicht so. Am häufigsten nannten die Teilnehmer an der im Laufe des vergangenen Sommers durchgeführten Befragung dabei sozioökonomische Probleme und den ihrer Meinung nach zu niedrigen Lebensstandard. Im ausgehenden Vorjahr hatte es in Estland vermehrt Streiks und öffentliche Proteste gegen das politische System sowie gegen die Sparpolitik der Mitte-rechts-Regierung von Ministerpräsident Andrus Ansip gegeben.
Lettland kämpft mit hoher Emigrationsrate
Weiter südlich liegt indes nicht nur die Wirtschaft im Argen, sondern auch das Problem der Emigration ist um einiges größer. In Lettland warnte Staatspräsident Andris Berzins vor ungebrochener Auswanderung aus seinem Land. Berzins sagte vor knapp drei Monaten, der Großteil der Bevölkerung merke keine Besserung ihrer wirtschaftlichen Situation, obwohl die makroökonomischen Indikatoren des Landes infolge der Sparpolitik der Regierung nach der Krise vor vier Jahren wieder in Ordnung seien.
Berzins meinte, es sei praktisch unmöglich, die vorwiegend wegen besserer Einkommens- und Karriereaussichten ausgewanderten Landsleute mit dem Versprechen von Arbeitsplätzen in die Heimat zurückzulocken. Weder die gezahlten Löhne noch das Sozialsystem Lettlands seien mit den entsprechenden Rahmenbedingungen in begehrten Destinationen wie Irland und Großbritannien vergleichbar.
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