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Unerwartet hohe Wahlbeteiligung

Der frühere tschechische Ministerpräsident Milos Zeman hat am Samstag, wie in Umfragen vor der Wahl prophezeit, die erste Runde der Präsidentenwahl in Österreichs Nachbarland gewonnen. Für Überraschung sorgte jedoch das Abschneiden von Außenminister Karel Schwarzenberg, der den zweiten Platz erreicht hat.

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Für den 68-jährigen Ex-Sozialdemokraten Zeman votierten laut vorerst vorläufigen Endergebnis 24,2 Prozent der Wähler. Der politisch konservative, persönlich aber durchaus unkonventionell bis schillernde Schwarzenberg konnte 23,4 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Die beiden Politiker würden demnach die Stichwahl in zwei Wochen bestreiten. Mit einem vorläufigen Ergebnis wurde am Abend gerechnet.

Fischer patzte im Wahlkampf

Auf dem dritten Platz landete mit 16,3 Prozent der frühere Regierungschef Jan Fischer. Der parteiunabhängige Mitte-rechts-Politiker war in den Umfragen lange als garantierter Stichwahl-Teilnehmer geführt worden. Doch während des eher unspektakulären Wahlkampfs fiel er zuletzt hinter Schwarzenberg zurück. Auf dem vierten Platz, fast gleichauf mit Fischer, war Jiri Dienstbier, der Sohn des gleichnamigen früheren tschechoslowakischen Außenministers, mit 16,1 Prozent.

Zur Wahl aufgerufen waren rund 8,4 Millionen Tschechen. Da es die historisch erste Volkswahl eines Präsidenten war, gab es einen für das EU-Land ungewöhnlich großen Andrang bei der Stimmabgabe: Die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent. Bei der Senatswahl im Herbst hatte die Beteiligung bei nur 34,9 Prozent gelegen. Die Position des tschechischen Präsidenten ist jener des österreichischen nicht unähnlich: Er repräsentiert das Land im Ausland und ernennt den Ministerpräsidenten, die Verfassungsrichter und den Nationalbankrat.

Politroutinier versus „alter Adel“

Beim zweiten Urnengang werden die Tschechen damit die Wahl zwischen einem routinierten Berufspolitiker und einem schillernden Weggefährten des früheren Präsidenten Vaclav Havel haben: Zeman stand von 1998 bis 2002 an der Spitze einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung. Der 68-Jährige gilt als Meister des politischen Bonmots, aber auch als Provokateur. Nicht umsonst schied er im Streit aus der tschechischen sozialdemokratischen Partei und gründete danach seine eigene Partei.

Der 75-jährige Schwarzenberg leitet seit 2009 als Gründungsvorsitzender seine eigene konservative Partei TOP09. Er ist Erbe eines der berühmtesten Adelshäuser der k. k. Monarchie, besitzt einen tschechischen und einen schweizerischen Reisepass und verbrachte den Großteil seines Lebens in Österreich. Seine Chancen bei der Stichwahl sind durchaus reell, da er Stimmen der konservativen und liberalen Wähler auf sich vereinen könnte.

„Blauer Professor“ hinter Erwartungen

Vielleicht bekommt der durch seine unkonventionelle Art bekannte Schwarzenberg auch Stimmen jener Wähler, die nun für den Shootingstar Vladimir Franz gestimmt hatten. Der Künstler und Universitätsprofessor wurde vor allem wegen seines Aussehens zum Thema für die Weltpresse: Er ist über und über von Tattoos bedeckt und bekam deshalb den Spitznamen „blauer Professor“ verpasst. Mit 6,8 Prozent der Stimmen konnte er allerdings außerhalb des Lagers der Protestwähler kaum Wähler begeistern.

Wahlempfehlung von Klaus als Boshaftigkeit?

Die restlichen vier der insgesamt neun Kandidatinnen und Kandidaten kamen gemeinsam auf etwa 13 Prozent der Stimmen. Der scheidende Präsident und scharfe EU-Kritiker Vaclav Klaus (71) durfte nach zwei Amtsperioden zu jeweils fünf Jahren nicht mehr antreten. Klaus war noch von beiden Kammern des Parlaments gemeinsam bestimmt worden.

Bei seiner eigenen Stimmabgabe am Freitag machte er einmal mehr deutlich, dass er in einer Stichwahl für seinen früheren erbitterten Gegenspieler Zeman votieren würde. Ob das Zeman helfen wird, ist angesichts Klaus’ zuletzt verheerend geringer Popularität fraglich. Die Stichwahl ist, ebenso wie der am Freitag und Samstag erfolgte erste Wahlgang, zweitägig und wird am 25. und 26. Jänner stattfinden.

Erster Schlagabtausch

Schwarzenberg versprach in einer ersten Reaktion, bei einem Wahlsieg sein Bestes zu tun, damit Tschechien „wieder zu einem geordneten Land im Herzen Europas“ werde. „Damit das Motto auf der Präsidenten-Flagge ‚Pravda vitezi‘ (auf Deutsch ‚die Wahrheit siegt‘) den Tatsachen entspricht“, betonte Schwarzenberg. Seinen Rivalen Zeman bezeichnete er als „großen Profi“ und „starken Gegenspieler, der es wert ist, gegen ihn anzutreten“. Zeman stehe aber „für die Vergangenheit“.

„Ja, ich bin mit der Vergangenheit verbunden“, konterte Zeman in seiner ersten Reaktion nach der Wahl, und ätzte: „Und Karel Schwarzenberg ist wirklich ein Mann der Gegenwart.“ Damit spielte Zeman auf die Politik der jetzigen Regierung an, in der Schwarzenberg als Außenminister und Vizepremier tätig ist und damit Mitverantwortung für das bei weiten Teilen der Bevölkerung verhasste Reform- und Sparpaket der tschechischen Regierung hat.

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