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„Diese Zeiten sind vorbei“

Francafrique - der Begriff stand lange Zeit für einen schmutzigen Deal: Frankreich stützte militärisch Regimes in ehemaligen afrikanischen Kolonien und bekam im Gegenzug wirtschaftliche Vorteile und den Status der regionalen Großmacht garantiert. Menschenrechte waren zweitrangig. Damit wollte Präsident Francois Hollande endgültig brechen.

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Der einstigen territorialen Großmacht Frankreich fiel der Verzicht auf eine Vormachtstellung auch jenseits der eigenen geografischen Grenzen nicht leicht. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs strebten viele Länder in die Unabhängigkeit. Das Jahr 1960 trägt den Beinamen „afrikanisches Jahr“, damals wurden 18 Kolonien in die Unabhängigkeit entlassen. Gleich in 14 Ländern verlor Frankreich den direkten Zugriff.

Erinnerung an Algerien-Krieg

Acht Jahre Algerien-Krieg bis zur Unabhängigkeit 1962 sind ein blutiger Beleg dafür, wie schwer sich Frankreich von seiner Kolonialzeit lösen konnte. Als erster Präsident bekannte sich Hollande klar zu den Grausamkeiten. Das nordafrikanische Land habe sich 132 Jahre lang einem „zutiefst ungerechten und brutalen System“ unterwerfen müssen. Im Senegal verkündete Hollande im Oktober, es sei „Zeit, um Abschied zu nehmen von Francafrique“.

Hilferuf aus Zentralafrika

Wie nah die Wege beieinanderliegen können, zeigen Frankreichs Reaktionen auf jüngste Hilferufe aus Afrika. Noch im Dezember ließ Hollande Bitten der Regierung in der Zentralafrikanischen Republik um Unterstützung gegen die dortigen Rebellen unerhört. Frankreich werde sich „in keiner Weise in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen“, sagte Hollande. Entsandte Soldaten sollten französische Einrichtungen vor Angriffen bewahren, nicht „ein Regime beschützen“. Mit Blick auf die koloniale Vergangenheit sagte Hollande eindeutig: „Diese Zeiten sind vorbei.“

Truppen nach Mali verlegt

Nur wenige Wochen und knapp 4.000 Kilometer weiter westlich sieht es anders aus. Hollande, dem „keine Kunst fremder schien als der Krieg“ („Le Monde“), schickt auf einen Hilferuf von Malis Regierung hin praktisch im internationalen Alleingang französische Truppen nach Westafrika. Hier sieht er die Existenz des Landes von Terroristen bedroht. Hollande bemüht sich dabei sichtlich, auf das forsche Auftreten seiner Vorgänger zu verzichten. Der Präsident vermeidet den Eindruck, als Gendarm in alte Kolonien zurückzukehren.

Zentralafrika wie Mali liegen in dem breiten Gürtel quer durch das westliche und zentrale Afrika, in dem Frankreich viele Kolonien hatte und bis heute viel Einfluss besitzt. Doch erst die Vorstellung eines Gottesstaates in diesem Teil der Welt, in dem sich wie kaum sonst fragile Länder aneinanderreihen und beeinflussen, war für Paris Auslöser zum Eingreifen.

wirtschaftliche Interessen

Während es früher mit Hilfe zahlreicher Kolonien auch um diplomatischen Einfluss auf internationaler Ebene ging, stehen heute meist wirtschaftliche Faktoren wie Rohstoffe und Absatzmärkte im Mittelpunkt. Interessen und Einfluss Frankreichs lassen sich vielleicht auch am Einsatz der Streitkräfte festmachen. Aktuell präsent sind Truppen mit Einsätzen und Stützpunkten in fast einem Dutzend Ländern der Region von Burkina Faso bis Zentralafrika.

Die französische Armee kennt die afrikanischen Kampfzonen und hat zudem Erfahrungen zuletzt in Afghanistan gesammelt. Die selbst gesteckte Aufgabe wird dadurch nicht leichter. Für den früheren sozialistischen Premier Michel Rocard etwa ist das „alles sehr schwierig“. Er sieht Frankreich bereits in einem „Kampf über ein Jahrzehnt“.

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