Unklarheit über Zahl der Geiseln
Mutmaßliche Al-Kaida-Kämpfer haben im Osten Algeriens ein Gasfeld überfallen und zahlreiche Ausländer in ihre Gewalt gebracht. Mindestens zwei Menschen wurden getötet, mindestens sieben verletzt. Die Islamisten fordern ein Ende des französischen Militäreinsatzes in Mali. Ein Sprecher der Geiselnehmer sagte, der Angriff sei die Strafe dafür, dass Algerien französischen Militärflugzeugen Überflugrechte eingeräumt habe.
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Die Regierungen in den USA, Norwegen, Großbritannien, Irland und Japan bestätigten, dass sich Bürger ihrer Länder unter den Geiseln befinden. Die schwer bewaffneten Terroristen hatten die Siedlung der Ölarbeiter Mittwochfrüh in drei Fahrzeugen angriffen.
Tote bei Angriff
Nach Darstellung des algerischen Innenministeriums nahmen sie zunächst einen Bus ins Visier, der mit einer Gruppe von Ausländern zum Flughafen aufbrechen wollte. Dabei soll es Tote und Verletzte gegeben haben. Der Agentur APS zufolge wurden ein Brite und ein algerischer Wachmann getötet. Örtlichen Medien zufolge starb zudem ein Franzose bei dem Angriff. Danach seien die Islamisten in den Industriekomplex eingedrungen und hätten eine „unbestimmte“ Anzahl Geiseln genommen.
Das Gasfeld In Amenas, das unter anderen von den Mineralölkonzernen BP und Statoil betrieben wird, liegt im Osten Algeriens nahe der Grenze zu Libyen mitten in der Wüste Sahara. Wie die norwegische Statoil am Donnerstag mitteilte, ist das von Terroristen eroberte Gasfeld abgeschaltet. Nach Angaben von Konzernchef Helge Lund gehören neun Norweger und drei Statoil-Mitarbeiter anderer Nationalitäten zu den von den Terroristen genommenen Geiseln. Die Gesamtzahl sei aber weiter unklar.
Angriff in Mali soll beendet werden
Am Abend behauptete die Brigade der Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQIM), sie halte 41 Ausländer als Geiseln fest, darunter sieben US-Bürger, zwei Franzosen und zwei Briten. Der algerische Rundfunk meldete hingegen, die Geiselnehmer hielten noch 20 Ausländer in ihrer Gewalt. Die einheimischen Arbeiter, die zunächst ebenfalls festgesetzt wurden, kamen nach Angaben örtlicher Medien im Laufe des Tages wieder frei.
„Unsere gesegnete Expedition ist Teil eines internationalen Feldzugs zur Bekämpfung der Juden und Kreuzritter“, erklärte die AQIM. „Wir machen die Regierungen Algeriens und Frankreichs und der Geiseln voll verantwortlich für jede Verzögerung bei der Erfüllung unserer Forderungen, deren wichtigste die sofortige Einstellung des Angriffs auf unser Volk in Mali ist.“ Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Geiselnehmer würden auch die Freilassung von hundert Islamisten fordern.
Algerien lehnt Verhandlungen ab
Algeriens Innenminister Dahou Ould Kablia lehnte Verhandlungen mit den Terroristen strikt ab. Inzwischen seien Truppen zu dem Gasfeld entsandt worden, sagte er am Abend im örtlichen Fernsehen. Die Behörden würden „nicht auf die Forderungen der Terroristen reagieren und jegliche Verhandlungen zurückweisen“, sagte er am Abend im staatlichen Fernsehen. Nach Angaben des Ministers kamen die etwa 20 Geiselnehmer aus der „Region“. Sie wollten das Land mit ihren Geiseln verlassen, was Algerien aber nicht zulassen werde. Armee und Sicherheitskräfte hätten die Islamisten „eingekesselt“.
Stürmung abgewehrt
Nach Angaben algerischer Medien sollen die Terroristen gedroht haben, das Gasfeld in die Luft zu sprengen, falls die Armee zur Befreiung der Geiseln ansetzen sollte. Tatsächlich wurde laut einer Agenturmeldung eine Stürmung der Anlage vereitelt. Die schwer bewaffneten Islamisten hätten nach eigenen Angaben ein Eindringen der algerischen Armee auf das Gelände an dem Gasfeld zurückgeschlagen, berichtete die mauretanischen Agentur ANI.
Es habe einen Schusswechsel mit den Soldaten gegeben, und die Truppen der Regierung hätten sich zurückziehen müssen. Den Angaben der Islamisten zufolge hätten sich Dutzende von ihnen mit den Geiseln verschanzt und seien mit leichten und schweren Waffen ausgerüstet, darunter Mörsergranaten.
Geiselnehmer identifiziert?
Das AQIM-Kommando nennt sich „Die mit Blut unterschreiben“. Die Agentur ANI, die oft Kontakt zu Islamisten hat, berichtete weiter, die Geiseln würden von Islamisten unter dem Kommando von Mochtar Belmochtar gefangengehalten. Belmochtar hatte jahrelang Al-Kaida-Kämpfer in der Sahara angeführt. Ende vergangenen Jahres gründete er seine eigene Islamistenmiliz.
Frankreich kämpft zurzeit an der Seite von Regierungstruppen in Mali gegen islamistische Rebellen. AQIM ist eine der drei Gruppen, gegen die die französischen Truppen vorgehen. Sie hatte schon zuvor Rache für die französische Offensive angedroht.
Norwegen bestätigt 13 Geiseln
Das US-Außenministerium verurteilte die Attacke auf das Schärfste. Außenministerin Hillary Clinton habe bereits mit Algeriens Premierminister Abdelmalek Sellal gesprochen, sagte Sprecherin Victoria Nuland in Washington.
Die USA wollten sich nicht dazu äußern, wie viele US-Bürger sich in der Hand der Terroristen befinden, um das Leben der Geiseln nicht zu gefährden. Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg teilte in Oslo mit, unter den Entführten seien 13 Norweger. Die Lage sei „äußerst unübersichtlich“. Zwei Norweger seien bei der Stürmung leicht verletzt worden. Niemand könne derzeit mit Sicherheit sagen, wie viele Menschen insgesamt in der Gewalt der Terroristen seien.
Das britische Außenministerium bestätigte einen „fortdauernden terroristischen Vorfall“ in der Anlage In Amenas. Auch britische Bürger seien betroffen. Der Ölkonzern BP teilte mit, dass das Feld am Mittwoch um 06.00 MEZ von einer Gruppe Bewaffneter angegriffen und besetzt wurde. Der Kontakt dorthin sei extrem schwierig. Das Gasfeld wird von der staatlichen algerischen Gesellschaft Sonatrach, BP und Statoil gemeinsam betrieben.
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