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Der „Pensionist“ ist zurück

Möglicherweise ist für den einstigen tschechischen Regierungschef Milos Zeman die Stunde der großen Genugtuung nähergekommen. Er kann Staatspräsident werden, worum er bereits vor zehn Jahren bemüht war. Damals erlitt er allerdings eine schwere und schmähliche Niederlage, weil er mit der Führung der eigenen Partei, damals der sozialdemokratischen CSSD, im Clinch lag.

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Zeman fiel damals durch die mangelnde Unterstützung seiner Parteifreunde unerwartet rasch aus dem Rennen um die Präsidentschaft. Jetzt ist die Situation anders. Der Staatschef wird nicht mehr vom Parlament, sondern direkt vom Volk gewählt, bei dem sich Zeman eine große Chance ausmalt. Mit Recht – in der Stichwahl ist er schon. Und die politische Gesinnung in der Bevölkerung liegt laut Wählerumfragen zur Zeit eher links.

„Trojanisches Pferd der Rechten“

Zeman, ein studierter Ökonom, bewirbt sich um das höchste Staatsamt, obwohl er nach 2003 oftmals beteuert hatte, nie mehr in die Politik zurückzukehren und sich „endlich als Pensionist“ in seinem Haus in Nove Veseli auf der Böhmisch-Mährischen Anhöhe zur Ruhe zu setzen. Auch Ambitionen auf das Präsidentenamt bestritt er wiederholt. Doch Freunde gestanden, dass er im Inneren doch Staatschef werden möchte - vor allem, wenn dieser vom Volk gewählt wird.

Zeman verließ die CSSD im Jahr 2007, nachdem sich die Spannungen zwischen ihm und der Parteiführung verstärkt hatten. Er gründete eine eigene Partei, die Partei der Bürgerrechte (SPOZ), deren Ehrenvorsitzender er ist.

Einfluss auf seine ehemalige Partei verlor er aber nicht, obwohl ihn die CSSD-Führung mit Bohuslav Sobotka an der Spitze offenkundig nicht ausstehen kann. „Milos Zeman ist ein trojanisches Pferd der Rechten“, warnte Vizeparteichef Lubomir Zaoralek. Er spielte darauf an, dass Zemans Partei den Sozialdemokraten bei den Parlamentswahlen 2010 fast fünf Prozent der Stimmen wegnahm, die der CSSD schließlich fehlten.

Klaus als Fürsprecher

Zeman konnte sich nicht nur auf die Unterstützung seiner traditionellen Linkswähler stützen. Gewisse Sympathien genießt er bei manchen Konservativen. Dafür kann er auch dem scheidenden Staatschef und seinem einstigen Erzrivalen Vaclav Klaus danken. Obwohl Zeman und der konservative Klaus stets auf den gegenüberliegenden Polen der politischen Szene standen, respektierten sie einander als „Männer, die Vereinbarungen immer einhalten“.

„Ich sehe Milos Zeman als bedeutende Persönlichkeit der tschechischen Politik, woraus ich nie einen Hehl gemacht habe. Seine Präsidentschaftskandidatur betrachte ich als logischen Abschluss seines politischen sowie seines Lebensweges“, erklärte Klaus.

Bekannt durch loses Mundwerk

Der durch seine Sprüche und Bonmots bekannte Zeman bleibt auch als Politiker in Erinnerung, der mit irritierenden Aussagen in den Beziehungen zum Ausland für Konflikte gesorgt hatte. Viel Ärger handelte er sich in Wien ein, als er 2002 in einem Interview erklärte, je früher Österreich „Jörg Haider und seine postfaschistische Partei loswird, desto besser“. Bald danach bezeichnete Zeman, der fließend Englisch und Russisch spricht, die Sudetendeutschen als „fünfte Kolonne von Adolf Hitler“.

Für die Österreicher bleibt Zeman auch als Unterstützer der EU-14-Sanktionen gegen die schwarzblaue Regierung und als Ehrengast bei der Inbetriebnahme des südböhmischen Atomkraftwerks Temelin in Erinnerung. In den Jahren 1968 bis 1970 war Zeman KP-Mitglied, 1970 wurde er aber ausgeschlossen, weil er mit dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die damalige Tschechoslowakei nicht einverstanden war. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und Vater eines Sohnes aus erster Ehe und einer Tochter aus zweiter Ehe.

Petr Senk, APA