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„Einfach genommen, was er wollte“

Schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs hat die älteste Tochter des 1991 gestorbenen Schauspielers Klaus Kinski erhoben. Dieser habe sie vom fünften bis zum 19. Lebensjahr sexuell missbraucht, sagte Pola Kinski dem Magazin „Stern“ Mitte der Woche. Ihre Halbschwester Nastassja Kinski zeigte sich am Freitag „erschüttert“.

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Der Filmstar habe sich laut Pola Kinski „über alles hinweggesetzt“, auch wenn sie sich gewehrt habe: „Er hat sich einfach genommen, was er wollte.“ Sie habe während ihrer ganzen Kindheit mit einem permanenten Gefühl von Angst vor den Ausbrüchen ihres Vaters gelebt. Sie hat ihre zerstörte Kindheit und Jugend im Buch „Kindermund“ verarbeitet, das in Kürze erscheinen soll.

Pola Kinski

APA/dpa/Wolfgang Langenstrassen

Pola Kinski erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Vater

Nastassja Kinski „erschüttert“

Am Freitag reagierte Nastassja Kinski auf die Vorwürfe ihrer Halbschwester: „Ich bin zutiefst erschüttert“, schrieb Nastassja Kinski in der „Bild“-Zeitung (Freitag-Ausgabe). „Aber: Ich bin stolz auf ihre Kraft, ein solches Buch zu schreiben. Ich kenne den Inhalt. Ich habe ihre Worte gelesen. Und ich habe lange geweint.“

Nastassja Kinski schrieb, die Angaben ihrer Schwester seien „ein schwieriger Moment“ für sie: „Ich stehe zu meiner Schwester, stehe hinter ihr.“ Das sei „ein ernstes Thema“. „Kinder und Teenager müssen beschützt werden. Sie müssen wissen: Es kann sofort Hilfe da sein, wenn etwas so Grauenvolles passiert.“ Ein Buch wie das ihrer Schwester helfe „allen Kindern, Jugendlichen und Müttern, die Angst vor dem Vater haben. Sie sollen wissen: Es kann Hilfe geben.“

Gegen „Vergötterung“

Dem Magazin „Stern“ hatte Pola Kinski zuvor erzählt, sie habe ihr Buch auch geschrieben, um sich gegen die allgegenwärtige Kinski-Vergötterung zu wenden: „Ich konnte es nicht mehr hören: ‚Dein Vater! Toll! Genie! Ich habe ihn immer gern gemocht!‘ Seit er tot ist, wird diese Vergötterung immer schlimmer.“ Sie habe immer gefunden, dass ihr Vater als Schauspieler „genauso ist wie zu Hause“. Er habe „andere Menschen nie respektiert“.

„Eine Heldin“

„Sie hat ihr Herz, ihre Seele und damit auch ihre Zukunft von der Last des Geheimnisses befreit. Diese Dinge passieren Kindern auf der ganzen Welt, jeden Tag. Und je mehr man darüber erfährt, desto mehr kann ihnen geholfen werden“, so Nastassja Kinski am Freitag - ihre Schwester sei „eine Heldin“, schrieb die 51-Jährige weiter. „Auch Väter tun grauenvolle Dinge“, schrieb die Schauspielerin. Der für seine Wutausbrüche bekannte Kinski war 1991 im Alter von 65 Jahren gestorben. Neben den beiden Töchtern hinterließ er auch einen Sohn, Nikolai Kinski.

Vom „Boulevard der Stars“ entfernen?

Die Vorwürfe drohen die Erinnerung an den Darsteller von weltweit erfolgreichen Filmen wie „Nosferatu: Phantom der Nacht“, „Aguirre“ und „Fitzcarraldo“ zu überschatten.

Der Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, Alfred Holighaus, stellte am Freitag die Ehrung Kinskis auf dem „Boulevard der Stars“ in Berlin infrage. Zur Frage, ob Kinski seine Ehrung auf dem Boulevard am Potsdamer Platz behalten soll, sagte Holighaus in der Zeitung „B.Z.“: „Die Jury wird sich schnell zusammensetzen und über das Thema sprechen.“ Er ergänzte: „Wenn ich die Berichte lese, wird mir schlecht. Und wenn die Berichte stimmen, dann würde ich mich über dem Stern übergeben. Und ich glaube nicht, dass sich die Tochter so etwas ausdenkt.“

Der „Boulevard der Stars“ erinnert auf dem Mittelstreifen der Berliner Potsdamer Straße zwischen dem Sitz der Berlinale und der Deutschen Kinemathek an mehr als 80 Größen aus Film und Fernsehen - von Mario Adorf bis Hans Zimmer.

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