Sturm und elf Meter hohe Wellen
Das Bohrschiff „Kulluk“ ist das Aushängeschild von Shells Explorationsplänen in der Arktis gewesen. Für fast 300 Mio. Dollar wurde das fast 30 Jahre alte Schiff umgebaut und an die besonderen Herausforderungen im hohen Norden angepasst. Ein Sturm hat das Schiff Anfang Jänner kentern lassen: Für Shell ein schwerer Schlag bei der Suche nach neuen Ölquellen vor der Arktisküste.
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Die „Kulluk“ befand sich vor der Küste Alaskas auf der Höhe des Kodiak-Archipels, als es von einem Sturm überrascht wurde. Das kreisrunde Bohrschiff, das mehr einer Ölplattform als einem Schiff ähnelt, wurde von zwei Begleitschiffen gezogen, als es sich losriss und vor Sitkalidak Island auf Grund lief, wie die US-Küstenwache bestätigte.

AP/Elaine Thompson
Die „Kulluk“ war auf dem Weg zurück nach Seattle
780.000 Liter Diesel an Bord
Als um 4.00 Uhr die Taue zum Ankerschiff „Aiviq“ rissen, war klar, dass das Schiff nicht mehr steuerbar sei, sagte Shane Montoya von der Küstenwache gegenüber Journalisten. Zu dem Zeitpunkt fegte ein Sturm über den Nordpazifik mit Windspitzen bis zu 113 km/h und elf Meter hohen Wellen. „Die neunköpfige Besatzung des Schleppschiffs wurde angewiesen, einen geeigneten Platz zu finden, wo das Risiko einer Umweltkatastrophe am geringsten ist“, so Montoya weiter.
Denn das Bohrschiff hatte zum Zeitpunkt der Havarie 780.000 Liter Diesel und 54.000 Liter Schmiermittel geladen. Luftaufnahmen der US-Küstenwache vom Dienstag ließen zunächst darauf schließen, dass die Bohrinsel kein Öl verliert. Von Anfang an war man bei Shell optimistisch, dass das Schiff nicht zerbricht. Einige Tage später konnte die Plattform von der Stelle gezogen werden, an der sie zuvor auf Grund gelaufen war.
Um 292 Mio. Dollar umgebaut
Die „Kulluk“ wurde von Shell speziell für den Einsatz in der Arktis umgebaut. Rund 292 Mio. Dollar (237 Mio. Euro) wurden in die technische Ausstattung und vor allem in die besondere Form des Schiffes investiert, um es gegen Eis und extreme Kälte zu schützen. „Die ‚Kulluk‘ ist eine Ölplattform die auf einem Eisbrecher montiert wurde“, erklärte Brent Ross, Manager bei Shell, gegenüber der „Seattle Times“ die Besonderheiten des Schiffs.
Im Jahr 1983 wurde das Schiff für ein kanadisches Unternehmen gebaut und ist mit einer 6.000 Meter langen Bohranlage ausgestattet. Die letzten 14 Jahre lag das Schiff jedoch vor Anker, bevor es Shell aufwendig umbaute und nun wieder in den Dienst stellte. 2012 war es erstmals in der Beaufort See vor Alaska im Einsatz. Befindet sich das Schiff auf Hoher See und wird nicht als Bohrinsel verwendet, ist es auch für extreme Witterungen gut gerüstet. „Es wurde gebaut, um bis zu zwölf Meter hohen Brechern standzuhalten“, so Childs. Doch ist das Schiff festgemacht, dann würden bereits fünf Meter hohe Wellen reichen, um ernsthafte Schaden zu verursachen.
„Die Arktis widerspricht“
Der höchstrangige Demokrat im Rohstoffausschuss des US-Kongresses, Ed Markey, zeigte sich besorgt. „Ölkonzerne behaupten immer wieder, dass sie die Arktis erobern können, aber die Arktis widerspricht ihnen immer wieder“, so Markey. „Die Ausweitung der Bohrungen könnte für die Umwelt katastrophale Folgen haben.“
Umweltschützer protestierten Lokalmedien zufolge in Alaskas größter Stadt Anchorage. Sie warnten vor einer Umweltkatastrophe und forderten, die Ölförderung vor Alaska zu stoppen. Auch die Umweltorganisation Greenpeace forderte erneut, alle Bohr- und Förderpläne in der Arktis zu stoppen. Bereits ein Sturm habe gereicht, um das angeblich für extreme Einsätze in der Arktis gerüstete Schiff zum Kentern zu bringen.
„Sicherheit wird es nie geben“
Der Zwischenfall zeige deutlich, „dass es die von Shell propagierte Sicherheit in Verbindung mit Ölbohrungen nicht gibt und niemals geben wird können“, so Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster. Es ist außerdem nicht die erste Panne in Shells 4,5 Milliarden Dollar (umgerechnet 3 Millionen Euro) teurem Arktis-Projekt: Im vergangenen Jahr war das Ölbohrschiff Noble Discoverer ebenfalls fast auf Grund gelaufen und ist derzeit Gegenstand von Untersuchungen der US-Küstenwache.
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